Drei Monate Leistungsschutzrecht

Wer kassiert für die Verlage?

Stand: 07.11.2013, 10:17 Uhr

Seit dem 1. August gilt das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Damit können Verlage Onlinedienste zur Kasse bitten, wenn diese sich Verlagsinhalte zu Eigen machen. Bislang war nicht klar, wer das Geld eintreiben soll. Der Springer-Verlag hat sich entschieden.

Von Insa Moog

Ohne Google News geht es nicht, zu diesem Schluss kamen im Sommer alle großen deutschen Zeitungsverlage. In Googles algorithmenbasierter Nachrichtensammlung nicht mehr aufzutauchen, hätte bedeuten können, eine hohe Anzahl von Usern zu verlieren, die auf diesem Weg zu den Verlagsangeboten gelangen. Springer, Burda und Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) unterzeichneten also die von Google vorgelegte Einverständniserklärung, wonach ihre online frei zugänglichen Nachrichteninhalte auch weiterhin bei Google News erscheinen dürfen - kostenlos. Aber nur übergangsweise.

Den Verlagen fehlt es an Konzepten

Die Übergangsphase dauert nun schon drei Monate an. Sie begann am 1. August mit Inkrafttreten des Leistungsschutzrechtes und endet wohl erst, wenn die Verlage ein Konzept dafür vorlegen können, wie sie ihre im Gesetz festgeschriebenen Ansprüche wahrnehmen wollen. Konkret bedeutet das: Die Presseverleger brauchen noch eine Instanz, die Lizenzen verhandelt, Gebühren einsammelt, verwaltet und ausschüttet, kurz: eine Verwertungsgesellschaft für Verlage, analog zu der VG Wort für Autoren oder der GEMA für Musiker.

Springer arbeitet mit VG Media zusammen

Die hat zumindest der Springer-Verlag nun gefunden. Am Mittwoch (06.11.2013) teilte der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner mit, dass die VG Media (Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen mbH) die Verwertung der Leistungsschutzrechte für die Springer-Produkte übernehmen wird. Die Details zu Tarifstruktur - also die Frage, wie Lizenzgebühren gestaltet werden - und späteren organisatorischen Prozessen - wie Gebühren eingezogen werden - würden nun in Lenkungsgremien verhandelt, sagte Hendrik Lange (Springer AG) zu WDR.de. Mit den anderen Verlagen stehe man aber nicht in Kontakt, so Lange. Wann die VG Media, die bisher Urheber- und Leistungsschutzrechte von 134 privaten Fernseh- und Hörfunksendeunternehmen aus verschiedenen europäischen Ländern vertritt, aktiv für die Springer AG tätig wird, steht noch nicht fest.

Die Vorgeschichte

Google darf keine Werbemillionen mit der Ausspielung fremder Inhalte scheffeln, darüber sind sich Deutschlands Presseverleger weitgehend einig. Deshalb war ihnen Google News ein Dorn im Auge. Google News indexiert Nachrichten, die bereits im Internet zugänglich sind, dargestellt in einer Trefferliste mit Titeln und Kurztexten. Nach dem Wunsch der Presseverleger soll das US-Unternehmen für die Ausspielung dieser Artikelvorschau zahlen. Geregelt werden sollte das im Leistungsschutzrecht. Bevor dieses am 1. August in Kraft trat, wurde viel gestritten.

Ein Ergebnis der öffentlichen Diskussion war eine Entschärfung des ursprünglichen Gesetzentwurfs. Demnach dürfen Suchmaschinen und Aggregatoren wie Google News "kleinste Textabschnitte" auch weiterhin lizenzfrei ausspielen. Genau definiert wird die Länge jener Abschnitte aber nicht. Eine Rechtsunsicherheit für Internetdienstleister wie Google bleibt. Google seinerseits führte ein "Bestätigungssystem" ein: "Mit diesem bieten wir deutschen Verlagen eine weitere Möglichkeit an, uns mitzuteilen, ob ihre Inhalte (weiterhin) bei Google News angezeigt werden sollen", heißt es dazu im Eintrag im Google-Produkt-Blog vom 21. Juni.

VG Media oder VG Wort?

Bis die VG Media ihre Arbeit für den Springer Verlag aufnimmt und andere Verlage ebenfalls Konzepte vorlegen, bleiben die Links von FAZ und Co. in Google News. Nach Berichten der Marketingzeitschrift Werben und Verkaufen prüfen auch Hubert Burda Media und Frankfurter Allgemeine Zeitung eine Beteiligung an der VG Media. Till Kreutzer, Mitbegründer des Informationsportal iRights.info und der "Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht" (IGEL) wundert sich, dass alles so lange dauert und es nicht schon zum 1. August mit dem Inkraftreten des Leistungsschutzrechts Konzepte gab. Er erwartet, dass es noch Monate dauern wird, bis die Verwertung geklärt ist. "Ich glaube, am Ende kommt überhaupt nichts dabei raus. Nachdem kurze Textpassagen seit der Änderung des Leistungschutzrechtes erlaubt sind, werden die großen Suchmaschinen die Snippets (Vorschautexte, Anm.) wohl kaum so gestalten, dass sie kostenpflichtig werden." Im Zweifel führe das dazu, dass die Vorschautexte kürzer werden, so der Jurist.

Auch die VG Wort, die Autoren vertritt, hatte sich als Verlagsvertretung ins Gespräch gebracht und will auf ihrer Mitgliederversammlung Ende November darüber beraten. Till Kreutzer hält eine spätere Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaft mit den Verlagen für unwahrscheinlich. "Das Leistungsschutzrecht ist ein reines Verlagsrecht. Ob und zu welchem Anteil Lizenzeinnahmen an Journalisten weitergegeben werden, ist noch völlig unklar." Beide Seiten zu vertreten wäre eher ungewöhnlich.