Die Grünen-Landesvorsitzende Mona Neubaur fordert von der CDU/FDP-Landesregierung mehr Tempo beim Umbau der Energieversorgung in NRW. Sie reagierte damit am Mittwoch auf den Schritt ihres Parteikollegen Robert Habeck. Der Bundeswirtschaftsminister hatte am Morgen in Berlin die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen.
Neubaur weiter: "Es braucht jetzt sehr schnell mit ausreichend Mitteln hinterlegte Programme, die den Austausch von Gasheizungen umgehend angehen. Hier kann auch das Land tätig werden." Die Landesregierung müsse die Kommunen etwa bei Energie-Effizienzmaßnahmen für Krankenhäuser, Schulen und Schwimmbäder viel stärker unterstützen.
Hintergrund ist die Ankündigung Russlands, Gas und Öl nur noch gegen Zahlung in Rubel zu liefern. Habeck betonte, dass es aktuell noch keine Versorgungsengpässe gebe. Zugleich aber rief der Bundesminister zum Energiesparen auf. Neubaur unterstützte dies - aber auch das Land müsse handeln.
Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionschef im Landtag, nannte Habecks Schritt "klug, vorausschauend und die richtige Maßnahme, um in der Krisenbewältigung fortlaufend Herr der Lage zu bleiben". Um die Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen weiter voranzubringen, müssten "wir kurzfristig als ersten wirksamen Schritt mehr Flüssiggas einkaufen und die dafür nötige Infrastruktur mit entsprechenden LNG-Terminals schaffen". Dies habe der Bund eingeleitet.
Lob für Habeck auch von Unternehmern
Auch NRW-Unternehmer-Verbandschef Arndt G. Kirchhoff begrüßte Habecks Vorgehen. Er warnte: "Sollte es kurzfristig in nennenswertem Umfang Lieferausfälle geben, wären die wirtschaftlichen und sozialen Folgen drastisch." Dieser Tragweite müsse man sich bewusst sein.
Schon bei der Abschaltung einzelner Wirtschaftsbereiche drohten "massive und im Detail noch gar nicht abschätzbare Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette der deutschen Wirtschaft. Stahl-, Chemie-, Glas-, Zement-, Papier-, Verpackungs-, Pharma-, Metall- und Elektroindustrie - alles hängt mit allem zusammen".
Pinkwart: Auf Gasmangel-Lage vorbereiten
NRW-Wirtschafts- und Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) sprach von einem "engen Schulterschluss" von Bund und Ländern in der Krise - auch beim Notfallplan. Man müsse sich auf eine "Gasmangel-Lage und alle Eventualitäten" vorbereiten, sagte Pinkwart. Noch seien die Gas-Flüsse konstant, die Betonung liege aber auf "noch". Laut Pinkwart wurde ein Krisenteam zur Gasversorgung in NRW eingesetzt - bestehend aus Experten von Regierung und Wirtschaft, etwa Vertretern der Strom- und Gasnetzbetreiber.
Als Industrieland wäre NRW vom Ausfall der Gaslieferungen stark betroffen, sagte Pinkwart. Er sagte besonders energieintensiven Industrien Unterstützung zu. Und die Erneuerbaren Energien müssen "schneller vorankommen".
Auch Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) stellte sich hinter Habecks Vorgehen. Es gebe Grund genug, achtsam zu sein und er teile das. Im Falle eines Falles solle die NRW-Wirtschaft nicht als erstes unter Engpässen und Bewirtschaftung leiden, forderte er. Dafür werde sich die Landesregierung in Gesprächen einsetzen. Zum privaten Verbrauch sagte Wüst: "Gerade in dieser Situation sparsam zu sein mit dem Gasverbrauch, ist sicherlich richtig."
Kritik an Hürden für Windkraft
Die Grünen-Politikerin Neubaur hingegen erneuerte ihre Kritik, insbesondere zum Thema Windkraft: "Was braucht es noch, damit die Landesregierung die pauschalen Abstände für Windkraftanlagen in NRW endlich kassiert? Der Booster für die Erneuerbaren muss jetzt sofort kommen, politisch motivierte Fesseln dürfen jetzt nicht länger Bestand haben."
Auch Kutschaty sagte: "Wir brauchen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien maximales Tempo. CDU und FDP in NRW stehen dabei aber weiter auf der Bremse. Die Abschaffung der Abstandsregel für Windkraftanlagen haben sie zuletzt wieder einmal abgelehnt."
Vor dem Hintergrund von Putins Angriffskriegs auf die Ukraine ist die Energieversorgung und die Abhängigkeit von russischem Gas auch zum Thema im Landtagswahlkampf geworden. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte zum Beispiel mehrfach die Maßnahmen der Ampel im Bund zu Entlastungen bei den Energiepreisen als unzureichend kritisiert.