Mathe, Englisch, Bio — diese Fächer sind Standard. Aber wie wäre es, wenn es auch das Schulfach Medienkunde gäbe? Oder Finanzen? Oder Glück?

Häufig wird unser Bildungssystem mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht ausreichend auf das ”wirkliche” Leben vorzubereiten. Wie aber könnte ein Lehrplan aussehen, der uns mehr Alltagsfähigkeiten vermittelt? Und was wären das für Fähigkeiten, die uns mehr Orientierung im Leben geben? Wären diese sechs Fächer eine sinnvolle Ergänzung an allen Schulen?  

1. Finanzen

Wie lege ich mein Geld sinnvoll an? Brauche ich einen Bausparvertrag und wie mache ich meine Steuererklärung? Diese und weitere Fragen könnten im Unterrichtsfach Finanzen beantwortet werden. Wir wären dann besser auf das Leben nach der Schulzeit vorbereitet, das mit Verträgen, Versicherungen und Altersvorsorge-Themen auf uns wartet. 

Das Wissen über Finanzen scheint bei uns in Deutschland ausbaufähig zu sein, darauf deutet unter anderem eine Befragung der BaFin hin. Auffällig: Männer beantworten die dort gestellten Finanzfragen öfter richtig als Frauen. 

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Wenn in einem extra Schulfach Grundlagen über Finanzen vermittelt würden, dann könnte das auch für mehr Chancengerechtigkeit sorgen, denn: unabhängig unseres Geschlechts, des sozialen Hintergrunds und unseres Bildungsabschlusses bekommen wir alle das erforderliche Wissen über Geld in der Schule vermittelt und würden so finanziell selbstbestimmter.  

In NRW wurde im Schuljahr 2020/2021 das Fach “Wirtschaft” an allen Schulformen neu eingeführt. Den Schüler:innen sollen sowohl alltagsnahe Themen, wie beispielsweise die eigene soziale Sicherung, nähergebracht als auch Kenntnisse über die soziale Marktwirtschaft und BWL vermittelt werden. Allerdings traf die Entscheidung auf viel Kritik, da dafür das Fach Sozialwissenschaften verschwand. 

kugelzwei: Eine Welt mit anderen Schulfächern

Markt 21.04.2021 04:33 Min. UT Verfügbar bis 21.04.2026 WDR Von Cara Behrmann, Daniel Rosenkranz

2. Medienkunde

2022 haben in einer Befragung zum Umgang mit Medien 96 Prozent der befragten 12- bis 19-Jährigen angegeben, ein Smartphone zu besitzen. Ungefähr drei Viertel der Befragten haben ein eigenes Laptop oder einen Computer. Wo aber erhalten sie die Kompetenzen, die es für die Teilhabe an einer digitalen Gesellschaft braucht und die über technische Kenntnisse hinausgehen? 

Die Herausforderungen werden schließlich immer größer: Die Verbreitung von Desinformation nimmt mehr Raum ein und Werbung ist nicht immer als solche erkennbar. Nachrichtenkompetenz ist also eine Schlüsselqualifikation, die in einem extra Fach wie Medienkunde vermittelt werden könnte.

In einem Pilotprojekt in Hessen wird testweise seit September 2022 an zwölf unterschiedlichen Schulen in zwei freiwilligen Unterrichtsstunden pro Woche das Fach “Digitale Welt” unterrichtet. Über den bekannten Informatikunterricht hinaus soll es auch um Datenschutz und Cyberkriminalität gehen. Das Projekt stößt auf viel positive Resonanz und soll zukünftig ausgeweitet werden. 

3. Glück

PQ-Formel oder Photosynthese – in der Schule lernen wir vor allem “Hard Skills“. Wie wir mit Rückschlägen umgehen oder unseren Weg zum Glück finden, lernen wir für gewöhnlich aber nicht im Klassenzimmer.

