Energie, Verkehr, Wohnen, Corona-Regeln - das Spitzenpersonal der fünf im Landtag vertretenen Parteien hat in der WDR-Wahlarena am Dienstagabend 90 Minuten über landespolitische Themen debattiert. Die TV-Runde lief insgesamt eher argumentativ als polemisch ab - aber es gab erhebliche Unterschiede im Auftreten der fünf Diskussionsteilnehmer.
Die Atmosphäre
Gerade zu Beginn gaben sich Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty, Familien- und Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP), Grünen-Landeschefin Mona Neubaur (Grüne) und AfD-Fraktionschef Markus Wagner ziemlich höflich-zurückhaltend. Niemand unterbrach die Konkurrenz, jeder machte seine Punkte. Erst im Laufe des Abends wurde es hitziger.
Von der vermeintlichen "Schlammschlacht" zwischen CDU und SPD der letzten Tage war beiderseits wenig bis gar nichts zu spüren. Im Landtag geht es meist ruppiger zu.
Hendrik Wüst
Der Ministerpräsident, erst seit Oktober 2021 Nachfolger von Armin Laschet, lächelte in weiten Teilen der Sendung. "Ich bin ganz aufgeräumt und fröhlich", ließ er wissen. Inhaltliche Kritik, die vor allem von Neubaur am Ex-Verkehrsminister in puncto Brücken- und Straßensanierung vorbrachte, versuchte er lächelnd abzuwehren. Nur kurz wirkte er verärgert und verteidigte seine Bilanz als Minister.
Der CDU-Politiker ignorierte seinen wichtigsten Kontrahenten Kutschaty weitgehend. Bei manchen Themen wie etwa der Mietpreisbremse vermied er eine klare Festlegung. Der Münsterländer sagte aber, er wolle jeden Ort über 20.000 Einwohner an Bus und Bahn anbinden.
Thomas Kutschaty
Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten trat etwas anders auf als der Amtsinhaber: Mit eher ernster Mimik präsentierte sich der Ex-Justizminister als Wüst-Herausforderer, ohne diesen frontal und persönlich anzugehen.
Vor allem beim Thema Wohnungsbau und Statements pro Mietpreisbremse nahm er sich Zeit für längere Ausführungen: Diese Punkte war ihm offenbar sehr wichtig - ein sozialdemokratisches Kernthema, das offenbar gerade die SPD-Kernwählerschaft im Ruhrgebiet mobilisieren soll.
Joachim Stamp
Der Vize-Ministerpräsident ging keinem Wortduell mit dem AfD-Vertreter aus dem Weg. Vom Klimaschutz bis zur Flüchtlingspolitik kritisierte er vehement die AfD. Beim Wohnungsbau wurden Differenzen des FDP-Landeschefs zur SPD deutlich - während die Sozialdemokraten den kommunalen Wohnungsbau ankurbeln wollen, setzen die Liberalen stärker auf Privatinitiative. Insgesamt aber zeigte sich die FDP nach diesem Auftritt koalitionsfähig mit allen - außer mit der AfD natürlich.
Mona Neubaur
Die Grünen-Landeschefin nutzte die Themen Windkraft und Verkehrswende erwartungsgemäß für im Tonfall ruhig vorgetragene, aber pointierte Kritik an Schwarz-Gelb.
Bei den Themen Wohnen, Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen und Energiewende wurden in ihrer Argumentation deutliche Schnittmengen mit SPD-Mann Kutschaty deutlich - wobei Neubaur ziemlich grimmig dreinschaute, als der neben ihr stehende Kutschaty über längere Laufzeiten von Kohlekraftwerken sprach.
Markus Wagner
Flüchtlinge aus der Ukraine und die Corona-Regeln - das waren wohl die auffälligsten Themen, mit denen sich der Fraktionsvorsitzende der AfD zu profilieren versuchte. Nicht untypisch für Vertreter seiner Partei, gerierte er sich in weiten Teilen der Diskussion als latent empörter politischer Außenseiter.
Verweise, er komme nicht ausreichend zu Wort, gehörten da zum Standardrepertoire. Gelegenheiten zum Clinch mit FDP-Mann Stamp, der direkt neben ihm stand, nahm er gerne wahr, wobei er eifrig stichelte und gestikulierte.
Fazit
Angesichts der wenig überraschenden Statements der Kontrahenten dürfte die Wahlarena kaum zum dramatischen "Gamechanger" im Landtagswahlkampf werden. Alle machten ihre inhaltlichen Punkte, sprachen die für ihre Kernwählerschaft wichtigen Themen an. Möglicherweise wird es beim Duell Wüst gegen Kutschaty am 12. Mai - kurz vor der Wahl - aggressiver zugehen, wenn einer der beiden Spitzenkandidaten angesichts knapper Umfragen einen entscheidenden Vorteil gegen den anderen sucht.