Erzeugerpreise sind gesunken: Ist das im Geldbeutel spürbar?

Stand: 21.11.2022, 19:59 Uhr

Deutsche Unternehmen zahlen erstmals wieder weniger im Einkauf. Die sogenannten Erzeugerpreise sind im Oktober im Vergleich zum Vormonat gesunken.

Zum ersten Mal seit Mai 2020 gingen die Erzeugerpreise im Vergleich zum Vormonat zurück - und zwar um 4,2 Prozent. Grund für diese Entwicklung sind die Energiepreise, die nach heftigem Anstieg im Vergleich zum Vormonat um 10,4 Prozent nachgegeben haben.

Ein Funke Hoffnung

WDR-Wirtschaftsexperte Wolfgang Landmesser spricht von "einem Hoffnungssignal" für die deutsche Wirtschaft. Kaum einer habe damit gerechnet, dass die Preise so schnell und so stark sinken. Allerdings seien die Erzeugerpreise im Jahresvergleich mit 34,5 Prozent immer noch deutlich höher, betont Landmesser.

Auch andere Wirtschafts-Experten in Deutschland zeigten sich überrascht vom Ausmaß der Abschwächung: "Ein spektakulärer Preisrückgang nach all den Monaten mit deutlichen Preisanstiegen", kommentierte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg die Entwicklung im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur. "Vielleicht das erste Signal eines gewissen, konjunkturbedingten Nachlassens des Preisdrucks."

Energiepreise sinken

Auch Ökonom Ralph Solveen von der Commerzbank sprach im dpa-Interview von einem "Hoffnungszeichen". Allerdings sei der rückläufige Preisauftrieb zum überwiegenden Teil auf die Energiepreise zurückzuführen. Diesen Punkt betont auch WDR-Journalist Wolfgang Landmesser.

"Die Energiepreise sinken zwar, aber ausgehend von einem Rekordniveau." Wolfgang Landmesser, WDR-Wirtschaftsredaktion
WDR-Wirtschaftsexperte Wolfgang Landmesser | Bildquelle: WDR / Herby Sachs

Er fügt hinzu, dass nicht damit zu rechnen sei, dass wir wieder Strom- und Gaspreise auf dem Niveau von vor Beginn des Ukraine-Krieges haben werden. "Weil einfach das Erdgas und Erdöl aus Russland fehlt und andere Bezugsquellen teurer sind - zum Beispiel Flüssiggas."

"Die große Unbekannte"

Die Energiepreise nennt auch Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln "die große Unbekannte". Es sei zu befürchten, dass viele Unternehmen noch laufende Verträge haben, so der wissenschaftliche Leiter des privaten Wirtschaftsforschungsinstituts im Gespräch mit dem WDR.

"Wir sind weit weg von einer normalen Preisentwicklung." Prof. Dr. Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft (Köln)

Seiner Einschätzung nach sei es "noch zu früh für die Verbraucherpreise Entwarnung zu geben". Es sei zwar durchaus möglich, dass es sich derzeit um den Höhepunkt der Inflation handele - aber unabhägig von der Entwicklung der Erzeugerpreise, meint Bardt.

Kommen diese Erzeugerpreise beim Verbaucher an?

Die Erzeugerpeise kämen "nur mit Verzögerung" bei Verbraucherinnen und Verbrauchern an, sagt WDR-Wirtschaftsredakteur Wolfgang Landmesser. Bis sich die gesunkenen Energiepreise auf die Preise der Endprodukte auswirken, könne es Wochen und Monate dauern.

Diese Verzögerung komme zustande, weil die Erzeugerpreise über die ganze Produktionskette weitergereicht werden, erklärt Landmesser und hat folgendes Beispiel parat: "Das Bauteil einer Maschine ist teurer geworden, die Maschine insgesamt ist teurer. Und ganz am Schluss auch das Endprodukt, das mit der Maschine produziert wird."