Ginge das? Können wir Glück überhaupt lernen? Dr. Ernst Fritz-Schubert, ehemaliger Oberstudiendirektor, ist davon überzeugt und führte 2007 das Unterrichtsfach Glück an seiner Schule in Heidelberg ein. Es soll Kindern und Jugendlichen unter anderem dabei helfen, ihre Stärken zu entdecken, zu fördern und für sich zu nutzen – was zu einem stabilen Selbstwert und einer höheren Lebenszufriedenheit führe.

Weltweit gibt es einige weitere Projekte, die sich mit dem Thema beschäftigen. Erst 2022 startete ein Projekt an 16 Braunschweiger Grundschulen, die ebenfalls “Glück“ auf ihren Stundenplan setzten. Darin lernten die Schüler:innen durch unterschiedliche Techniken, wie sie positive Emotionen stärken und mit negativen Emotionen besser umgehen können.  

4. Kochen

Wir kommen nicht umhin – wir müssen essen und im besten Fall sollten wir auch wissen, wie Mahlzeiten zubereitet werden. Nicht immer ist es selbstverständlich, dass wir das zuhause lernen. An einzelnen Schulen oder je nach Bundesland gibt es Koch- und Ernährungskunde, zum Beispiel im Rahmen von Hauswirtschaftslehre. Ein Standard-Schulfach ist es an vielen Schulen aber nicht.  

Das Bild zeigt eine Illustration vom Kochunterricht in der Schule.

Was wäre, wenn es das Pflichtfach "Koch- und Ernährungskunde" in allen Schulen gäbe?

Wenn es das Schulfach Kochen überall gäbe, würden wir nicht nur schon früh lernen, wie eine ausgewogene und gesunde Ernährung aussieht, sondern wüssten vielleicht auch mehr über die einzelnen Lebensmittel, deren Inhaltsstoffe, Erzeugung oder Herkunft. Jungen und Mädchen würden außerdem gleichermaßen an das Thema herangeführt. 

5. DIY/Werkunterricht

Schrauben, Nähen, Töpfern, Gärtnern: Das sind Fähigkeiten, die wir im Alltag – manche mehr, manche weniger – immer mal wieder gut gebrauchen könnten. Ähnlich wie bei der Koch- und Ernährungskunde gibt es Werkunterricht vereinzelt an Schulen mit alternativen Konzepten, längst aber nicht an allen. 

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Vielleicht wären wir insgesamt auch eigenständiger, weil wir problemlos die neue Lampe anbringen, die Lieblingshose flicken und den Küchenschrank selbst reparieren könnten und würden dadurch weniger wegschmeißen.

6. "Lebenskunde" in allen Fächern? 

Neue Fächer zu etablieren ist nicht einfach. Zum einen brauchen wir eigens dafür ausgebildete Lehrkräfte, zum anderen müssten andere Fächer – wie im Beispiel des neuen Wirtschafts-Fachs in NRW – dann vielleicht wegfallen.  

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Kommentare zum Thema

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6 Kommentare

  • 6 Judith 28.05.2023, 23:22 Uhr

    Ich hätte da noch mehr Vorschläge: Gutes Benehmen. So Sachen wie Grüßen, Bedanken, Zuvorkommenheit, Rücksichtnahme, Basis-Höflichkeit, Tischmanieren, Helfen, ehrenamtlich tätig werden; muss ja nicht gleich Herr Knigge sein, aber eine Annäherung wäre ja oft schon ein Riesenschritt... Selbstkritik: Bescheidenheit, Demut, Zufriedenheit mit dem vielen, das man hat, realistischer Blick auf die reiche Situation, in der wir leben, Konsumverzicht, Blick über den Tellerrand... Mut: zum Verzicht, zur Einsicht, dass es keine schnellen Lösungen gibt, zu etwas mehr Einsatz und Fleiß, zu hoffen, dass Veränderungen durchaus machbar sind, Mut, vom Thron der Prinzessinnen und Prinzen herabzusteigen und sich "die Hände schmutzig zu machen" beim Anpacken für eine bessere Zukunft (arbeiten statt nur demonstrieren, lernen - und ich meine nicht auswendig lernen - um die Welt zu verbessern) denken, nachdenken lernen, Gedanken entwickeln, reflektiert denken, sich umfassend informieren

