Besuch beim Facharzt: Was tun gegen lange Wartezeiten?
Stand: 19.06.2023, 06:00 Uhr
Wochenlang auf einen Termin beim Facharzt zu warten ist längst Normalität. Häufig kann es aber auch Monate dauern, bis man den Spezialisten zu Gesicht bekommt. Das sollte doch eigentlich längst schneller gehen. Wir haben Experten-Tipps zusammengestellt.
Wer nicht privat versichert ist, muss oft sehr viel Geduld für einen Termin beim Facharzt aufbringen. "Kassenpatienten werden nach wie vor häufig vertröstet. Zum Teil beträgt die Wartezeit 30 Tage und mehr", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch bereits im Mai der Rheinischen Post.
Seit dem Wegfall der Neupatientenregelung Anfang des Jahres habe sich die Lage erneut verschärft. Nur bei Privatpatienten gehe es schneller. Was also tun?
Servicehotlines der Krankenkassen können helfen
Schneller geht es unter Umständen bei den Servicehotlines der gesetzlichen Krankenkassen. Die können Versicherte kostenlos nutzen. Im vergangenen Jahr hatte zum Beispiel die Techniker Krankenkasse bundesweit mehr als 130.000 Anfragen.
Termine können oft in drei bis vier Wochen vermittelt werden, berichtet der zuständige Leiter Tilman Schaknat. Ein Grund: "Wir müssen uns nicht auf die Suche begeben. Wir wissen genau, wo lohnt denn ein Anruf, auch in den unterschiedlichen Regionen."
Mitarbeiter mit medizinischer Vorbildung helfen, den richtigen Arzt zu finden. Aber wie erfolgreich die Vermittlung ist, hängt nicht unbedingt vom Wohnort ab - ob man auf dem Land oder in der Stadt wohnt - sondern von der Flexibilität, weiß Schaknat. Und das heißt für einen Besuch beim Radiologen oder Neurologen auch mal lange Fahrten von 30 oder 40 Kilometern in Kauf zu nehmen.
Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung
Terminservice unter 116 117
Neben den Krankenkassen bieten auch die Kassenärztlichen Vereinigungen einen Terminservice an - unter der einheitlichen Telefonnummer 116 117. In der Region Westfalen Lippe konnten so im vergangenen Jahr gut 80.000 Arztbesuche vermittelt werden, in der Region Nordrhein rund 95.000.
Der Patientenservice 116 117 vermittelt keine Wunschtermine bei einem bestimmten Arzt oder Psychotherapeuten. Darauf weist die Verbraucherzentrale hin. In Akutfällen werden Patienten während der Sprechstundenzeiten an Arztpraxen, Notfallambulanzen oder Krankenhäuser vermittelt.
Suche auch über App oder Homepage möglich
Statt auf die Hotline zu setzen, kann man aber auch auf der Homepage oder in der App des Patientenservice 116 117 nach Terminen suchen. Das gehe schneller und besser, findet Marcel Weigand, Leiter für digitale Transformation bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland.
Und Weigand hat im WDR-Interview noch einen weiteren Tipp: Krankenkassen bieten zum Teil neben der Terminvermittlung auch Telefon-Hotlines oder Videosprechstunden an, bei denen man bereits mit einem Arzt ins Gespräch kommen kann. Weigand verweist zudem auf private Anbieter wie "Doctolib" oder "samedi".
Anspruch auf Vermittlung innerhalb von vier Wochen?
Gesetzlich krankenversicherte Patienten haben laut Verbraucherschützern einen Anspruch auf die Vermittlung von Terminen zu Fachärzten in dringenden Fällen innerhalb von vier Wochen. Voraussetzung ist, dass es eine ärztliche Überweisung mit Dringlichkeitscode vom Hausarzt gibt.
Welche Ärzte sind besonders gefragt?
Besonders gefragt sind die Internisten, vor allem die Gastroenterologen, die Radiologen und die Kardiologen – auch für den psychotherapeutischen Bereich ist die Nachfrage groß. Allerdings können die Service-Hotlines nur freie Plätze weitergeben, die auch von Ärzten angeboten werden. Neue schaffen, können sie nicht.
Vor dem Warten im Wartezimmer kommt meist das Warten auf den Facharzt-Termin.
In Ausnahmefällen kann auch der Hausarzt oder die Hausärztin selbst einen Termin vermitteln. Aber für manche Facharztbesuche und die Vermittlung durch die kassenärztliche Servicestelle benötigen gesetzlich Versicherte einen Überweisungsschein.
Wenn dann der Arzt auch noch die Dringlichkeit bescheinigt, sollten Patienten innerhalb von vier Wochen einen Termin bekommen. Aber das klappt nicht immer, sagt Sabine Wolter, von der Verbraucherzentrale NRW.
Termine gegen Bezahlung?
Viele Praxen bieten Termine für Selbstzahler an. Nach dem Motto: Wer Geld hat, wird sofort behandelt. Wer gesetzlich versichert ist, sollte nicht versuchen, als Selbstzahler schneller dran zu kommen - in der Hoffnung, als Privatpatient besser behandelt zu werden, rät Sabine Wolter. "Das kann jetzt nicht der Weg sein, dass man als gesetzlich Versicherter gegen Entgelt einen schnelleren Arzttermin bekommt."
Ruf nach Hausbesuchen
Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz
Die Deutschen Stiftung Patientenschutz forderte unlängst, dass die Terminservicestellen künftig auch Hausbesuche bei Kassenpatienten vermitteln. Pflegebedürftige, schwerstkranke und nicht mobile Menschen drohten sonst weiter abgehängt zu werden. "Es ist aber nicht vorgesehen, dass für diese Patientengruppen gezielt auch Hausbesuche über die Terminservicestellen vermittelt werden können. Das muss jetzt kommen", forderte der oberste Patientenschützer Eugen Brysch.