GDL-Chef Claus Weselsky: Ein Einheizer tritt ab

Von Katja Goebel

Für die einen war er der Lokführer der Herzen, für andere der Buhmann der Nation. Mit Claus Weselsky geht Deutschland bekanntester Gewerkschafter in Ruhestand. Rückblick auf eine Fast-One-Man-Show.

Claus Weselsky im Vordergrund, im Hintergrund Logo der GDL

Er konnte das Land lahmlegen: An der Spitze der Gewerkschaft der Lokomotivführer hat der gebürtige Dresdener Claus Weselsky immer wieder mit dafür gesorgt, dass die Züge in der Republik still standen. Dafür wurde er gefeiert und verflucht.

Er konnte das Land lahmlegen: An der Spitze der Gewerkschaft der Lokomotivführer hat der gebürtige Dresdener Claus Weselsky immer wieder mit dafür gesorgt, dass die Züge in der Republik still standen. Dafür wurde er gefeiert und verflucht.

"Wenn wir nicht streiken, fährt die Eisenbahn auch nicht pünktlich" - Deutschlands bekanntester Gewerkschafter war sich seiner Sache immer ganz sicher. Seine Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) führte er stets in lange und heftige Tarifauseinandersetzungen mit der Deutschen Bahn.

Die kleine Gewerkschaft mit knapp 40.000 Mitgliedern kam durch Weselsky ganz groß raus. "Konfliktfreudig" nennt sie Tarifexperte Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft gegenüber dem WDR. Durch einen gewissen Krawall wolle die GDL auch mehr Mitglieder mobilisieren. "Man musste irgendwas machen, was die Konkurrenzgewerkschaft nicht macht."

Viele trieb Weselsky mit seiner harten Verhandlungstaktik allerdings an den Rand der mobilen Verzweiflung. Dann nämlich, wenn Pendler vergeblich am Bahnsteig standen, ihr bestreikter Zug nicht fuhr und sie sich Alternativen zur Bahn suchen mussten. Die Autovermietung Sixt inszenierte ihn auf einem Plakat schon mal zur unfreiwilligen Werbeikone und machte ihn darauf zum "Mitarbeiter des Monats".

Allein im Januar 2024 gab es im Personenverkehr der Deutschen Bahn bei Tarifauseinandersetzungen mit der GDL 184 Streikstunden. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft schätzte den volkswirtschaftlichen Schaden mit allen Effekten zusammengenommen auf 100 Millionen Euro pro Streiktag.

Den streitbaren Gewerkschafter kennt fast jeder im Land, auch weil er sich gerne kernig und laut gab. Drastische Worte fand er vor allem gegen den Bahnvorstand. "Nieten in Nadelstreifen" oder "Vollpfosten" nannte er die Bahnverantwortlichen zum Beispiel auf einer Kundgebung 2023. Viele warfen ihm im Gegenzug eine Blockadehaltung vor.

Einstecken musste der Mann aber auch - vor allem in den sogenannten sozialen Medien schimpfen und hetzten viele gegen den Verhandlungsführer, der selbst lange Lokführer war. Das ging so weit, dass Weselsky sogar mal Polizeischutz für seine Familie beantragen musste.

"Einheizer aus Sachsen", "Schrecken aller Bahnchefs", "Rambo-Gewerkschafter", "Claus Qüalselky" - sein Engagement für den Arbeitsschutz brachte Weselsky viele Namen ein. Und die Bahnreisenden? Zeigten manchmal auch Verständnis. "Man ärgert sich privat aber grundsätzlich kann man es verstehen", so ein streikgeplagter Pendler gegenüber dem WDR.

Am Mittwoch, 4. September 2024, ist der letzte Arbeitstag von Weselsky. Er verabschiedet sich nach 16 Jahren in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Mario Reiß. Ganz still wird es um Weselsky aber wohl nicht. "Ich werde mich in jedem Fall weiter zur Deutschen Bahn und dem Versagen des Vorstands äußern", kündigte er jüngst in einem Tagesspiegel-Interview an.

Stand: 04.09.2024, 12:52 Uhr