Klimaschutz-Aktionen bedrohen Weltkunst

Stand: 25.10.2022, 09:22 Uhr

Berechtigter Protest oder Akt der Barbarei? Klimaaktivisten attackieren derzeit weltberühmte Kunstwerke, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Museen sind in Sorge.

Von Julia Küppers und Frank Menke

Am Sonntag bewarfen Klimaschutz-Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" ein Ölgemälde von Claude Monet im Potsdamer Museum Barberini mit Kartoffelbrei. Zuvor war in der National Gallery in London Vincent Van Goghs Ölgemälde "Sonnenblumen" mit Tomatensuppe attackiert worden.

Tomatensuppe auf Van Goghs "Sonnenblumen" | Bildquelle: IMAGO/Just Stop Oil

Auffällig dabei ist die Analogie von Gemälden, die mit Ölfarben gemalt wurden - und dem Rohstoff Erdöl, den die Klimaschützer so schnell wie möglich verbannen wollen.

Attacke auch gegen die Mona Lisa

Die "Mona Lisa" im Zeichen der Klimaproteste | Bildquelle: Klevisl007/Twitter user/AP/dpa

Es sind nicht die einzigen Fälle dieser Art. Im Mai traf es Leonardo da Vincis weltberühmtes Ölgemälde "Mona Lisa" im Pariser Louvre - in Form einer Cremetorte, die ein als alte Dame in einem Rollstuhl getarnter Aktivist ins Museum geschmuggelt hatte.

Zuletzt schmierten Umweltaktivisten der Gruppe "Just Stop Oil" bei Madame Tussauds in London auch das Gesicht der Wachsfigur von König Charles III. mit Schokoladenkuchen ein. Der echte Charles ist allerdings kurioserweise ein bekennender Umweltschützer.

Aufmerksamkeit statt Zerstörung

Augenscheinlich geht es den Protagonisten dieser Aktionen nicht darum, die viele Millionen Euro wertvollen Kunstwerke zu beschädigen, von der Charles-Figur einmal abgesehen. Sämtliche Gemälde waren hinter (Panzer-)Glas geschützt und wurden nicht in Mitleidenschaft gezogen. Es geht wohl vielmehr darum, Aufmerksamkeit zu erlangen - und Frust zu kompensieren.

Aktionen offenbar Ausdruck von Frust

Darauf deutet auch die Aussage von Carla Bardehle hin, Mitglied der Münsteraner Ortsgruppe von "Fridays for Future": "Wir gehen jetzt schon seit über drei Jahren auf die Straße, demonstrieren mit hunderttausenden Menschen deutschlandweit, weltweit. Und immer noch gibt es keine politischen Entscheidungen, die sich klar zum Klimaschutz und zur 1,5 Grad-Grenze bekennen."

Somit sei es verständlich, dass andere Gruppen einmal über andere Aktionsformen nachdenken würden, ergänzte Bardehle. In einem Video der Gruppe "Letzte Generation" brachte eine Teilnehmerin der Monet-Aktion ihren augenscheinlichen Frust so zum Ausdruck: "Wir sind in einer Klimakatastrophe und alles, wovor ihr Angst habt, sind Tomatensuppe oder Kartoffelbrei an einem Gemälde!"

Museumsverband NRW in Sorge

Die Museen betrachten diese Aktionen naturgemäß mit großer Sorge. Sie stehen in Sachen Sicherheit vor neuen Herausforderungen. Tilmann Bruhn vom Museumsverband NRW sagte dazu: "Wir können die Anliegen der Klimaproteste und deren Dringlichkeit durchaus nachvollziehen und mittragen, aber die Beschädigung von Kulturgut ist hier ausdrücklich nicht das richtige Mittel zum Zweck."

Die Lösung könnte seiner Meinung nach ein Dialog mit den Klimaaktivisten sein, um sie für die Bedeutung und den Wert von Kunst zu sensibilisieren.

Bob Geldof äußert Verständnis für Tomatensuppen-Wurf

Der irische Rockmusiker und Umweltschützer Bob Geldof zeigte derweil Verständnis für den Tomatensuppen-Wurf auf ein van Gogh-Gemälde in London. "Die Klimaaktivisten haben zu 1000 Prozent recht. Und ich unterstütze sie zu 1000 Prozent", sagte der 71-Jährige dem Sender Radio Times. Es sei clever gewesen, das Bild "Sonnenblumen" mit einem Schätzwert von Dutzenden Millionen Euro in dem Wissen zu bewerfen, dass es mit einer Glasscheibe geschützt ist. "Es ist anstößig, van Goghs Genie zu zerstören. Das bringt nichts", sagte Geldof. Doch so sei die Aktion lediglich lästig gewesen. "Und lästig ist ganz gut."