"Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen" von James Krüss

Stand: 18.01.2024, 12:00 Uhr

James Krüss bietet Rufus Beck mit seinem tollen Roman die Möglichkeit wieder einmal aus dem Vollen seines schauspielerischen Könnens zu schöpfen. Ein zeitlose Geschichte voller spannender Wendungen und Entwicklungen. Eine Rezension von Klaus Prangenberg.

James Krüss: Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen
Gelesen von Rufus Beck.
Der Audio Verlag, 2024.
1 CD, 7 Std. und 48 Min. Laufzeit, 20 Euro.

"Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen" von James Krüss Lesestoff – neue Bücher 18.01.2024 05:18 Min. Verfügbar bis 17.01.2025 WDR Online Von Klaus Prangenberg

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Die Bundesrepublik, Anfang der 1960er Jahre. Da ging es den meisten Menschen eher um Eisbein und Eigenheim, um Auto und Nierentisch, also ums Schaffe, Schaffe, Wirtschaftswunder. Kritik am Kapitalismus war da eher weniger verbreitet und auch nicht wirklich erwünscht.

Ein junger Schriftsteller sah das zwar etwas anders. Aber er wusste auch, dass er geschickt sein musste, um etwas zu bewirken. Und, er musste das Mittel einsetzen, mit dem er sich einen Namen gemacht hatte. Also wandte er sich an die, die noch am ehesten einen Sinn für Ungerechtigkeit und Gier hatten. An die Kinder.

"Denn hinten hinaus wohnen Leute, die wenig Geld haben. Und wer in einer großen reichen Stadt wenig Geld hat, wird grämlich, neidisch und nicht selten zänkisch. Das liegt nicht nur an den Leuten, sondern auch an den Gassen."

Ja mit Geschichten für Kinder, damit war er berühmt geworden der James Krüss. Mit dem Hörspiel "Der Sängerkrieg der Heidehasen" zum Beispiel, oder mit "Mein Urgroßvater und ich", einem Roman. Aber auch mit Bilderbüchern und Gedichten.

"Leise und ohne den Jungen aus den Augen zu lassen, fragte Herr Kreschimir: 'Warum lachst du niemals, Junge? Magst du nicht? Oder – kannst du nicht?'"

Mit Timm Thaler allerdings öffnete er sich und damit auch seinen jungen Leserinnen und Lesern eine neue Tür. Sozusagen, quasi. Denn in dieser Geschichte addierte er zu seiner Fabulierlust und Sprachbrillanz Gesellschaftskritik hinzu.

"'Wir könnten doch den armen Leuten die Margarine auch schön verpackt verkaufen. Geld haben wir ja genug.' Die vier Herren starrten den Jungen verblüfft an und brachen plötzlich wie auf Kommando in schallendes Gelächter aus. 'Herr Thaler, Sie sind unbesahlbar!', rief Mister Penny. 'Wir hatten die Lösung vor Augen und sahen sie nicht', lachte der Baron."

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Dieser Baron, Baron Lefuet ist der reichste Mann der Welt. Rücksichtslos verfolgt er seine Ziele, völlig ohne Skrupel. Und schafft es so auch Timm sein wunderbar ansteckendes Lachen abzuluchsen.

Übrigens, den Namen Lefuet muss man sich rückwärts auf der Zunge zergehen lassen, dann weiss man mit, wem der Junge es zu tun bekommt. Für sein Lachen gewinnt Timm im Gegenzug jede Wette. Wirklich jede! Aber doch ein schlechtes Geschäft, wie Timm sehr schnell bemerkt.

"Wer nicht lachen kann, der kann auch nicht staunen."

Der kann sich auch nicht freuen, nicht glücklich sein, nicht mitfühlend sein, der kann sein Leben kurzgesagt, nicht lebenswert führen.  Alle das erfährt Timm, als er mit dem Baron, nolens volens, durch die Welt reist und in seine kapitalistischen Geschäfte verwickelt wird. Er versucht also alles, um das Lach-Geschäft rückgängig zu machen. Schwierige Sache das, aber zum Glück ist er nicht allein.

"Timm sah dem Baron nach, bis die Dunkelheit ihn verschluckte. Seine Freunde waren zu ihm heraufgestiegen. Auch sie blickten Lefuet nach. Jonny brummte: 'Stinkreich, aber ein armer Teufel.'"

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Die Älteren unter uns werden jetzt vielleicht auf diese tolle Weihnacht-Serie von 1979 mit Thomas Ohrner hinweisen, und die Jüngern werden den Spielfilm von 2017 ins Feld führen, um einzuwenden: wofür braucht es dann noch dieses Hörbuch? Weil, und damit schließt sich der Kreis, weil man beim Hören unwillkürlich immer wieder denken muss: Das ist doch wie für Rufus Beck geschrieben!

"Als Dottore: 'Ah, so reik in eine kurze Augenblicke, das ist veramente nikt leikt, aber ...' – Als Jonny: 'Überlassen Sie mir den Jungen«, »Ich werde ihn in die Barkasse tragen.' – Als Frau Rickert: 'Du s-tehst ümmer so traurich rum, Jung. Das ’s gar nöch gut in dein’ Alter. S-päter wird das Leben noch ernst genuch, nöch.'"

James Krüss bietet Rufus Beck mit seinem tollen Roman vom verkauften Lachen die Möglichkeit mal wieder aus dem vollen seines schauspielerischen Könnens zu schöpfen. Und dieser ergreift sie gut und gerne. Sehr gut und sehr gerne.

Eine zeitlose Geschichte voller spannender Wendungen und Entwicklungen, so erzählt, wie nur ein Rufus Beck das erzählen kann. Wir Hörerinnen und Hörer können davon nur profitieren. Egal, ob, klein, ob groß. Schließlich: Der nächste Urlaub kommt bestimmt. Und was spricht dagegen, wenn auf der Fahrt dahin alle Freude haben. Eben!