Der finanziell angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt 16 seiner 92 Filialen. Das gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus bekannt. In NRW werden drei der 17 Galeria Karstadt Kaufhof Filialen geschlossen. Es sind die Filialen in Köln auf der Breite Straße, in Essen im Einkaufszentrum Limbecker Platz und der Kaufhof in der Weseler Innenstadt. Bis zum 31. August 2024 sollen diese nach WDR-Informationen geschlossen werden.
Außerdem soll die Firmenzentrale in Essen nach Düsseldorf umziehen in die Filiale Schadowstraße. Geschlossen werden auch unter anderem Filialen in Berlin, Augsburg, Mannheim, Oldenburg, Potsdam, und Trier.
1.400 Menschen verlieren ihren Job
Von den etwa 12.800 Menschen, die das Unternehmen beschäftigt, sollen 11.400 ihren Job behalten. 1.400 werden gehen müssen. "Wir haben für den Erhalt jeder einzelnen Filiale hart verhandelt. Nicht nur im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch im Hinblick auf lebendige Innenstädte", sagt Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus.
Für Beschäftigten, die ihren Job verlieren, soll es einen Sozialplan geben. Sie werden für acht Monate in einer Transfergesellschaft beschäftigt, um sich von dort aus auf andere Arbeitsplätze bewerben zu können. Nach Angaben von Galeria wurden mit dem Gesamtbetriebsrat am Freitag Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen.
Bei den Mitarbeitern in Köln sorgt die Schließung für Enttäuschung. "Wir sind alle schockiert", sagt eine Mitarbeiterin von Galeria Karstadt dem WDR. Sie will namentlich nicht genannt werden, argumentiert aber, dass das Haus in Köln gut funktioniere und auch viele Kunden aus der Umgebung angelockt würden. "Ich weiß nicht, was sie sich dabei gedacht haben", sagt die Mitarbeiterin.
Verdi: Belegschaft hatte "mitinvestiert"
"Eine schlechte Nachricht, nicht nur für die Belegschaft, sondern auch für Kunden und Kommunen", sagte Corinna Groß, Bundesfachgruppenleiterin Einzelhandel bei der Gewerkschaft Verdi, dem WDR am Samstag. "Es ist wieder ein Mietpokerspiel auf Kosten der Belegschaft."
Denn hinzu komme, dass die Galeria-Mitarbeiter bereits jetzt 15 Prozent weniger Gehalt als dem Flächentraifvertrag entsprechend erhielten. Die Belegschaft habe in den vergangenen Jahren "mitinvestiert", damit Galeria Karstadt Kaufhof überlebe. Das Vertrauen in den Konzern bröckele aber mittlerweile. Bisher sei kein Zukunftskonzept aufgestellt worden. "Die Chancen, die man durch eine Insolvenz hat, wurden nicht genutzt."
"Jobaussichten für Einzelhandelsverkäufer nicht schlecht"
Nach Einschätzung des Online-Stellenportals Indeed sind die Jobaussichten für gekündigte Galeria-Beschäftigte nicht schlecht: "Die betroffenen Angestellten aus dem Einzelhandel dürften voraussichtlich schnell einen neuen Job finden", sagte die Arbeitsmarktexpertin Annina Hering von Indeed, die Nachfrage nach Arbeitnehmern aus dieser Berufsgruppe sei aktuell "vergleichsweise hoch". Auf die rund 450 Mitarbeiter, die ihren Job in der Konzernzentrale verlieren, werde allerdings eine schwierigere Jobsuche zukommen: Der Markt für Bürojobs sei zuletzt zurückgegangen.
Politik will sich stark machen
In Essen hofft Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) auf eine Einigung mit den Vermietern des Einkaufzentrums Limbecker Platz in letzter Minute. "Wir geben im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Hoffnung nicht auf, dass es noch zu einer Einigung der Vertragspartner kommt und die Schließung abgewendet werden kann." Allerdings sei anzuerkennen, dass die Vermieter dem Unternehmen Galeria Karstadt Kaufhof in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Zugeständnisse gemacht hätten.
Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (SPD) geht ebenfalls davon aus, dass nicht alle Türen für Nachverhandlungen zugeschlagen sind. Der Kaufhof in Wesel befinde sich in bester Lage innerhalb der vor Jahren neu gestalteten Fußgängerzone, die gut besucht sei. Die beabsichtigte Schließung der Weseler Filiale bezeichnete die Bürgermeisterin als schweren Schlag für die Innenstadt und den Einzelhandelsstandort.
Kölns Oberbürgermeisterin wenig kämpferisch
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) scheint sich mit der Nachricht, dass eine der beiden Filialen in der Kölner Innenstadt geschlossen werden soll, schon abgefunden zu haben. "Es ist das Mindeste, nun so schnell wie möglich faire und auskömmliche Lösungen zur Abfindung der Mitarbeitenden zu finden", sagte sie am Samstag laut DPA.
Dem WDR gegenüber kritisierte Reker das Geschäftsmodell unter Immobilien-Investor René Benko: Es sei "nicht in Ordnung, dass man sich wertvolle Immobilien in der Innenstadt aus einem Insolvenzverfahren besorgt und die dann kostspielig vermietet". Die Schließung des Hauses auf der Breite Straße sein ein "Rückschlag", sagte das Oberhaupt der Millionenstadt. Sie könne jetzt "nur hoffen, dass sich die Nachbarschaften da stabilisieren und dass man aus dem Gebäude was macht, was zur Stadt und auch zur Straße passt".
Ministerin Scharrenbach fordert neues Konzept
NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) sprach am Samstag von einem schmerzlichen Tag für "die Galeria-Familie". Dass die Vermieter an den NRW-Standorten die Mieten nochmals senken würden, bezweifelt die Ministerin: "Ob es da - gerade nach zwei Insolvenzrunden - noch eine Bereitschaft gibt, muss den nächsten Wochen überlassen bleiben", sagte Scharrenbach der Deutschen Presseagentur.
Alle anderen Standorte müssten jetzt an einem Zukunftskonzept arbeiten, bei dem "sinnvollerweise die Erfahrungen der Beschäftigten eingebunden werden". Es sei jetzt die Zeit, "die ausgetretenen Pfade der Galeria-Vorbesitzer zu verlassen".
Modernisierung soll Umsatz ankurbeln
Die Geschäftsleitung von Galeria Karstadt Kaufhof kündigt an, die verbleibenden Standorten zu modernisieren. Zehn Filialen wurden bereits umgebaut, dort habe sich das Geschäft seitdem verbessert. "Wir werden alles tun, um unser Geschäft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dazu sehen wir nicht zuletzt durch unsere Umsatzentwicklung im laufenden Geschäftsjahr gute Voraussetzungen", sagt Galeria-Chef Olivier Van den Bossche. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen soll ausgebaut werden.
Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Als Grund für die schwierige Lage nannte Van den Bossche damals unter anderem die Insolvenzen der Signa-Gruppe des bisherigen Eigentümers René Benko.
Insolvenzplan bis Ende April
Seit Anfang April ist bekannt, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und der Gesellschaft BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz die Kaufhauskette übernehmen will. Die zwischen Investoren und Galeria geschlossene Vereinbarung kommt jedoch nur zustande, wenn die Gläubiger zustimmen.
Insolvenzverwalter Denkhaus will bis Ende April den Insolvenzplan für den Eigentümerwechsel vorlegen. Rechtskräftig ist der Plan erst, wenn die Gläubigerversammlung ihn am 28. Mai annimmt und dieser anschließend vom Gericht erneut bestätigt wird. Bis Ende Juli will Denkhaus das Unternehmen an die neuen Eigner übergeben.
Mehr Informationen am Vormittag
Nach Gewerkschaftsangaben sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von einer Schließung betroffen sind, auf Betriebsversammlungen informiert werden. An der Filiale an der Breite Straße in Köln gibt es deshalb heute Aushänge: Die Türen bleiben geschlossen.
Unsere Quellen:
- WDR Interview mit Verdi-Sprecherin
- Nachrichtenagentur DPA
- Mitteilung von Galeria Karstadt Kaufhof
- WDR-Reporter