Wie steht es ums Klima? Abschluss-Bericht des Weltklimarats IPCC kommt

Stand: 13.03.2023, 06:00 Uhr

Der Weltklimarat (IPCC) steht kurz vor der Veröffentlichung seines aktuellen vollständigen Berichts. Welche Bedeutung dieser hat und was Staaten und jeder Einzelne tun können. Das wichtigste im Überblick.

Von Claudia Wiggenbröker

Seit 35 Jahren warnt der Weltklimarat vor den Folgen des Klimawandels. Seine Appelle werden immer dringlicher - nach einem schnellen Handeln, drastischen Maßnahmen und danach, keine halben Sachen zu machen. Im August 2021 hat das IPCC den ersten Teil des nunmehr sechsten sogenannten Sachstandsberichts veröffentlicht. Zwei weitere folgten. Seit Montag werden nun die Kernbotschaften rausgearbeitet und zusammengefasst.

Rund 700 Vertreter der 195 Mitgliedsländer des Weltklimarates müssen diese Zusammenfassung Zeile für Zeile absegnen. So kann keine Regierung die darin aufgeführten Erkenntnisse mehr in Frage stellen. Das ist wichtig, denn der Synthese-Bericht ist eine Grundlage für kommende Klimaverhandlungen. Er soll am 20. März vorgestellt werden.

Wie teurer wird der Klimawandel, wenn es weiter läuft wie bisher? Rechnen sich Investitionen - und was kann jeder Einzelne tun? Der Überblick.

Was ist der Weltklimarat eigentlich?

IPCC bedeutet vollständig "Intergovernmental Panel on Climate Change". In Deutschland ist der Begriff Weltklimarat geläufig. Es handelt sich um eine Institution der Vereinten Nationen. Das Ziel des Gremiums ist, zu klären, welche Gefährdung vom Klimawandel ausgeht und wie darauf reagiert werden kann.

Im Auftrag der UN tragen Fachleute seit 1988 weltweit regelmäßig den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel aus aktuellen Forschungen zusammen. Und bewerten diesen Kenntnisstand aus wissenschaftlicher Sicht. Sie und viele weitere Forschende warnen, dass wir dringend handeln müssen.

Welche Auswirkungen hat der Klimawandel bisher?

Besonders betroffen von den Klima-Veränderungen ist der globale Süden. Länder wie das westafrikanische Niger, Somalia, Indonesien, Afghanistan oder Haiti gelten als besonders gefährdet. Aber auch bei uns ist spürbar, dass die Zahl der Extremwetter-Ereignisse steigt.

Allein in Deutschland hat es in den letzten 20 Jahren über 600 Überschwemmungen, Waldbrände oder Dürren gegeben. Das hat eine Studie im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ermittelt.

  • Die Kosten in Deutschland beliefen sich demnach auf 145 Milliarden Euro. 
  • Über die Hälfte, 75 Milliarden, entfielen dabei auf drei große Ereignisse: die Hitzesommer 2018 und 2019 sowie die Flut 2021.

Auch die Schäden in NRW waren enorm. Bei der Flut wurden Wohngebäude, Hausrat und Betriebe zerstört. Die Infrastruktur wurde in vielen Gemeinden stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch die Dürren gab es Ernteausfälle. Auch dem Wald im Westen geht es nach wie vor schlecht, aufgrund von Trockenheit und Schädlingen. Die Versicherer klagen über hohe Schäden durch Naturkatastrophen in Deutschland.

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Was droht uns in Zukunft durch den Klimawandel?

Das IPCC hält es für wahrscheinlich, dass wir das 1,5-Grad-Ziel nicht schaffen. Wenn sich die Durchschnittstemperatur stattdessen um maximal 2 Grad erhöht, geht der Weltklimarat aber davon aus, dass die Auswirkungen des Klimawandels zumindest beherrschbar bleiben. Auswirkungen könnten laut Forschenden sein:

Ernte-Einbußen und Wassermangel: Ernte-Einbußen beispielsweise könnten Lebensmittel-Preise weiter in die Höhe treiben. Unter anderem wird es weniger Tomaten, Kaffee und Fisch geben. Die Gründe: Wassermangel, zu wenig Abkühlung, Versauerung der Meere.

Migration: Das könnte auch zu einer verstärkten Migration führen. Menschen ziehen aus Regionen, in denen ihre Lebensgrundlage besonders beeinträchtigt wird, weg - in Regionen, in denen der Klimawandel nicht ganz so starke Auswirkungen hat.

Weitere Flutschäden: Der steigende Meeresspiegel könnte zu weiteren Flutschäden führen. Land und damit Wohnraum gehen verloren, Infrastruktur wird zerstört. Menschen verlieren ihre Häuser oder Betriebe. Auch Produktionsabläufe werden durch Klimaschäden unterbrochen. Touristische Regionen leiden, wie die Jahrhundertflut bereits im Ahrtal gezeigt hat.

