Thomas Melchior: Ein Augenzeuge erzählt | WDR Aktuell Aktuelle Stunde 21.12.2024 29:33 Min. UT Verfügbar bis 21.12.2025 WDR Von Oliver Schöndube

Psychologe: "Man muss nach Magdeburg etwas für die innere Entlastung tun"

Stand: 21.12.2024, 20:31 Uhr

Die Bilder von der Gewalttat in Magdeburg machen fassungslos. Ein Experte gibt Tipps, wie man das Gesehene verarbeiten kann.

Von Sabine Meuter

In wenigen Tagen ist Heiligabend - und viele von uns sind in weihnachtlicher Stimmung. Doch dann der Schock: Die grausamen Bilder der Gewalttat auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg wühlen auf und machen zutiefst betroffen.

"Viele fühlen sich so hilflos in einer solchen Situation", sagt der Kölner Psychologe Werner Hübner dem WDR. Man sehe die Bilder, quasi wie ein Zuschauer, sei eigentlich außen vor in dem Geschehen und müsse aber trotzdem das Gesehene verarbeiten. Die unmittelbare Folge davon könnten Sprachlosigkeit, aber auch eine Art Lähmung sein.

Psychologe Werner Hübner | Bildquelle: Markus Hintzen

"Um sich daraus zu befreien, muss man etwas für die eigene innerliche Entlastung tun", erläutert Hübner. Eine Option könne hierbei sein, sich selbst zu fragen, wer Schuld an dem Geschehen haben könnte. Dabei gehe es nicht ausschließlich um den Täter, sondern auch um äußere Umstände. Eine Suche nach möglichen Schuldigen könne die eigene Psyche enorm entlasten.

Was hilft, um die schrecklichen Bilder zu verarbeiten

  • Erinnerungen abrufen: Der Krieg in der Ukraine, der Nahost-Konflikt - auch in der Vergangenheit gab es immer wieder grausame Bilder von aufwühlenden Ereignissen oder Konflikten. Man sollte sich fragen, was einem in früheren Zeiten geholfen hat, bestimmte Bilder und Eindrücke psychisch zu verarbeiten. Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. So kann es beispielsweise hilfreich sein, das Gesehene aufzuschreiben und dann wegzuschließen.
  • Mit anderen reden: Oft ist es hilfreich, mit anderen über das Gesehene zu sprechen. Das kann der Partner oder die Partnerin oder auch ein Nachbar oder eine gute Freundin sein. "Wichtig ist, dass die Gesprächspartner nicht nur gemeinsam in den Chor des Jammerns einfallen, wie grausam die Bilder sind, sondern die Gedanken im Gespräch quasi weiter spinnen", sagt Hübner. Etwa zu besprechen, was anders werden muss, damit so etwas nicht ein weiteres Mal passiert.
  • In Distanz treten: Man müsse sich klarmachen, dass man selbst nichts dazu beitragen kann, das Geschehen zu ändern. Insofern ergibt es aus Sicht von Hübner Sinn, zu den Bildern bewusst in Distanz zu treten. Aber es sei auch sinnvoll, im Geschehen zu bleiben, also sich etwa über den Stand der Ermittlungen in den Medien zu informieren. Und sich selbst zu sagen: Ich kümmere mich um das Ereignis. "Das Kümmern könnte so aussehen, dass man für die Opfer und ihre Hinterbliebenen spendet", sagt Hübner.

Im Zweifelsfall professionelle Hilfe suchen

Wer mit der Selbstbehandlung nicht klarkommt und die grausamen Bilder im Kopf nicht los wird, kann auch einen Psychologen oder eine Psychologin kontaktieren. Bis ein Termin vereinbart ist, können womöglich auch Expertinnen und Experten unter dieser Telefonnummer helfen:

  • Telefonseelsorge (Tag und Nacht erreichbar, ihr bleibt anonym:0800 1110111 / 0800 1110222

oder 116 123.

Über die Gewalttat von Magdeburg berichten wir im WDR am 21.12.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18:45 Uhr.