Im vergangenen Oktober hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) im AKW-Streit innerhalb der Regierung ein Machtwort gesprochen: Die verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke sollen bis zum 15. April 2023 weiterlaufen können.
Eigentlich hätte der Atomausstieg schon Ende 2022 beendet werden sollen. Aber der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führte zu einer angespannten Energielage. Deshalb blieben die Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland noch am Netz. Doch damit soll nun Schluss sein. Daraus ergeben sich eine Menge Fragen.
Wie viel AKW-Energie nutzen wir in Deutschland?
Die drei noch laufenden Atomkraftwerke, die am Samstag abgeschaltet werden sollen, lieferten im 1. Quartal 2022 sechs Prozent des in Deutschland eingespeisten Stromes.
Im Jahr 2021 betrug der Anteil von Atomstrom noch zwölf Prozent, da damals noch insgesamt sechs Atomkraftwerke in Betrieb waren.
Welchen aktuellen Energiemix haben wir?
Kohle war auch im vergangenen Jahr der wichtigste Energieträger für die Stromerzeugung. In ganz Deutschland kam rund ein Drittel des in Deutschland erzeugten und ins Netz eingespeisten Stroms aus Stein- und Braunkohle. In NRW waren es sogar 60 Prozent.
Die Windkraft spielte deutschlandweit hingegen eine deutlich größere Rolle als in Nordrhein-Westfalen. Das gilt auch insgesamt für die erneuerbaren Energien.
Was passiert, wenn die AKW abgeschaltet werden?
Da gehen die Einschätzungen auseinander. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, hat vor Engpässen bei der Energieversorgung durch die AKW-Abschaltung am 15. April gewarnt. "Beim Thema Versorgungssicherheit sind wir noch nicht über den Berg", sagte er der "Rheinischen Post". Das gelte auch langfristig.
Ähnlich sieht das der CDU-Partei- und Unionsfraktionschef Merz. Er sagte dem Portal Web.de, die Gefahr eines destabilisierten Stromnetzes nach der Abschaltung der Atomkraftwerke sei weiterhin nicht gebannt.
Auch die Liberalen möchte die Meiler noch etwas länger laufen lassen. Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP, forderte am Dienstag im WDR5-"Morgenecho", dass die Atomkraftwerke mindestens in einem Reservebetrieb bleiben sollen. Er plädierte zudem für eine andere Ausstiegsreihenfolge: "Erst die Kohle vom Netz, dann die Kernkraftwerke."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hingegen hatte in einem Interview eine sichere Energieversorgung nach dem Ausstieg aus der Atomkraft garantiert. "Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Die Lage sei durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern, die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und durch mehr erneuerbare Energien gut. Habeck prognostizierte einen Anteil von 80 Prozent erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030.