Wenn jetzt die Schneeglöckchen und Krokusse langsam wieder sprießen, schlüpfen bald auch die Mauerbienen. Wer so eine Biene in ihrem rostroten Pelz sehe, der sehe eine Königin, erklärt der Wissenschaftsjournalist und Bienenexperte Joachim Budde im WDR-Gespräch.
19.000 Hobby-Imker in NRW
Damit hat die Mauerbiene bei der Nahrungssuche gegenüber der Honigbiene einen kleinen Vorteil, weil die Imker ihre Schützlinge derzeit nur bei der Winterruhe beobachten können. "Die Honigproduktion wird so ab 15 Grad wieder aufgenommen", erklärt Imkermeister Lars Meyke von der Landwirtschaftskammer NRW.
Den kleinen Vorsprung können Wildbienen wie die Mauerbiene gut gebrauchen, weil die Konkurrenz durch Honigbienen in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. Mittlerweile gibt es in Nordrhein-Westfalen rund 19.000 Imker, die sich durchschnittlich um sieben bis acht Bienenvölker kümmern. "Wir haben in den letzten zehn Jahren fast eine Verdoppelung der Imker-Zahlen oder Imker-Zahlen in Nordrhein-Westfalen gesehen", so Marika Harz von der Landwirtschaftskammer NRW.
Dieses Kümmern verschafft den Bienen einen großen Vorteil: "Honigbienen gehts ziemlich gut", so Budde. Sie werden von den fürsorglichen Imkern zu Futterquellen transportiert, gegebenenfalls wird noch zugefüttert und gegen Krankheiten behandelt. Eine Art Rundum-Sorglos-Paket, von dem die Mauerbiene und andere Wildbienen nur träumen können.
Honigbiene ist das Nutztier unter den Insekten
Zumal die Königinnen der Wildbienen erstmal auf sich allein gestellt sind und nicht auf 50.000 Arbeiterinnen zurückgreifen können, die für sie machen und tun: "Wenn von denen eine stirbt, dann legt die Königin im Stock ein neues Ei und die Sache ist erledigt. Wenn eine Mauerbiene stirbt, dann bedeutet das, im nächsten Jahr gibt es weniger Mauerbienen", so Budde.
"Honigbienen sind die Nutztiere unter den Insekten", erklärt der Experte. Wie viele Völker es gäbe, hänge in erster Linie von der Zahl der Imker ab. Viele hätten angefangen mit der Imkerei, weil sie denken, etwas gegen das Bienensterben und damit auch etwas Gutes für das Klima zu tun, wenn sie Honigbienen halten.
Ein Hektar Stadtfläche ernährt siebeneinhalb Bienenvölker
Ein Nebeneinander von Honigbienen, auf die man als Bestäuber in der Landwirtschaft ohnehin nicht verzichten kann, und Wildbienen ist allerdings nicht per se negativ. Eine Studie aus den USA, wo Wissenschaftler beobachtet hätten, dass Honigbienen besser bestäuben, wenn auch Wildbienen anwesend sind, bestätige dies, so Budde.
Auf der anderen Seite hätten Schweizer Forscher eine große Konkurrenz in Städten festgestellt. Laut Experten biete etwa ein Hektar Stadtfläche Nahrung für siebeneinhalb Honigbienenvölker. Dieser Wert werde in vielen Städten überschritten, worunter die Wildbienen zu leiden hätten. Denn die großen Honigbienen-Völker sammeln deutlich effizienter Nahrung.
Honigbienen als Nahrungskonkurrenten
Insgesamt gäbe es mehr als 550 Wildbienenarten in Deutschland, von denen knapp die Hälfte auf der Roten Liste als bestandsgefährdet stehe oder sogar schon ausgestorben sei. Sie alle hätten "eigene Bedürfnisse", seien teilweise auf bestimmte Blüten oder Pflanzengruppen spezialisiert. Wenn eine dieser Arten sich ein Gebiet mit Honigbienen teile und diese ihre Blumen leertrinke, "dann finden diese Wildbienen keine Nahrung mehr", so Budde.
Um als Hobby-Imker nicht zur bedrohlichen Konkurrenz für die Wildbiene zu werden, hilft letztlich nur Fachwissen. Sich das anzueignen, legt Imkermeister Meyke jedem nahe, der erwägt, sich ein Bienenvolk zuzulegen: "Es ist schon einiges zu lernen." Imkern so nebenbei klappe meistens nicht. Das sei mit Arbeit verbunden.
Tatsächlich seien die Imker in Deutschland laut Marika Harz von der Landwirtschaftskammer NRW zum überwiegenden Teil Freizeitimker, auch in Nordrhein Westfalen. "Die großen Honigimporteure kommen aus Übersee", so Harz. "Den Honig, den wir hier in Deutschland konsumieren, können wir nur zu 20 Prozent decken." Der Rest werde importiert.
Wildbienen mögen Wildblumenwiesen, Heil- und Gewürzkräuter
Wer gar nicht so sehr an der Produktion des eigenen Honigs interessiert ist und in erster Linie etwas gegen das Bienensterben tun möchte, der bekommt beispielsweise beim BUND Tipps, wie er der Wildbiene helfen kann. Um seinen Garten oder Balkon für sie zu einem beliebten Landeplatz zu machen, kann man mit dem richtigen Nahrungsangebot und Nisthilfen punkten.
Eine Wildblumenwiese sei für viele Wildbienenarten ein überzeugendes Argument. Habe man dafür keinen Platz, könne man auf kleinen Flächen und in Blumenkästen auf Heil- und Gewürzkräuter wie Salbei, Zitronen-Thymian oder Bohnenkraut ausweichen. Vor allem aber sollte man laut BUND auf Pestizide und torfhaltige Blumenerde verzichten: "Pestizide töten Wildbienen und viele andere Insekten und beim Torfabbau werden ökologisch wertvolle Lebensräume zerstört."
Wer sich für Bienen und Honig interessiert, kann sich am Wochenende beim "Apisticus Tag" der Landwirtschaftskammer in Münster umfassend informieren. In der Halle Münsterland findet dort eine der größten Imker-Messen in Deutschland statt.
Über dieses Thema berichtet am Samstag WDR 5 im Morgenecho ab 7.04 Uhr.