Ausschuss berät zu Flüchtlingen: Geld, Personal und Unterkünfte fehlen

Stand: 30.08.2023, 14:21 Uhr

Im NRW-Landtag berät der Integrationsausschuss am Mittwoch über die Pläne der Landesregierung, Städte mit Flüchtlingsunterkünften zu entlasten. Der Unmut in den Kommunen wächst.

Steigende Flüchtlingszahlen stellen Land und Kommunen auch in Nordrhein-Westfalen vor gewaltige Aufgaben. Geeignete Plätze für eine Unterbringung werden immer knapper, Städten und Gemeinden fehlen Geld sowie Personal und in der Bevölkerung schwindet die Akzeptanz.

Das zeigt auch ein aktuelles Beispiel aus Bocholt. Dort wehren sich Bürger gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft. Eine Bürgerinitiative hat in den vergangenen Wochen rund 3.800 Unterschriften gesammelt. Es könnte zu einem Bürgerentscheid kommen.

Städte und Gemeinden überfordert?

Die Landesregierung will Städte und Kommunen entlasten - wie genau, darüber berät der Integrationsausschuss des NRW-Landtags am Mittwoch. In einer hitzigen Landtagsdebatte in der vergangenen Woche hatten die Oppositionsparteien SPD, FDP und AfD vor einer Überforderung der Städte und Gemeinden gewarnt.

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hatte einen Sechs-Punkte-Plan zur Stärkung des Aufnahmesystems vorgestellt. Unter anderem sollen Anwohner künftig früher in Planungen eingebunden, Kommunikation und Konfliktmanagement verbessert und die Bezirksregierungen stärker bei der Akquise von Flächen und Gebäuden unterstützt werden.

Paul: "Stehen vor großen Herausforderungen"

Die Ministerin räumte gegenüber dem WDR ein, dass die Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten "vor großen Herausforderungen" stehen. Aber nur über eine Kooperation mit den Kommunen sei es möglich, dafür zu sorgen, dass die Landeskapazitäten weiter ausgebaut werden könnten, sagte Paul.

Darüber hinaus erklärte sie, "dass wir auch noch mehr Zivilgesellschaft und Ehrenamt einbinden wollen", um für die Einrichtungen in den jeweiligen Quartieren eine bessere Akzeptanz erreichen.

Kevelaer: Finanziell und personell "am Ende"

Dominik Pichler, Bürgermeister von Kevelaer | Bildquelle: WDR

In Kevelaer blickt man derweil besorgt auf den kommenden Herbst und Winter. "Wir sind nicht nur personell und finanziell, sondern auch infrastrukturell am Ende. Wenn uns weiter Flüchtlinge zugewiesen werden, müssen wir spätestens in den Herbstferien die zweite Turnhalle belegen - wir haben keine andere Möglichkeit", sagte Bürgermeister Dominik Pichler (SPD) dem WDR.

"Wenn wir auf den Winter zulaufen, müssten wir uns ernsthaft Gedanken über eine Zeltstadt machen." Bürgermeister Dominik Pichler (SPD)

Neben finanzieller und personeller Unterstützung fordert Pichler den "lange versprochenen Ausbau der Landeseinrichtungen".

Nach Zahlen des Flüchtlingsministeriums betreibt das Land für die Unterbringung von Geflüchteten aktuell fünf Erstaufnahmeeinrichtungen, 27 zentrale Unterbringungseinrichtungen und 13 Notunterkünfte - mit insgesamt 30.360 Plätzen.

Auch Radevormwald stößt an Grenzen

Bürgermeister von Radevormwald, Johannes Mans | Bildquelle: WDR/privat

Auch Radevormwald stößt offenbar an seine Grenzen. "Wir haben in Radevormwald dazu aufgerufen, um auch freie Wohnungen mit nutzen zu können - diese Möglichkeiten gibt es weitestgehend nicht mehr. Also müssen wir über andere Unterbringungsmöglichkeiten nachdenken - das stellt für eine Kleinstadt mit 22.000 Einwohnern eine Besonderheit dar", sagte Bürgermeister Johannes Mans (parteilos) dem WDR.

Langsam gingen den Menschen, die überwiegend ehrenamtlich helfen, die Kräfte aus in der Versorgung. Zudem sei es problematisch für das Sozialgefüge der Stadt, wenn man etwa Sporthallen für eine Unterbringung sperren müsste. "Man muss entsprechende Verteilmodalitäten entwickeln und auch die Bürgermeister vor Ort mit entscheiden lassen, was noch geht und was nicht."

"Nach dem Gießkannenprinzip die Kommunen aufzufüllen, halte ich für unverantwortlich." Bürgermeister Johannes Mans (parteilos)