Die schwarz-grüne Landesregierung wird für 2024 einen Nachtragshaushalt vorlegen und neue Kredite aufnehmen. Das hatte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) am Mittwoch mitgeteilt. Die Opposition im Landtag schäumt und rügt die Etatpolitik der Koalition.
Die neuen Kredite sollen trotz der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse möglich werden, indem NRW die sogenannte "Konjunkturkomponente" der Schuldenbremse nutzt. Diese Regelung sieht vor, dass im Falle einer Wirtschaftskrise neue Schulden in begrenzter Höhe aufgenommen werden können.
Neue Schulden auch in 2025
Wie hoch genau die neuen Schulden ausfallen werden, ist laut Finanzministerium bisher noch nicht klar. Die Aufnahme neuer Schulden im Rahmen der "Konjunkturkomponente" soll auch bei der Aufstellung des Haushaltes 2025 genutzt werden.
Die jüngste Steuerschätzung hatte ergeben, dass für das laufende Jahr voraussichtlich etwa 1,2 Milliarden Euro weniger Steuern eingenommen werden, als noch Ende 2023 prognostiziert wurde. Die schwache Konjunktur hat größere Auswirkungen als bei der Aufstellung des Haushalts 2024 angenommen wurde. Bis 2028 fehlen nach den jüngsten Berechnungen insgesamt 4,9 Milliarden Euro.
Opposition: "Bankrotterklärung", "Schuldenminister"
Die Opposition im Landtag kritisiert die Ankündigung neuer Schulden. Der Chef der FDP-Fraktion, Henning Höne, nannte Finanzminister Optendrenk den neuen "Schuldenminister". Anstatt das Haushaltsloch von 1,2 Milliarden durch Einsparungen zu schließen, greife Optendrenk zu neuen Schulden. "Das ist unverantwortlich" so Höne.
Die SPD beantragte für kommende Woche eine Sondersitzung des Landtags. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) müsse "Klarheit und Wahrheit" beim Haushalt wiederherstellen, sagte SPD-Fraktionschef Jochen Ott am Freitag in Düsseldorf. Er warnte vor Folgen für Kitas, Schulen, Kommunen und Wirtschaft in NRW. Die Kommunikation der Koalition sei "unterste Kreisklasse".
Ott warf der Landesregierung zum wiederholten Mal eine "Missachtung des Parlaments" vor, da zunächst nicht der Landtag, sondern die Medien über den Nachtragsetat informiert worden seien. Nach seinen Informationen, so Ott, seien auch CDU-Leute im Landtag von dem Schritt überrascht gewesen.
Grüne: "Nachvollziehbarer Schritt"
Der SPD-Politiker sprach mit Blick auf Finanzminister Optendrenk von einer "Bankrotterklärung". Bis vor 14 Tagen habe die Regierung noch gesagt, es gebe keine Notlage. Der Haushalt sei "auf gut Glück aufgesetzt" worden, so Ott. Nun folge eine "180-Grad-Kehrwende in der Finanzpolitik". Die Ergebnisse der Steuerschätzung seien absehbar gewesen. Ideologisch halte die CDU an der Schuldenbremse fest, setze dann aber durch die "Hintertür" doch auf neue Schulden, kritisierte Ott.
Der Grünen-Haushaltsexperte im Landtag, Simon Rock, verteidigte hingegen den Koalitionspartner und bezeichnete Optendrenks Ankündigung als "nachvollziehbaren Schritt vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen". Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mache von der Konjunkturkomponente schon seit Jahren Gebrauch. Die Haushaltslage in Deutschland und NRW sei "mehr als angespannt".
Die Sondersitzung des Landtags findet laut Angaben auf der Internetseite des Parlaments am Montag um 15 Uhr statt. Der Nachtragshaushalt 2024 und der Etatentwurf 2025 sollen Anfang Juli vom Landeskabinett beschlossen werden.