Marokko lässt nur Hilfe aus vier Ländern zu WDR aktuell 11.09.2023 14:44 Min. Verfügbar bis 11.09.2025 WDR Von Anastasia Rothenberg

Nach dem Erdbeben in Marokko: Rettungskräfte in NRW warten auf Hilfegesuch

Stand: 11.09.2023, 13:53 Uhr

Nach dem Erdbeben in Marokko mit mehr als 2.400 Toten läuft die internationale Hilfe nur schleppend an. Die Regierung in Rabat kündigte an, zunächst Hilfsangebote aus vier Ländern in Anspruch zu nehmen.

Wie das marokkanische Innenministerium am späten Sonntagabend erklärte, hätten die Behörden nach einer gründlichen Untersuchung "auf die Unterstützungsangebote der befreundeten Länder Spanien, Katar, Großbritannien und Vereinigte Arabische Emirate reagiert". Die Teams aus diesen Ländern hätten mit Marokko Kontakt aufgenommen.

Aus Spanien brach am Sonntag eine Spezialeinheit des Militärs auf. 56 Helfer der Militärischen Nothilfe-Einheit UME hätten sich zusammen mit Suchhunden auf den Weg in Katastrophengebiet gemacht, teilte das Verteidigungsministerium auf "X" (vormals Twitter) mit. Mitglieder der spanischen "Feuerwehr ohne Grenzen" waren zudem auf dem Landweg unterwegs in das besonders betroffene Gebiet im Atlasgebirge. Deutschland wurde offenbar - ebenso wie viele andere Länder - zunächst nicht um Hilfe gebeten.

Hilfsangebote bleiben stehen

Trotzdem haben etwa deutsche Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, UNICEF und die Caritas noch am Samstag Hilfe auf den Weg gebracht. Zusammen mit den Partnerorganisationen in Marokko wurden Hilfsmaßnahmen koordiniert, außerdem sollen dorthin Spendengelder übermittelt werden. Personelle Hilfe sei derzeit aber noch nicht absehbar, so ein Sprecher der Hilfsorganisationen.

Auch die Bundesregierung will ihr Hilfsangebot für die Erdbebengebiete in Marokko aufrecht erhalten. Regierungssprecher Steffen Hebestreit wollte sich nicht zu den Gründen für das Zögern der marokkanischen Regierung äußern: "Darüber lohnt es sich von unserer Seite aus nicht zu spekulieren", sagte er. 

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte: "Politische Gründe kann man hier ausschließen." Möglicherweise gebe es dafür organisatorische oder logistische Gründe auf marokkanischer Seite. "Ich bin sicher, dass man sich sehr genau Gedanken gemacht hat, welche Einsatzkräfte man wo einsetzen kann." Der Stand der diplomatischen Beziehungen zu Marokko sei "gut".

THW schickt Helfer wieder nach Hause

Das THW bereitet sich auf Einsatz in Marokko vor | Bildquelle: Sascha Thelen/dpa

Das Technische Hilfswerk (THW) hat seine Helfer schon wieder nach Hause geschickt. Die Rettungskräfte hatten sich für einen möglichen Rettungseinsatz in Marokko nahe dem Flughafen Köln/Bonn bereits versammelt. Da aber bisher kein internationales Hilfeersuchen von Marokko eingegangen sei, würden die THW-Kräfte an ihre Standorte zurückkehren, teilte das THW am Sonntagnachmittag mit.

Denn zwischenzeitlich habe sich das Zeitfenster, in dem die Wahrscheinlichkeit groß sei, Menschen lebend unter Trümmern zu retten, fast geschlossen. Seit Samstagabend hatten Einsatzkräfte für einen möglichen Rettungseinsatz bereitgestanden. Das Team bleibe aber einsatzbereit, unterstrich das THW zugleich.

Zur Versorgung der Menschen in den betroffenen Gebieten könne das THW eine Trinkwasseraufbereitungsanlage in das nordafrikanische Land schicken, teilte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Maximilian Kall, am Montag in Berlin mit.

Hilfsorganisation I.S.A.R Germany rechnet nicht mehr mit Aktivierung

Auch Einsatzkräfte der Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany und des Bundesverbandes Rettungshunde aus Hünxe am Niederrhein hatten sich bis zum Sonntagmittag bereitgehalten. Sie kommen vor allem in den ersten Stunden eines Unglücks zum Einsatz, um zum Beispiel Überlebende in Trümmern zu orten. Mittlerweile gehen die Retter aber nicht mehr davon aus, dass sie alarmiert werden.

Cornelia Wagner von I.S.A.R. Deutschland in Hünxe erklärt, dass die Wahrscheinlichkeit noch Überlebende zu finden von Stunde zu Stunde sinke. Dennoch haben sie entschieden, die Mannschaft zunächst "in Standby zu versetzen". Die Hilfkräfte stehen also nur noch auf Abruf bereit.

"Da kein aktuelles Hilfeersuchen von Marokko vorliegt, können wir jetzt nicht auf gut Glück dahinfliegen, weil wenn gehen wir wirklich geziehlt in das Land um wirklich gezielt Hilfe zu leisten." Cornelia Wagner, I.S.A.R. Deutschland

30.000 Euro Soforthilfe

Auch das Medikamenten-Hilfswerk Action Medeor bereitet Unterstützung vor. In einem ersten Schritt stelle man 30.000 Euro Soforthilfe bereit, teilte die Organisation aus Tönisvorst am Niederrhein mit. Es brauche aber auch in diesem Fall dringend ein Hilfegesuch von Marokko, da es sonst beim Zoll Hürden für die Einfuhr von Medikamenten gebe. Diese Hürden werden im Katastrophen-Fall ausgesetzt. Laut der Aktion "Deutschland hilft" ist außerdem die Organisation CARE International vor Ort aktiv und plant humanitäre Hilfsmaßnahmen.

Außerdem sammeln viele muslimische Gemeinden und Kulturvereine in NRW bereits Spenden. So zum Beispiel in Köln, Düsseldorf oder auch in Wuppertal. Bereits am Samstag hatten sich etwa etliche Gemeindemitglieder an die Islamische Gemeinde Wuppertal gewandt und erste Geldspenden überwiesen.

EU unterstützt miz einer Million Euro

Die Europäische Union stellt eine Million Euro für humanitäre Hilfe bereit. "Das tragische Erdbeben in Marokko hat schreckliches Leid und den Verlust von Menschenleben verursacht", teilte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, in einer Pressemitteilung am Montag mit. Die eine Million Euro sollten dabei helfen, die dringendsten Bedürfnisse der am stärksten betroffenen Menschen zu decken, hieß es. Zudem stehe die Kommission mit den EU-Staaten in Kontakt, um Einsatzteams zu mobilisieren, falls Marokko darum bittet.

Über dieses Thema berichten wir auch am 11.09. in "WDR Aktuell" und der "Aktuellen Stunde" im WDR Fernsehen sowie im Hörfunk.

Unsere Quellen:

  • Spanisches Verteidigungsministerium auf X (ehem. Twitter)
  • THW
  • I.S.A.R Deutschland in Hünxe
  • Hilfswerk Action Medeor aus Tönisvorst
  • Nachrichtenagenturen: dpa und afpd