  • 5 Klaus Odenthal 17.05.2023, 12:05 Uhr

    Sowas wie 'Kochen' und 'Werkunterricht' hatten wir in den 80ern schon ;-)

    • kugelzwei 17.05.2023, 15:13 Uhr

      Aus vielen Lehrplänen sind diese beiden Unterrichte ja wieder verschwunden. Viele finden diese Entwicklung ja auch schade. Haben dir die Fächer damals Spaß gemacht und würdest du sie gerne auch heute wieder an Schulen sehen?

  • 4 Simone 16.05.2023, 14:15 Uhr

    Ich bin begeistert von den Fächern. Als Lehrerin an einer Grundschule halte ich es für unerlässlich, dass Kinder in der Schule ihrer Lebenswirklichkeit begegnen. Das ist leider immer noch viel zu selten der Fall. Aktuell hört man wieder, dass der Fokus auf Rechnen, Schreiben, Lesen gelegt werden soll. Das geht völlig in die falsche Richtung. Rechnen, Schreiben, Lesen kommt in den neuen Fächern doch immer vor.

    • T. Schur 16.05.2023, 19:49 Uhr

      Warum wohl können die Schüler nicht lesen, schreiben und rechnen? Richtig, weil der Fokus von dieser Grundbasis weggerichtet wurde. Wenn den ABC Schützen die Grundlagen nicht beigebracht werden wie sollen sie in den oberen Schulklassen Aufgaben lösen können? Haben Sie eine Antwort? Können Sie sich die FAZ in fonetisch geschrieben vorstellen?

  • 3 OldSchool 16.05.2023, 13:19 Uhr

    Das Fach "Glück" fände ich eine sehr gute Erweiterung. Aber alles andere habe ich von meinen Eltern gelernt. Das sollte doch auch normal sein, dass Eltern ihren Kindern "Lebenskunde" mitgeben. Nicht alles kann und muss die Schule machen.

    • Goat 16.05.2023, 20:47 Uhr

      Genau meine Meinung. Die heimische Bildung wird sonst überflüssig

  • 2 Kanalstadt 16.05.2023, 10:13 Uhr

    Kommt denn eigentlich niemand auf die Idee, Themen wie Umwelt, Naturschutz, Nachhaltigkeit oder Gesundheit als Schulfach einzuführen? Ganz viel tradiertes umweltschädigendes Verhalten ist auf mangelndes Wissen zurückzuführen. Wenn den Kindern bereits klar gemacht wird, wie Tiere im Mastbetrieb leben und wie sie getötet und geschlachtet werden, würde der Fleischkonsum sicher massiv sinken. Auch der schädliche Einsatz von Umweltgiften in der Lebensmittelindustrie oder die Ressourcen- und Müllbelastung durch hochfrequenten Konsum (Kleidung, Reisen, Kunststoff, ...) würden sicher sinken, wenn die Kinder schon früh lernen, welche Konsequenzen unser aller Verhalten hat. Die Liste der Themen ist so groß, dass man locker einen ganzen Schultag nur mit solchen Themen füllen könnte - über Jahre hinweg

  • 1 Darleen 16.05.2023, 08:54 Uhr

    Nun gibt es schon so so fantastische Ideen um das Schulsystem auf den neuesten Stand zu bringen und trotzdem passiert nichts. Lieber werden Steuergelder für den Krieg ausgegeben- das ist schrecklich und einfach nur falsch! Da fällt mir ein das Schulfach Politik dürfte auch nochmal überholt werden, Ich hatte Politik LK in der Oberstufe und dennoch keine Ahnung wie man sich richtig informiert und eine eigene Meinung bildet.

    • T. Schur 16.05.2023, 19:39 Uhr

      Tja, dann war der Unterricht wohl nicht kostenlos sondern umsonst. Mathematik ist weiter nichts als logisches denken. Sehr gut sind Textaufgaben.