Der Bundestag hat heute final darüber entschieden, ob Volljährige in Deutschland bald legal Cannabis besitzen und konsumieren dürfen. Mit 407 Ja-Stimmen zu 226 Nein-Stimmen wurde das Cannabis-Gesetz der Ampel erfolgreich verabschiedet. Geplant ist etwa, dass man in den eigenen vier Wänden bis zu 50 Gramm lagern darf. Im öffentlichen Raum ist es demnach erlaubt, bis zu 25 Gramm bei sich zu führen. Dazu kommt die Legalisierung des privaten Anbaus in bestimmten Grenzen.
Gesetz könnte schon ab April teilweise gelten
Das Gesetz kommt voraussichtlich am 22. März noch in den Bundesrat, der zwar nicht zustimmen muss, die Umsetzung aber verzögern könnte, sollte er den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen. Passiert das nicht, soll das Gesetz schrittweise ab dem 1. April in Kraft treten.
Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Parlament erneut für die Unterstützung zur Cannabis-Legalisierung geworben: "Der Schwarzmarkt ist der Kern des Übels", so Lauterbach. Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle mit dem Gesetz zur kontrollierten Freigabe ein legales Angebot geschaffen werden.
Kritik aus NRW an der Teil-Legalisierung
Obwohl das Gesetz von der Ampel-Regierung auf den Weg gebracht wurde, heißt das nicht, dass die Grünen in der NRW-Regierung davon begeistert sind. Justizminister Benjamin Limbach kritisiert vor allem den engen Zeitplan, sollte das Gesetz wie geplant ab dem 1. April in Kraft treten. "Die verbleibende Zeit von nur fünf Wochen reicht nicht annähernd aus, damit die Staatsanwaltschaften und Gerichte in Nordrhein-Westfalen die Regelungen zum rückwirkenden Straferlass fristgerecht umsetzen können", so Limbach.
Allein in Nordrhein-Westfalen müsste in zehntausenden Fällen geprüft werden, ob verhängte Strafen ganz oder teilweise zu erlassen seien. "Auf diese Problematik haben wir Länder früh im Gesetzgebungsverfahren hingewiesen", sagte der Justizminister, der sich dafür einsetzen will, dass im Bundesratsverfahren das Inkrafttreten des Cannabisgesetzes verzögert wird.
Union kritisiert "unnötiges, verworrenes Gesetz"
Auch die Unionsparteien sind gegen die Legalisierung. CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt sprach in der laufenden Bundestagsdebatte von einem "völlig unnötigen, verworrenen Gesetz". Der erlaubte Anbau von Cannabis zu Hause sei nicht zu kontrollieren. Das gelte genauso für den Plan, dass das Kiffen auf Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen und auch in Sichtweite davon untersagt werde.
An der Teil-Legalisierung gibt es aber auch Kritik. Die Bundesärztekammer stuft den Konsum von Cannabis bei Menschen unter 25 Jahren als gefährlich für die Gehirn-Entwicklung ein. Ursprüngliche Pläne, nach denen man Cannabis in Geschäften hätte kaufen können, wurden gekippt.
Was ist laut Gesetzentwurf konkret geplant?
- Für Volljährige ist der Besitz von 25 Gramm im öffentlichen Raum künftig erlaubt.
- Im privaten Umfeld dürfen darüber hinaus 50 Gramm aufbewahrt werden.
- Privat sollen maximal drei Pflanzen angebaut werden dürfen.
- In Cannabis-Clubs sollen Vereinsmitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen - pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied. Bei 18- bis 21-Jährigen dürfen es bis zu 30 Gramm im Monat mit einem maximalen Gehalt von zehn Prozent des berauschenden Tetrahydrocannabinol (THC) sein.
Was hat es mit den Cannabis-Clubs auf sich?
Zum 1. Juli sollen "Cannabis Social Clubs" zum nicht-kommerziellen Anbau möglich werden. Die Vereine oder Clubs dürfen den Plänen zufolge maximal 50 Gramm pro Person pro Monat an ihre bis zu 500 Mitglieder abgeben. An einem Tag jedoch maximal 25 Gramm.
Konsumiert darf in den Clubs nicht werden. Erlaubt ist dies nur in einem Abstand von 100 Metern. Dies gilt auch für Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze sowie in öffentlich zugänglichen Sportstätten. Die Cannabis-Vereine dürfen jedoch Samen und Stecklinge in begrenzter Anzahl an die Mitglieder zum Eigenanbau zuhause weitergeben. Hier sollen maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat erlaubt sein.
Der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs rechnet nach einer Legalisierung mit einem Boom. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass es derzeit 300 Gruppen gebe, die in der Gründungsphase für einen Club seien oder nur noch darauf warteten, dass das Gesetz endlich in Kraft trete. Und das sei erst der Anfang.
