Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums waren bis Mitte April knapp 20.000 ungeimpfte Beschäftigte in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen landesweit gemeldet worden.
Die kommunalen Gesundheitsämter müssen daher seit Wochen tausende Einzelfälle überprüfen. Nach einem Erlass des Landes sollten bis zum heutigen Mittwoch eigentlich alle Prüfungen abgeschlossen werden. In allen abgefragten Städten - darunter Köln, Duisburg, Essen, Münster, Dortmund und Düsseldorf - laufen aktuell aber zum Teil noch hunderte Verfahren.
In keiner der abgefragten Kommunen ist bislang ein Arbeitsverbot gegen einen ungeimpften Mitarbeiter verhängt worden, Bußgelder nur in Einzelfällen bei Meldeverstößen.
Viele lassen sich doch noch impfen
Ein Effekt der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist aber spürbar. In Düsseldorf haben sich etwa von 2.913 im März als ungeimpft gemeldeten Beschäftigten inzwischen fast 2.000 doch impfen lassen oder einen Genesenen- oder anderen ärztlichen Nachweis vorgelegt.
In anderen Großstädten zeigt sich ein ähnliches Bild. In den meisten Kommunen laufen derzeit Anhörungen der Einrichtungen und betroffenen Mitarbeiter, warum diese nicht geimpft oder so unverzichtbar sind, dass sie trotzdem weiterarbeiten können sollen. Die Gesundheitsämter müssen dann in ihrer Entscheidung abwägen, weil eine Versorgung der Patienten nicht zum Beispiel durch Personalengpässe gefährdet werden soll.
Behörden wollen Klarheit, wie es weitergeht
Das Gesundheitsamt Münster hat aktuell noch rund 270 Fälle abzuarbeiten. Es will den Betroffenen genug Zeit zur Stellungnahme geben und individuelle Lösungen finden, um Tätigkeitsverbote möglichst zu vermeiden. "Wir werden die Belange der Einrichtungen sehr genau prüfen. Ein Arbeitsverbot ist ja ein erheblicher Eingriff in ein Grundrecht und das werden wir vor dem rechtlich unsicheren Hintergrund genau abwägen", sagt Amtsleiter Norbert Schulze Kalthoff.
Rechtlich unsicher ist für ihn die bislang begrenzte Dauer der Impfpflicht bis Ende des Jahres. Schulze Kalthoff hofft deshalb auf eine schnelle Klarstellung der Bundespolitik, wie es damit weitergehen soll. Darauf drängt auch Kai Zentara, Gesundheitsbeigeordneter beim Landkreistag NRW: "Wenn das Auslaufdatum immer näher rückt, wird es für die Einrichtungen immer schwieriger, ihren Angestellten die Pflicht zur Impfung zu vermitteln."
Wunsch nach Impfpflicht für Risikopatienten
Gesundheitsamtsleiter Schulze Kalthoff hätte sich eher eine allgemeine Impfpflicht für alle Risikopatienten gewünscht, um das Infektionsrisiko zu senken. Dafür plädiert auch Dierk Sutter, Geschäftsführer des Lazarus Hilfswerks. Das betreibt in NRW sieben Pflegeheime mit rund 400 Mitarbeitern.
"Die derzeitige Impfpflicht gilt ja nur für die Beschäftigten, nicht aber für die Heimbewohner. Und der ungeimpfte Teil erhöht natürlich auch das Infektionsrisiko, das müsste so nicht sein", meint Sutter.
Die Mitarbeiter von Norbert Schulze Kalthoff im Münsteraner Gesundheitsamt werden mit den Fällen wohl einige Zeit zu tun haben, ist er sich sicher: "Ich gehe davon aus, dass es Widerspruchs- und Klageverfahren geben wird, die können sich im Verwaltungsgerichtsverfahren ja durchaus auch längere Zeit hinziehen. Also wir werden nicht bis Jahresende alles zu den Akten legen können."