Wie ist es, auf der ISS festzusitzen? Interview mit Ex-Astronaut Ewald

Stand: 09.08.2024, 11:33 Uhr

Auf der Raumstation ISS sitzen zwei Astronauten noch Monate fest. Wie das ist, erklärt Ex-Austronaut Reinhold Ewald.

Eigentlich sollte der Aufenthalt für die zwei Nasa-Astronauten Bary Wilmore und Suni Williams auf der ISS nur rund eine Woche dauern. Wegen Problemen mit dem Raumschiff "Starliner" müssen sich die beiden auf weitere Monate im All einstellen.

Im WDR-Interview sagt Ex-Astronaut Reinhold Ewald, es werde zwar eine Rettungsmission mit einer Dragon-Kapsel vorbereitet. Die beiden Astronauten, die damit zu ISS kommen, würden aber zunächst auf der Raumstation arbeiten - und nicht direkt zurückfliegen.

Astronauten auf der ISS: "Ungewissheiten in Kauf nehmen" WDR 5 Morgenecho - Interview 09.08.2024 06:15 Min. Verfügbar bis 09.08.2025 WDR 5

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Warten ist Teil des Berufs

"Das ist eine schwierige Kiste, denn man möchte diesen Flug natürlich auch nutzen", so Ewald. "Es würde dann also Februar nächsten Jahres, bevor die beiden wieder runter kämen."

Der Deutsche Reinhold Ewald winkt Pressevertretern zu, die ihn am 20.1.1997 während des Trainings beobachteten | Bildquelle: epa / WDR / picture-alliance / dpa

Das lange Warten sei aber etwas, das den Astronauten-Beruf ausmache. "Ich habe sieben Jahr darauf gewartet, mit mehreren Trainings, bis ich dann schließlich starten konnte. Und da muss man dann auf den Punkt fit sein und auch diese Wartezeit sozusagen als Berufseigenschaft mitnehmen", berichtet der gebürtige Mönchengladbacher, der 1997 einen Einsatz auf der Raumstation Mir hatte.

Es ist das Wesen so einer Exploration, dass man ein paar Ungewissheiten in Kauf nimmt. Das ist etwas, was den Astronautenberuf ausmacht. Reinhold Ewald

Astronauten können sich nützlich machen

Nur Rumsitzen würden die Astronauten in der zusätzlichen Zeit auf der ISS allerdings nicht.

Reinhold Ewald Astronaut in einer Gespraechsrunde anlässlich 50 Jahre Deutsches Raumfahrtkontrollzentrum | Bildquelle: imago/Oryk HAIST

"Die beiden da oben können sich nützlich machen. Normalerweise braucht es natürlich ein Training, um Spezialaufgaben zu erfüllen, aber beide haben ja die Erfahrung von Langzeitflügen auf internationalen Raumstationen und können der nominellen Crew da oben zur Hand gehen. Also das verkürzt die Zeit schon mal erheblich und währenddessen wird einigermaßen konzentriert unten auf der Erde gearbeitet, die Fehler herauszufinden, die das Raumschiff da oben momentan halten und diese Fehler auszubessern."

Kritik an Boeing

Dass die beiden Astronauten auf der ISS festsitzen, liegt an technischen Problemen am Raumschiff des Luftfahrtkonzerns Boeing. Eigentlich sollten sie nur eine Woche bleiben. Aus Ewalds Sicht habe aber schon die Entwicklung der Kapseln zu lange gedauert.

"Der Auftrag zur Entwicklung von Astronautenkapseln ist schon vor einigen Jahren ergangen. Ab 2020 war Elon Musks Firma "SpaceX" dann aber viel schneller, und Boeing hat sich gründlich blamiert. Der erste nicht mit Astronauten versehene Flug ist gründlich schiefgegangen, der zweite hat es immerhin zur Raumstation schafft, und jetzt haben sie bei der ersten Mission diese Schwierigkeiten. Also das Ganze trägt nicht zum Aktienkurs von Boeing bei. Das muss man wirklich sagen."

Anstrengende Rückreise

Wenn die geplante Rettungsmission mit einer Dragon-Kapsel dann letztlich durchgeführt wird, steht für die Astronauten mit der Heimreise eine letzte große Strapaze an.

"Es ist sehr anstrengend, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen", sagt Ewald. "Wenn man zurück kommt, ist man ja Schwerelosigkeit gewöhnt. Das heißt, der Körper hat sich auf leichte Muskelbewegungen eingestellt, das Gleichgewichtsorgan hat keine Beschleunigungen erfahren, keine großen Beschleunigungen. Und das alles ist natürlich dann beim Rückweg brutal. Also sowohl die körperliche Überlastung durch den Bremsandruck als auch diese Verwirrung des Gleichgewichtsorgans, das schlaucht einen schon ganz schön."

Quellen:

  • WDR5-Interview mit Ex-Astronaut Reinhold Ewald