Hilfe bei der Wahlentscheidung
Der Wahl-O-Mat weiß, was der Wähler will
Stand: 17.09.2013, 15:00 Uhr
Fast neun Millionen Wähler haben bis Dienstag (17.09.2013) beim Wahl-O-Mat Fragen beantwortet, um zu erfahren, welche Partei ihnen am nächsten steht. WDR.de hat mit den Machern gesprochen und dabei auch erfahren, warum manchmal ein überraschendes Ergebnis herauskommt.
Von Maike Jansen
Soll das gesetzliche Renteneintrittsalter wieder gesenkt werden? Das Ehegattensplitting beibehalten werden? Alle Bürger in gesetzlichen Krankenkassen versichert sein müssen? Mit Fragen wie diesen muss sich beschäftigen, wer den "Wahl-O-Mat" durchklickt – das Internetportal der Bundeszentrale für politische Bildung, das seit 2003 Bürgern eine Orientierung geben soll, mit welcher Partei sie die größten Übereinstimmungen haben.
Mit 38 Aussagen konfrontiert der Wahl-O-Mat seine Nutzer. Thesen, denen man zustimmen, die man ablehnen oder zu denen man sich "neutral" positionieren kann. Wer alle Aussagen bewertet hat, kann im Anschluss die einzelnen Themenfelder noch gewichten und sich unter den 28 Parteien maximal acht aussuchen, mit denen er seine Übereinstimmung prüfen möchte.
Uni Düsseldorf überprüft Antworten der Parteien
"Fast neun Millionen Menschen haben den Wahl-O-Mat bis heute gespielt", sagt Stefan Marschall, Politikwissenschaftler an der Universität Düsseldorf. Seine Fakultät begleitet den Wahl-O-Mat wissenschaftlich, überprüft, ob die Parteien auch tatsächlich hinter ihren Aussagen stehen. Entwickelt werden die Thesen aber nicht in der Wissenschaft, sondern von Erst- und Zweitwählern aus ganz Deutschland.
Eine von ihnen ist Anna Bosch, 27 Jahre alt und Jura-Studentin. Als der erste Wahl-O-Mat 2003 an den Start ging, durfte Bosch noch nicht wählen, trotzdem hat sie sich durchgeklickt: "Einfach so, weil ich neugierig war, was wohl rauskommen würde." Als die Bundeszentrale für politische Bildung im Frühjahr dieses Jahres nach Entwicklern für ihren Wahlhelfer suchte, bewarb sich Anna Bosch spontan und wurde ausgewählt. Im Juni traf sie sich gemeinsam mit 24 anderen Jungwählern in Köln, um ein Wochenende lang herauszufiltern, welche Themen bei der Bundestagswahl entscheidend sein könnten. Die Thesen schickten sie dann den Parteien zu, mit der Bitte um Beantwortung. 29 der 30 zugelassenen Parteien kamen der Bitte nach, nur die Republikaner reagierten nicht. CDU und CSU gaben einen gemeinsamen Antwortzettel ab.
Über zehn Millionen Nutzer
Das Ergebnis ist vor knapp einem Monat online gegangen – das Interesse ist gewaltig. Mit über zehn Millionen Nutzern rechnet der Politikwissenschaftler Marschall bis zur Wahl. Welche Empfehlung der Wahl-O-Mat den einzelnen Nutzern gibt, wird nicht erfasst: "Das sind sensible Daten, die von der Bundeszentrale nicht gespeichert werden", so Marschall, "sie sind aber auch nicht repräsentativ."
Der Durchschnittsnutzer des Wahl-O-Mat ist nämlich männlich, jung, gut gebildet und politisch interessiert. "Aber immerhin 17 Prozent der Nutzer geben auch an, politisch nicht interessiert zu sein", erklärt Marschall, "der Wahl-O-Mat macht also auch neugierig auf Politik.
NPD lockt mit linken Positionen
Doch es gibt auch Kritik an dem Online-Wahlhelfer: Viele Nutzer wundern sich beispielsweise, dass sie eine auffällig hohe Übereinstimmung mit der NPD haben. Anna Bosch kennt das Problem: "Das kommt daher, dass sich die NPD in vielen Fragen eher links positioniert, um bei jungen Wählern zu punkten", erklärt sie. So sei die NPD etwa für den gesetzlichen Mindestlohn oder ökologischen Landbau. "Genau deshalb haben wir auch Thesen mit reingenommen, in denen sich die NPD ganz klar von den anderen Parteien unterscheidet", sagt Stefan Marschall. Er ist sich sicher: Die NDP bekommt nur der als erste Wahl angezeigt, der auch ihr rechtes Gedankengut teilt.
Kritik am Wahl-O-Mat kommt auch von Anbietern anderer Wahlhilfen, von denen es im Internet inzwischen gleich mehrere gibt. Das Programm der Bundeszentrale sei zu stark auf "ja" oder "nein" ausgerichtet, ist ein Vorwurf. Politik sei komplizierter, als sie im Wahl-O-Mat dargestellt würde. Stefan Marschall begegnet dem gelassen: "Wir hatten auch mal überlegt, eine fünfstufige Auswahl einzuführen," erläutert er, "aber dann würde niemand die Extrempositionen ankreuzen und das macht die Unterscheidbarkeit zwischen den Parteien schwieriger." Dass es inzwischen Konkurrenz für das Portal gibt, stört den Politikwissenschaftler nicht: "Es geht schließlich darum, dass man eine Wahl hat."