Pannen und Kreuze
Probleme mit den Wahlunterlagen
Stand: 17.09.2013, 13:30 Uhr
200 falsche Briefwahlunterlagen wurden in Bochum verschickt, nun startet die Stadt eine Rückrufaktion. Kein Einzelfall: In Düsseldorf gingen Stimmzettel mehrmals raus, in Oberhausen griff man in eine Kiste von der vergangenen Wahl. Und in Paderborn waren die Stimmzettel zu dünn.
Wo ist denn der Lammert? Diese Frage stellten sich in den letzten Tagen mehrere Dutzend Wähler im Wahlbezirk Bochum I, denen die Stadt ihre Briefwahlunterlagen zugeschickt hatte. Denn statt des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert stand seine CDU-Kollegin Ingrid Fischbach auf dem Zettel. Und aus SPD-Mann Axel Schäfer, der bei den vergangenen drei Bundestagswahlen das Direktmandat geholt hatte, war Michelle Müntefering geworden. Die Erklärung: Fischbach und Müntefering kämpfen im benachbarten Wahlkreis Herne-Bochum II um das Direktmandat, und bei der Zusendung der Briefwahlunterlagen gab es eine Panne.
"Offenbar ist jemandem beim Verschicken ein Fehler passiert", sagte Stadtsprecher Thomas Sprenger zu WDR.de. Mehr als 50 Briefwähler hätten sich bis Ende vergangener Woche gemeldet und beschwert, die Stadt ging am Dienstag (17.09.2013) davon aus, dass maximal 200 falsche Unterlagen verschickt wurden. Nun soll ein Aufruf durch die Medien helfen, dass alle Briefwähler noch die richtigen Wahlunterlagen bekommen. Und auch für die, die schon gewählt haben und sich nicht sicher sind, ob sie den richtigen Wahlschein hatten, können sich bei der Stadt Bochum melden und neu wählen. Die alten Unterlagen würden dann aussortiert und durch die richtigen ersetzt - "selbstverständlich unter Wahrung des Wahlgeheimnisses", wie Sprenger versichert.
Dennoch ist es denkbar, dass nicht alle Briefwähler den Aufruf mitbekommen haben und am kommenden Sonntag falsche Unterlagen auf dem Tisch liegen. Denn laut Wahlgesetz ist ein Stimmzettel ungültig, "wenn er für einen anderen Wahlkreis gültig ist". Das Prozedere in einem solchen Fall: Die Spalte mit der Zweitstimme, die in ganz NRW identisch ist, wird regulär ausgezählt, die Erststimme hingegen nicht. "Dann wird geprüft, ob der Fehler mandatsrelevant ist", erklärte Birgit Axler, Sprecherin des NRW-Innenministeriums, das für die Wahlleitung verantwortlich ist. Sprich: Sollte SPD-Mann Schäfer wie vor vier Jahren mit einem Vorsprung von 18.780 Erststimmen vor seinem CDU-Herausforderer Lammert landen, hätte der Fehler keine Relevanz für das Mandat. Sollte das Ergebnis allerdings so knapp sein, dass die aufgrund des Fehlers ungültigen Stimmen eine Rolle spielen könnten, besteht die Möglichkeit, ein Wahlprüfungsverfahren einzuleiten.
"Da kann dann beschlossen werden, eine Wiederholungswahl in dem betroffenen Bezirk anzuordnen", so Ministeriumssprecherin Axler. Im Moment sehe es allerdings nicht so aus, als ob es in NRW Probleme gebe, die Mandatsrelevanz haben könnten: "Wir arbeiten konzentriert und sind natürlich bemüht, alle Fehler und Probleme zu beheben. Aber eine Alarmstufe ist momentan nicht erreicht." Bei 13,2 Millionen Wahlberechtigten im Land könne es immer wieder zu kleineren Pannen und Problemen kommen, bislang hielten sich diese jedoch in Grenzen.
In Düsseldorf bekamen Briefwähler mehrere Stimmzettel
Tatsächlich ist Bochum nicht die einzige NRW-Kommune, in der es zu Unregelmäßigkeiten mit den Wahlunterlagen kam: Anfang September wurden in Düsseldorf Briefwahl-Unterlagen mehrfach versendet. Über tausend Wählerinnen und Wähler erhielten ihre Unterlagen doppelt, manche sogar dreifach. Als Grund nannte die Stadt ein Computerproblem beim städtischen IT-Dienstleister. Ein Server war ausgefallen und hatte nach dem automatischen Neustart Adressen mehrmals ausgedruckt. Der Vorfall habe aber keine Auswirkungen auf den ordnungsgemäßen Ablauf der Bundestagswahl, betonte eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Denn die Kontrollmechanismen bei der Briefwahl machten eine Mehrfachwahl unmöglich. Außerdem drohe bei versuchtem Wahlbetrug eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. In Essen wurden rund 400 Bürger noch einmal angeschrieben, nachdem sich auffällig viele Anwohner einer Straße beschwert hatten, dass sie keine Wahlbenachrichtigungen erhalten hatten. Und in Oberhausen wurden 30 Stimmzettel von 2009 verschickt. Die Stadt hebe immer einige alte Stimmzettel auf, um diese Schulen für den Unterricht zu geben, hieß es beim Wahlamt. Und beim Eintüten der Unterlagen habe ein Mitarbeiter in den falschen Karton gegriffen.
Stimmzettelpapier zu dünn?
Im Kreis Paderborn wurden sogar 225.000 Wahlzettel neu gedruckt. Der Grund: Die Landeswahlleiterin habe eine zu geringe "Opazität" der Stimmzettel beanstandet. Das heißt, es wurde bemängelt, dass das Papier vielleicht zu dünn sei. Auf dem Weg von der Kabine zur Wahlurne hätte eventuell durchscheinen können, wo der Wähler sein Kreuz gemacht hat. "Da uns ganze 24 Stunden für die Entscheidung blieben, sind wir auf Nummer sicher gegangen", sagt Landrat Manfred Müller dem WDR. Wer die 18.000 Euro für den Neudruck bezahlen muss, ist noch unklar.