Erstwähler bei Kommunalwahl: Darum ist ihr Einfluss so gering

Stand: 13.09.2020, 17:08 Uhr

Zehntausende Jugendliche in NRW haben am Sonntag erstmals wählen dürfen. Viele haben die Chance genutzt, andere nicht - aus unterschiedlichen Gründen.

Für Joshua Blümel aus Köln stand schon früh fest: Wählen gehen am Sonntag - nein. Den Brief mit der Wahlbenachrichtigung hat er ungeöffnet auf dem Schreibtisch liegen lassen.

"Für mich ist die Politik, die wir haben im Allgemeinen zu undurchsichtig", sagt der 19-jährige Hauptschüler. "Es ist wenig, was wir davon aktuell zu sehen bekommen."

Beteiligung bei Jüngeren traditionell niedriger

Wahlforscher Stefan Merz von infratest dimap ist nicht überrascht. "Jüngere beteiligen sich im Vergleich zu Älteren unterdurchschnittlich an Wahlen", sagt er und nennt als Beispiel die Europawahl 2019. Da lag die Wahlbeteiligung in NRW insgesamt bei 61,4 Prozent, bei den 18- bis 24-Jährigen aber nur bei knapp 58 Prozent.

"Das liegt auch daran, dass Jüngere Wahlen als nicht so wichtig empfinden", erklärt Wahlforscher Merz. "Und, dass andere Dinge ihr Leben bestimmen wie die Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz oder die Wahl eines Studienfachs."

Wahlprogramme schrecken Erstwähler ab

Interesse an politischen Themen ist aber bei vielen Jugendlichen vorhanden. Laurin Leander Bruns aus Düsseldorf hat zum Beispiel vor der Kommunalwahl viele Programme der Parteien durchgelesen - einige fand er zu lang, das schrecke Jugendliche ab.

Der Realschüler hilft ehrenamtlich bei der Tafel, eine prägende Erfahrung. "Ich habe Angst, dass ich 40 Jahre arbeiten gehe und trotzdem mit dem Alter in Bedrängnis komme", sagt der 17-Jährige.

Grüne profitieren von "Fridays for Future"

Vor allem ein Thema bewegt weiter viele: die Klimakrise. Die Bewegung "Fridays for Future" hat Wahlforscher Merz zufolge besonders zwei Parteien Schub verliehen. "Bei den letzten Wahlen waren vor allem Grüne und Linke bei Jüngeren beliebt, CDU und SPD eher weniger."

Für Jana Winkeljann aus Münster sind es aber nicht nur die großen Themen, die sie an die Urne treiben. "Bei der Kommunalwahl geht es ja um Sachen, die meine Stadt direkt vor Ort betreffen", sagt die 19-Jährige, die gerade Abitur gemacht hat.

Sie kritisiert allerdings, dass die Parteien Jüngere wenig im Blick haben. "Da gibt es nicht so viele Angebote - da kann ich schon verstehen, dass manche nicht wählen gehen."

"Eine halbe Stunde sollte jeder investieren können"

Jana Winkeljann und Laurin Leander Bruns haben am Sonntag trotzdem ihre Stimme abgegeben. "Es ging relativ schnell", sagt Winkeljann. Sie habe gewusst, welcher Partei sie ihre Stimme gebe, weil sie sich gut vorbereitet habe.

Bruns zeigt sich voller Erwartungen. "Bildungs- und Umweltpolitik interessieren mich am meisten", erzählt er. Aus seiner Sicht könnte man, um die Innenstädte attraktiver zu machen, "ein paar Grünflächen mehr integrieren". "Solche Sachen interessieren mich halt und da hoffe ich, dass da was kommt", so Bruns.

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