Mitglieder können nur Erwachsene werden. Sind diese zwischen 18 und 21 Jahre alt, bekommen sie höchstens 30 Gramm pro Monat. Bei ihnen gibt es auch eine Begrenzung für den Gehalt des Rauschmittels THC - er darf nicht über zehn Prozent liegen.
Was ist Cannabis und wie wirkt es?
Cannabis ist der lateinische Name für Hanf. Das Harz an den Blüten der weiblichen Pflanze enthält Tetrahydrocannabinol (THC), das für die Rauschwirkung verantwortlich ist. Werden die getrockneten knollenartigen Blüten geraucht oder Produkte mit THC konsumiert, werden Nutzer "high". Sie geraten je nach Menge und Konzentration in einen heiteren, oft albernen Zustand.
Bei manchen Menschen ruft die Droge aber auch Angstzustände und Panik hervor. Der Rausch-Höhepunkt dauert nach dem Rauchen für ungefähr eine halbe Stunde an und ebbt dann langsam ab. Ein typisches Anzeichen dafür, dass jemand bekifft ist, sind stark gerötete Augen.
Ist Cannabis immer gleich stark?
Wie stark der Rausch ist, hängt davon ab, wie das Verhältnis von der Wirkstoffe CBD und THC im Cannabis ist. CBD ist die Abkürzung für Cannabidiol – im Gegensatz zu THC hat es keine berauschende Wirkung. Je höher der THC-Gehalt, desto stärker ist in der Regel die berauschende Wirkung.
Wie viel werfen drei Cannabis-Pflanzen ab?
Wie viel Ernte eine Hanfpflanze bringt, ist unterschiedlich, sagt Buddix Zierden vom Cannabis Social Club Düsseldorf. Pro Pflanze könne je nach Sorte unter Umständen mit einem Ertrag von bis zu 100 Gramm gerechnet werden. Ein Problem könne dabei sein: Die Blüten würden alle auf einmal reif. Wer drei Pflanzen auf dem Balkon hat, sitzt dann möglicherweise plötzlich auf 300 Gramm Cannabis. Erlaubt sind aber nur 50 Gramm in privaten Haushalten.
Was spricht für eine Legalisierung von Cannabis, was dagegen?
Die Bundesregierung argumentiert damit, dass die Verbotspolitik gescheitert sei, da trotzdem immer mehr gekifft werde. Es sei besser, qualitativ korrekte Produkte begrenzt freizugeben, ohne möglicherweise giftige Beimischungen und mit Klarheit über den THC-Gehalt. Außerdem könnten so der Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität eingedämmt werden.
Gegner befürchten dagegen eine Normalisierung der Droge, sinkende Hemmschwellen und eine Gefährdung von Jugendlichen.
Warum ist Cannabis für Jugendliche gefährlich?
Bei Jugendlichen ist das Gehirn noch nicht ausgereift. Ein frühzeitiger und regelmäßiger Cannabiskonsum in dieser kritischen Lebensphase kann deshalb zum Teil zu anhaltenden Störungen der Hirnfunktionen führen und das Suchtrisiko erhöhen. Bereits geringer Cannabiskonsum kann bei 13- bis 15-Jährigen Veränderungen verursachen, erklärt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte im Netz.
"Heranwachsende, die früh und intensiv Cannabis konsumieren, riskieren längerfristig eine Verringerung ihres Intelligenzquotienten. Auch die Gedächtnisleistung in Bezug auf Sprache kann sich verschlechtern. Das Gehirn erholt sich zum Teil nicht mehr vollständig, selbst wenn der Jugendliche kein Cannabis mehr konsumiert", warnt Dr. Herman Josef Kahl, Kinder- und Jugendarzt. Bis das Gehirn vollständig ausgereift ist, kann ein Mensch bis zu 23 Jahre alt sein.
Das Gleiche gilt jedoch auch für den Konsum von Alkohol. "Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen reift das Gehirn noch, vor allem in den Regionen, die die sozialen Kompetenzen steuern", so Professor Dr. Otto Witte, von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung "Wer in dieser wichtigen Entwicklungsphase regelmäßig viel Alkohol trinkt, kann sein Gehirn nachhaltig schädigen."
Unsere Quellen:
- Material der Nachrichtenagentur dpa
- Gespräch mit Buddix Zierden vom Cannabis Social Club Düsseldorf
- Infos des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) unter www.kinderaerzte-im-netz.de
- Infos von der Seite gesund.bund.de zum Cannabiskonsum des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
- FAQ von tagesschau.de zur Legalisierungs-Debatte
- FAQ des MDR zu Cannabis
- Pressemitteilung der Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung
- Deutscher Bundestag