Vermehrte Hitzetage: Unter vermehrten Hitzetagen leidet die Gesundheit. Besonders betroffen sind Vorerkrankte, Kleinkinder und Senioren. Aber auch Arbeitnehmende, die draußen tätig sind und sich nicht schützen können, sind stark von Hitze betroffen. Das wiederum beeinflusst auch die Produktivität: Es gibt mehr Krankheitstage, die Konzentration wird beeinflusst.

Wie teuer wird der Klimawandel eigentlich?

Dazu gibt es verschiedene Prognosen. Denn die Modelle und Definitionen sind oftmals sehr unterschiedlich. Laut der aktuellen Studie des Bundeswirtschaftministeriums (BMWK) könnten die Kosten in Deutschland bis 2050 mehr als 1.000 Mal höher sein als die für die Elbphilharmonie.

Die Kosten der Klimawandel-Folgen könnten bis 2050 bei bis zu 900 Milliarden Euro liegen. Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftministeriums

Was können wir mit Klimaschutz erreichen?

Die deutschen Klimaziele sehen vor, dass die Treibhausgasemissionen 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 verringert werden. Dafür müssten die Emissionen aber bald drastisch sinken.

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Laut der Denkfabrik Agora Energiewende müssten allein Bund, Länder und Kommunen 260 Milliarden Euro investieren – zum Beispiel in die Modernisierung von Gebäuden oder den ÖPNV. Hinzu kommen noch 200 Milliarden Euro, um Anreize zu setzen, damit private Investoren ihr Geld in Klimaschutz und Anpassung stecken.

Das klingt teuer. Forschende sind sich weitgehend einig, dass die Folgen des Klimawandels aber noch teurer würden. Sprich: Investitionen in Klimaschutz und Klimawandel-Anpassung, wie Dämme, rechnen sich. So sieht es auch die Denkfabrik CPI: Demnach ist der Nutzen der Maßnahmen dreimal höher als ihre Kosten.

Rechnen sich Investitionen in den Klimaschutz?

Davon sind auch Forschende des Instituts der deutschen Wirtschaft in einer Studie überzeugt. Klimaschonende Technologien seien zwar noch "deutlich kostenintensiver" als konventionelle. Damit sie billiger und wettbewerbsfähig werden, müsse aber nun umfangreich in sie investiert werden.

Wie das funktioniert, zeigt das Beispiel der Erneuerbaren: Lange Zeit waren fossile Brennstoffe billig, während grüner Strom teuer war. Mittlerweile sind die Erneuerbaren aber deutlich preiswerter geworden. Solarstrom beispielsweise ist laut Fraunhofer-Institut ISE in den meisten Regionen die günstigste Form der Energie.

Was kann der Einzelne tun?

Der Klimawandel ist eine große Aufgabe, welche die ganze Gesellschaft fordert. Es braucht vor allem wirksame Instrumente und politische Entscheidungen. Aber auch der Lebensstil jedes Einzelnen hat einen wertvollen Einfluss.

Lebensmittel: Butter und Rindfleisch gehören zu den klimaschädlichsten Nahrungsmitteln. Weniger Rindfleisch und Milch-Alternativen verursachen weniger Methan und CO2. Eine vegetarische Ernährung spart pro Person 300 bis 400 Kilogramm Emissionen im Jahr. Die Bilanz eines Fleisch-Essers ist laut Greenpeace um ein Drittel höher.

Übrigens: Laut Bundesernährungsministerium geht der Fleisch-Konsum bereits stetig zurück. 2021 waren es rund 55 Kilo im Jahr pro Kopf. Die Produktion von Fleischersatz-Produkten stieg in Deutschland von 2019 auf 2021 um über 60 Prozent. Das teilte das Statistische Bundesamt mit.

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Energie: Auch wenn die Politik die Weichen für die Energiewende stellt, können Verbraucher selbst etwas tun. Ein Beispiel: Laut Greenpeace kann ein Vier-Personen-Haushalt durch den Wechsel zu Ökostrom im Jahr rund eine Tonne CO2 einsparen. Das schont auf Dauer auch den Geldbeutel, denn grüne Energie-Alternativen werden billiger.

Verkehr: Das Auto stehen zu lassen, kann ebenfalls ordentlich Emissionen sparen. Laut Bundesumweltamt bedeutet das zum Beispiel, dass ein Berufspendler mit einem Arbeitsweg von fünf Kilometern mit dem Rad rund 300 Kilo CO2 einsparen kann. Ein solcher Arbeitsweg trifft auf rund 25 Prozent der Pendlerinnen und Pendler zu.

Hinzu kommt, dass der Flächenverbrauch des Rads geringer ist: Es müssen unter anderem weniger Flächen für Parkplätze versiegelt werden. Werden weniger Flächen versiegelt, kann mehr Regen im Boden versickern. Das schützt uns auch vor den Folgen von Starkregen.

Der Klimawandel und die Politik Planet Wissen 27.11.2023 03:52 Min. UT Verfügbar bis 16.11.2027 ARD-alpha