Wie Produkte mit dem Zusatz "klimaneutral" Verbraucher in die Irre führen können

Stand: 06.07.2023, 12:14 Uhr

Viele Hersteller bewerben ihre Produkte mit dem Zusatz "klimaneutral". Unklar ist aber, wann Produkte als klimaneutral gelten dürfen. In den Fällen von zwei NRW-Unternehmen hat am Donnerstag ein Gericht entschieden.

Shampoos, Süßigkeiten, Reibekuchen: Auf vielen Produkten werben Hersteller damit, dass sie "klimaneutral" seien. Aber was bedeutet das? Die Wettbewerbszentrale Frankfurt hat in dieser Frage gegen den Fruchtgummi-Hersteller Katjes aus Emmerich im Kreis Kleve und den Marmeladeproduzenten Mühlhäuser aus Mönchengladbach geklagt.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass Katjes mit dem Zusatz "klimaneutral" werben darf - Mühlhäuser aber nicht. Der Unterschied zwischen den beiden Herstellern sei, dass Katjes seine Kunden darüber informiere, wie das Label zustande kommt, so das Gericht: Über eine Internetseite konnten sich Kunden über die ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen informieren. Damit, so der Richter, habe Katjes - im Gegensatz zum ebenfalls angeklagten Konfitürenhersteller - seiner Informationspflicht genügt. Auf den Marmeladen fehlten die nötigen erklärenden Zusätze.

Mit einer Unterlassungsklage wollte die Frankfurter Wettbewerbszentrale Katjes und Mühlhäuser verbieten lassen, ihre Produkte als klimaneutral zu bewerben. Beide Firmen hatten in einer Lebensmittelfachzeitung ihre Weingummis, Lakritze und Marmeladen als klimaneutral beworben. Die Wettbewerbszentrale hat kritisiert, dass die Herstellungsprozesse nicht klimaneutral ablaufen.

Verbraucherzentrale NRW kritisiert mangelnde Transparenz

Laut Verbraucherzentrale NRW gibt es keine konkreten Vorgaben, was "klimaneutral" auf Produkten bedeutet. "Die Aussage 'klimaneutral' ist nicht geschützt. Da gibt es keinen Standard, der dahinter steht", sagt Jonas Grauel, Projektleiter im Bereich Ernährung und Umwelt. In der Regel werde der CO2-Ausstoß, der bei der Herstellung von Produkten entstehe, durch eine Zahlung an Klimaschutzprojekte ausgeglichen. Das könnten beispielsweise Waldschutzprojekte oder Projekte für Erneuerbare Energien sein, so Grauel. Katjes beteiligt sich seit einigen Jahren an zertifizierten Klimaschutzprojekten in Indien, Kenia, Ruanda und Peru.

Für diese Kompensation werden Agenturen beauftragt, die den CO2-Ausstoß berechnen und entsprechende Ausgleichsprojekte suchen: "Auf der einen Seite werden Emissionen ausgestoßen, auf der anderen Seite vermieden. Diese Berechnung ist aber sehr kompliziert. Hier werden oft Äpfel mit Birnen verglichen", kritisiert Grauel. Und: "Klimaneutral" bedeutet meistens nicht, dass die Unternehmen beim Herstellungsprozess ihrer Produkte CO2 einsparen.

Kunden können "klimaneutral"-Label oft nicht nachvollziehen

Für Kundinnen und Kunden ist das Label "klimaneutral" oft nicht nachvollziehbar. Im vergangenen Jahr hat das Sinus-Institut im Auftrag der Verbraucherzentrale NRW eine repräsentative Umfrage dazu durchgeführt, wie entsprechende Produkte wahrgenommen werden. Das Ergebnis: Nur 39 Prozent wussten, dass in der Regel der CO2-Ausstoß über Klimaschutzprojekte ausgeglichen wird. Über das Verfahren im Detail wussten nur drei Prozent Bescheid.

Die Verbraucherzentrale NRW fordert deshalb ein Verbot der "klimaneutral"-Werbung, so Grauel: "Das Label wirkt erst einmal sehr positiv. Was dahinter steht, hält dieses Versprechen aber nicht."

Über dieses Thema berichten wir heute in der Lokalzeit Rhein/Ruhr auf WDR2 im Radio.