Es war einmal eine Zeit, in der es mehr als zwei Millionen Wohnungen mit preisgebundener Miete in Deutschland gab. Gedacht für jene, die wenig Geld zum Leben und deshalb kaum Chancen auf eine auf dem Markt angebotene Wohnung haben.
Das war 2007, vor weniger als 20 Jahren. Heute gibt es in der Bundesrepublik nur noch eine Million solcher Wohnungen. Wie es Menschen ergeht, die aus einer solchen Wohnung verdrängt werden, zeigt eine aktuelle Reportage der ARD.
Jahr um Jahr wird das politische Vorhaben verfehlt, den Negativtrend bei Sozialwohnungen zu stoppen. Auch die Ampel-Regierung war angetreten mit dem Versprechen, jährlich 100.000 Wohnungen pro Jahr für einkommensschwache Haushalte zu bauen. Stattdessen wurden 2022 weniger als 25.000 Neubauten öffentlich gefördert, während der Bestand an Sozialwohnungen um 60.000 zurückging.
Im Vergleich mit den anderen Bundesländern steht Nordrhein-Westfalen verhältnismäßig gut da. Mehr als 40 Prozent aller Sozialwohnungen stehen hier. Auch gemessen an der Bevölkerungszahl ist NRW das Flächenland mit den meisten Sozialwohnungen. Nur die Stadtstaaten Berlin und Hamburg haben mehr.
Mehr als 400.000 Sozialwohungen gibt es aktuell in NRW, das sind 15 Prozent weniger als 2012. Im deutschlandweiten Vergleich fällt auf: In anderen Bundesländern ging ihre Zahl deutlich dramatischer zurück. Doch woran liegt das? Im Osten bauen einige Städte nach Ablauf der Postwende-Programme gerade erst eigene Wohnungsgesellschaften auf.
In NRW sind laut Landesbauministerin Ina Scharrenbach (CDU) rund 9 Milliarden Euro Fördergelder für Neubauten bis 2027 eingeplant. Die Nachfrage nach diesen Mitteln habe sich zuletzt mit dem Anstieg der Zinsen erhöht. Auch bei Modernisierungen gibt es Fördergelder, wenn Obergrenzen beim Mietpreis eingehalten werden. Und 67 Städte in NRW haben seit einem Jahr mehr Möglichkeiten, normale Wohnungen zu erwerben und in Sozialwohnungen umzuwandeln.
Unsere Recherchen zeigen jedoch: Auch in NRW kann der Bedarf an Sozialwohnungen bei Weitem nicht gedeckt werden. Gerade in den großen, aber auch mittelgroßen Städten des Rheinlands wird nur ein kleiner Teil der Menschen, die eigentlich ein Anrecht auf Hilfe bei der Wohnungssuche haben, mit einer Sozialwohnung versorgt.
92.000 Haushalte erhielten 2022 einen Wohnberechtigungsschein, mehr als 60.000 von ihnen gingen bei der Wohnungssuche leer aus. Bei Alleinstehenden liegt die Einkommensobergrenze für einen solchen Schein bei rund 33.000 Euro Brutto im Jahr, bei Paaren sind es etwa 45.000 Euro, mit einem Kind knapp 50.000 Euro.
In den größten Städten das Landes steigt die Anzahl der Wohnungssuchenden mit Berechtigungsschein seit Jahren. Köln oder Münster bräuchten über 40 Prozent zusätzliche Sozialwohnungen. In Köln wären das rund 17.000 Wohnungen, die fehlen.
Gleichzeitig steigen die Angebotsmieten auf dem freien Wohnungsmarkt immer stärker. 40 bis 56 Prozent waren es den Zahlen der Value-Marktdatenbank zufolge in den vergangenen zehn Jahren in den größten NRW-Städten. Der Durchschnitt in Köln, Düsseldorf, Münster und Bonn liegt mittlerweile bei über zwölf Euro pro Quadratmeter.
Obwohl auch die Mietobergrenzen der Sozialwohnungen alle paar Jahre entsprechend der Inflation angehoben werden, gerät eine private Wohnung für Menschen mit kleinem Einkommen zunehmend außer Reichweite.
Das musste auch die Familie Weiser aus Köln erfahren, deren Vermieter nach Ablauf der Sozialbindung ihre bisherige Vier-Zimmer-Wohnung in der Kölner Südstadt mit der Begründung Eigenbedarf kündigte.
Eine Wohnung in vergleichbarer Größe in der Umgebung zu bekommen, scheiterte bisher auch an den großen Preisunterschieden: Die Familie müsste rund 60 Prozent mehr Miete als bisher für eine ähnlich große Wohnung bezahlen, Nebenkosten noch nicht eingerechnet.