Strahlenbelastung beim iPhone 12 - Rückruf in Frankreich möglich 01:27 Min. Verfügbar bis 14.09.2025

Strahlenbelastung: In Frankreich droht Rückruf des iPhone 12

Stand: 14.09.2023, 14:17 Uhr

Französische Behörden haben beim iPhone 12 eine überhöhte Strahlenbelastung gemessen. Der Apple-Konzern muss handeln. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über die Hintergründe – und was das allgemein für jeden bedeutet.

Jedes Handy oder Smartphone, das in einem Mobilfunknetz eingebucht ist, sendet eine gewisse elektromagnetische Strahlung aus. Telefoniert der Besitzer oder geht online, ist die Strahlung in dieser Zeit höher: Das Gerät muss mit den Sendemasten der Mobilfunkbetreiber Kontakt aufnehmen und Daten austauschen. Je weiter ein Sendemast entfernt ist, umso höher fällt die Sendeleistung des Mobilgeräts aus.

Strahlenaufsicht bemängelt "leicht überhöhte" Messwerte

Die französische Strahlenaufsicht ANFR hat die Leistung verschiedener Modelle diverser Hersteller gemessen und beim iPhone 12 "leicht erhöhte" Messwerte ermittelt, die über dem für den menschlichen Körper erlaubten Grenzwert liegen. Wie hoch genau, hat die Behörde bislang nicht mitgeteilt.

Die Behörde habe den Technologiekonzern Apple angewiesen, der gestern erst die neue Modellreihe iPhone 15 präsentiert hat, das iPhone 12 ab sofort in Frankreich aus dem Verkauf zu nehmen. Darüber hinaus sollen bereits verkaufte Modelle überarbeitet werden, etwa durch Bereitstelle eines Updates, um diese noch im Einsatz befindlichen Geräte "in Übereinstimmung mit der Norm" zu bringen.

Apple muss reagieren

Je weiter ein Sendemast entfernt ist, je schlechter der Empfang, desto höher ist die Sendeleistung eines Handys | Bildquelle: WDR / Schieb

Apple bleiben nun zwei Wochen für eine Lösung, anderenfalls müsste das Unternehmen die verkauften Geräte offiziell "zurückrufen" – was mit hohen Kosten und Imageverlust verbunden ist. Apple hat gegenüber der Nachrichtenagentur AFP allerdings bestritten, dass die Sendeleistung des Modells über den erlaubten Grenzwerten liegt.

Durch ein Update des mobilen Betriebssystems iOS ließe sich das Problem ohnehin sehr wahrscheinlich lösen: Das Betriebssystem entscheidet, mit welcher Sendeleistung das Mobilgerät auf Sendung geht. Die Sendeleistung variiert bei jedem Gerät, je nachdem, wie gut am aktuellen Standort die Versorgung mit Mobilfunk ausfällt. Eine entsprechend angepasste Version von iOS könnte auf iPhone 12 die Sendeleistung weiter drosseln. Die Folge wäre allerdings: In Gebieten mit ohnehin schlechtem Empfang könnte es zu Schwierigkeiten beim Telefonieren kommen.

Sendeleistung variiert in jedem Handy

Grundsätzlich gilt: Je schlechter die Verbindungsqualität, desto höher muss die Sendeleistung ausfallen, um verlustfrei Daten zu übertragen. Bei UMTS und erst recht 5G ist die Sendeleistung generell geringer als bei älteren Mobilfunkstandards. Doch die schlechte Nachricht: Die Sendeleistung ist bei Telefonaten höher als bei Datenübertragung; ausgerechnet beim Telefonieren hält man das Gerät aber nahe am Kopf.

Der Fall wirft aktuell bei allen Handynutzern Fragen auf. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) konnte zwar in zahlreichen Tests "keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen durch die Nutzung von Mobiltelefonen nachgewiesen werden". Es gibt jedoch einige Studien, die Hinweise auf mögliche gesundheitliche Risiken geben.

Mögliche Gesundheitsrisiken

Die Strahlung von Handys wird als nichtionisierende Strahlung bezeichnet. Das bedeutet, dass sie nicht in der Lage ist, chemische Bindungen im Körper zu zerstören. Allerdings kann sie die Körpertemperatur erhöhen, was zu akuten und chronischen Gesundheitsproblemen führen kann. Akute mögliche Gesundheitsprobleme durch Handystrahlung sind unter anderem:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Müdigkeit
  • Schlafstörungen

Chronische Gesundheitsprobleme, die durch Handystrahlung verursacht werden könnten, sind unter anderem:

  • Krebs
  • Schädigungen des Nervensystems
  • Beeinträchtigungen der Fruchtbarkeit

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Handystrahlung als "möglicherweise krebserregend" eingestuft. Was bedeutet, dass von einem schwachen Zusammenhang zwischen Handystrahlung und der Entstehung von Krebs ausgegangen werden muss, der jedoch noch nicht eindeutig belegt ist.

Kopfhörer bevorzugt

Bluetooth Kopfhörer sind eine gute Lösung: Komfortabel – und kein Problem mit Strahlenbelastung | Bildquelle: WDR / Schieb

Da das Risiko von der Sendeleistung des Handys, aber auch und vor allem vom Abstand des Handys vom Körper abhängt, ist dringend zu empfehlen – und zwar generell –, vor allem beim Telefonieren einen Kopfhörer zu benutzen. Einen kabelgebundenen, oder einen Bluetooth-Kopfhörer. Bluetooth sendet zwar auch elektromagnetische Wellen aus, allerdings in einem erheblich geringeren Umfang. Auf diese Weise vermeidet man die schädliche Erwärmung des Gewebes, vor allem im Gehirn.

Kinder sind besonders empfindlich gegenüber Handystrahlung. Daher sollten Kinder das Handy nicht am Kopf halten und auch nicht zu lange benutzen.

Über den Autor

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb | Bildquelle: WDR

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.