Der Medikamentenmangel ist mittlerweile so dramatisch, dass Ärzte aus Deutschland, Frankreich, Südtirol, Österreich und der Schweiz mit einem Offenen Brief an die Politk appellierten. Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sei "europaweit gefährdet".
Tatsächlich hatte der Bund am Dienstag offiziell einen "Versorgungsmangel" bei antibiotischen Säften für Kinder festgestellt. Damit können die Bundesländer im Einzelfall von den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes befristet abweichen.
Bayern hat darauf nun reagiert und will vorübergehend die Einfuhr von in Deutschland nicht zugelassenen Antibiotika-Säften für Kinder erlauben. "Die Regierungen sollen mit einer neuen Allgemeinverfügung befristet die Einfuhr von Arzneimitteln gestatten, die bei uns eigentlich nicht zugelassen oder registriert sind", teilte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Wochenende mit.
NRW will ebenfalls schnell Abhilfe schaffen
"Bayerns Forderungen gehen in die richtige Richtung", teilte das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales am Sonntag auf Anfrage des WDR mit. Es gelte jetzt, zügig und konsequent zu handeln, um die Versorgungslage zu verbessern. So wie Bayern habe auch NRW alle notwendigen Schritte in die Wege geleitet, um hier schnell Abhilfe zu schaffen, hieß es.
Nach Feststellung des Versorgungsmangels könnten die zuständigen Behörden im Land einer Apotheke oder einem pharmazeutischen Großhändler ein befristetes Abweichen von Regelungen des Arzneimittelgesetzes gestatten.
Arzneimittelproduktion in Deutschland ankurbeln
Laut der Mitteilung setzt sich das NRW-Gesundheitsministerium dafür ein, dass bei allen Verträgen der gesetzlichen Krankenkassen zu Arzneimitteln europäische Produktionsstandorte besondere Berücksichtigung finden und dass die Produktion von Arzneimitteln in Deutschland und Nordrhein-Westfalen gestärkt werden solle. So könne die Arzneimittelversorgung wieder stabilisiert werden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) lobte bereits die Entscheidung aus Bayern als richtig. "Genau für solche unbürokratischen Aktionen der Länder gegen Antibiotika-Lieferengpässe haben wir die Voraussetzungen geschaffen. Sie sollten genutzt werden", schrieb er bei Twitter.
Neues Gesetz soll Lieferengpässe beheben
Der Minister verwies auf ein vom Kabinett bereits beschlossenes Gesetz, das helfen soll, die Lieferengpässe zu beheben. Demnach sollen Hersteller höhere Preise für Kindermedikamente verlangen können, damit Lieferungen nach Deutschland attraktiver werden. Für einige Medikamente sollen Lagerpflichten eingeführt und Hersteller, die in Europa produzieren, stärker berücksichtigt werden.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte Lauterbach zum Handeln auf. Für Medikamente müssten verbindliche Liefermengen vereinbart werden, mahnte er: "Die bisherigen nationalen und europäischen Maßnahmen reichen nicht aus, um die Patientenversorgung sicherzustellen."