Land verpasst Einstellungsziel: Weniger als 3.000 Polizeianwärter

Stand: 05.01.2023, 14:15 Uhr

Die schwarz-grüne Landesregierung wollte 2022 eigentlich 3.000 Nachwuchskräfte bei der Polizei einstellen. Doch dieses Ziel wurde verpasst. Die FDP warnt vor den Folgen von unbesetzten Stellen.

Von Martin Teigeler

Das Land NRW hat das neue selbstgesteckte Ziel von 3.000 Polizeianwärtern im Jahr 2022 verpasst. Wie aus Unterlagen für den Haushaltsausschuss hervorgeht, wurden im neuen Ausbildungsjahrgang 2.670 Anwärter eingestellt. Das sind zwar 70 mehr als ursprünglich vorgesehen, Schwarz-Grün hatte aber nachträglich Etatmittel für 400 mehr Anwärter bereitgestellt. Die "WAZ" hatte zuvor berichtet.

Innenminister Herbert Reul (CDU) | Bildquelle: Rolf Vennenbernd / dpa

Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Donnerstag dazu, das sei ja klar gewesen, weil man erst im November entschieden habe, dass man auf 3.000 gehe. "Die Einstellungen waren für September geplant. Also, dass wir die nicht zusammenkriegen, war klar."

Was von angehenden Polizisten erwartet wird

Man habe jedes Jahr 10.000 bis 11.000 Bewerbungen - da würden "immer ganz viele scheitern", sagte Reul. Dies liege daran, "weil wir in der Polizei nicht jeden brauchen können". Man brauche "hochqualifizierte Leute, was die intellektuellen Fähigkeiten angeht". Auch Sport und eine "verlässliche Haltung" seien wichtig. "Und wenn wir da nicht sicher sind, können wir sie leider nicht einstellen."

An den hohen Einstellungskriterien will der Minister nicht rütteln. Und die Ausbildung ist ganz offenbar hart. Der Anteil der Polizeianwärter, die von sich aus aufgeben, die Prüfung nicht bestehen oder aus anderen Gründen keinen Abschluss machen, lag in den letzten Jahren nach Regierungsangaben bei 13 bis 20 Prozent pro Jahr.

Gewerkschaft: Runter mit der Arbeitszeit, mehr Zulagen

"Weiche Faktoren" seien für junge Menschen "auch entscheidend", mahnte Michael Mertens, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Die 41-Stunden-Woche bei der Polizei mit Belastungen wie Schichtdienst und Sondereinsätzen "geht so nicht". Der öffentliche Dienst, besonders aber die Polizei, müsse attraktiver werden für die Berufswahl. Nötig sei ein klares Zeichen, also höhere Zulagen und eine Absenkung der Wochenarbeitszeit, so der Polizeigewerkschafter. "Jetzt ist die Stunde der Wahrheit."

Opposition rügt schwarz-grüne "Symbolpolitik"

FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel kritisierte: "Die Schaffung neuer Stellen ist oft nur Symbolpolitik, wenn diese gar nicht erst besetzt werden können. Unbesetzte Stellen gefährden zunehmend staatliche Handlungsfähigkeit in Kernbereichen und damit auch Fragen der Gerechtigkeit."

Auf verschiedenen Wegen können junge Leute zur Polizei kommen. Neben dem dreijährigen Bachelor-Studium an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW gibt es seit 2022 eine neue Ausbildung für Anwärter ohne Abitur: ein zweijähriger Bildungsgang an Berufskollegs. Reul betonte, dass man zudem offen sei für Seiteneinsteiger, die bereits einen anderen Beruf erlernt hätten. Die Mindestgröße der Bewerber von 1,63 Meter wurde inzwischen ebenfalls aufgeweicht, um mehr Personal zu finden.

Das Personalproblem hat die Polizei nicht exklusiv. Andere Bereiche im öffentlichen Dienst finden in Zeiten des Fachkräftemangels gleichfalls nicht so leicht fähige neue Beschäftigte. Hinzu kommt der demografische Wandel. Im Koalitionsvertrag blickt Schwarz-Grün deshalb nicht nur auf den Nachwuchs, sondern man will Polizistinnen und Polizisten länger im Dienst belassen: "Angesichts der hohen Pensionierungswelle wollen wir lebensältere Beamtinnen und Beamte für eine Verlängerung gewinnen."