Unser Programm im Juni und Juli

Stand: 17.05.2023, 18:32 Uhr

Wir begleiten die Kölner Geschwister Reeves, die sich ihrer dramatischen (Familien-)Geschichte stellen und nach Jahren wieder zusammen auf die Bühne gehen – ohne ihren Bruder. Wir erleben eine Zeit-Reise zum "Mythos Gotthard" in eine phantastische Gebirgswelt. Machen auf eindrucksvolle Weise erlebbar, welche Einblicke Google, Facebook & Co. in unsere intimsten Geheimnisse haben. Und berichten vom Kampf für eine diversere katholische Kirche.


Die 4 Reeves und ein Todesfall

Die vier Reeves lachen bei einer Präsentation in die Kamera

Die "4 Reeves" waren in den frühen 90ern so bekannt wie die "Fantastischen Vier". Geschwister, die in Kölner Pflegefamilien aufwuchsen, "Vorzeige-Schwarze", die auf Kölsch gegen Rassismus rappten. Als Jim Reeves brutal getötet wurde, brachen die Widersprüche zwischen gefeierten Auftritten und alltäglichem Rassismus auf – aber auch Wunden der Vergangenheit. Der Film beobachtet, wie sich die verbliebenen Geschwister ihrer Familiengeschichte stellen und nach Jahren wieder zusammen auf die Bühne gehen – ohne ihren Bruder.

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Den Durchbruch schafften sie 1992 mit einem legendären Auftritt beim "Arsch huh – Zäng ussenander"-Konzert gegen rechts. Ab da trat die Hip Hop-Gruppe regelmäßig auf großen Bühnen und im Fernsehen auf, z.B. zusammen mit Take That oder der Deutschen Nationalmannschaft. Vier Geschwister, die – und das war lange nicht bekannt – in Kölner Pflegefamilien aufgewachsen sind.
Die steile Karriere der Band nahm 1995 ein abruptes Ende, als Jim, der älteste der Reeves, eine Solokarriere startete - mit wechselndem Erfolg. 2016 wurde er in einem Berliner Hostel brutal getötet. Ein Schock, der die Widersprüche zwischen gefeierten Bühnen-Auftritten und dem alltäglichen Rassismus aufbrechen ließ, aber auch die Wunden der Vergangenheit. Kann die Familie, die die bestialische Tat ganz unterschiedlich trifft, wieder zusammenfinden? Nach 30 Jahren sollen die Reeves auf dem Jubiläum des "Arsch Huh"-Konzerts wieder auftreten.
Eine Schlüsselrolle spielt die 85-jährige Mutter Susana Mtenga. Anfang der 60er Jahre kam sie aus Tansania nach Köln, um Krankenschwester zu werden. Dort lernte sie ihren späteren Mann kennen, einen Philosophie-Studenten aus Kenia, und bekam innerhalb kurzer Zeit vier Kinder. Als ihr Mann sie verließ, gab Susana die Kinder in verschiedene Pflegefamilien. Das hat Persönlichkeit und Lebenslauf der vier beeinflusst. Der musikalisch begabte Jim war getrieben von dem Wunsch, eine große Karriere zu machen und verlor am Ende den Boden unter den Füßen. Seine Schwester Shary dagegen ist eine bekannte Moderatorin und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes geworden. Andrew hat vieles aus der Zeit in Pflegefamilie und Heim verdrängt und versucht nun vorsichtig, den Tod von Jim aufzuarbeiten. Terry hingegen geht die Probleme aktiv an. Dabei hilft ihr auch die Arbeit als Krankenschwester in der forensischen Psychiatrie, wo schuldunfähige Straftäter untergebracht sind.
Der Film macht sich mit den drei verbliebenen Reeves-Geschwistern auf die Suche nach ihrer steilen und dann abgerissenen Musiker-Karriere, nach der zerbrochenen Liebe der afrikanischen Eltern, nach ihrer Kindheit in weißen Pflegefamilien. Er beobachtet, wie sie sich ihrer komplizierten Familiengeschichte stellen und nach Jahren wieder zusammen auf die Bühne gehen – ohne ihren Bruder. 
Ein Film von Katharina Gugel | Redaktion: Jutta Krug
Gefördert von der Film- und Medienstiftung NRW


Mythos Gotthard – Pass der Pioniere

Eine historische gelbe Postkutsche fährt über eine Gebirgsstraße

Der Gotthard zählt zu den wichtigsten Alpenübergängen Europas. Der Film erzählt die spannende Geschichte seiner Erschließung – vom kleinen Pfad durch das Hochgebirge bis zum längsten Eisenbahntunnel der Welt. Mit immer neuen Technologien versucht der Mensch, die Passage sicherer und schneller zu machen. Dieser Kampf kostete viele Menschenleben, aber er gab auch unzähligen Menschen Arbeit und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Film ist eine Zeit-Reise zum "Mythos Gotthard" und ein unvergessliches Abenteuer in einer phantastischen Gebirgswelt.

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Einst überquerten Händler und Pilger den Pass zu Fuß. Rund dreißig Stunden brauchten sie für die Reise von Flüelen im Norden bis Bellinzona im Süden. Anfang des 19. Jahrhunderts wird der Gotthard mit dem Bau einer Straße auch für Kutschen befahrbar. Pferdegespanne der Gotthardpost verbinden erstmals die Menschen im Norden und im Süden mit täglichem Postverkehr. Heute dürfen Kutschen den Pass nur noch im Sommer überqueren. In der Mitte des 19. Jahrhunderts beschließt die Schweiz den Bau einer Eisenbahnstrecke am Gotthard. Ein 15 Kilometer langer Tunnel – damals der längste der Welt – soll in den Berg gesprengt werden. Den Zuschlag erhält der Schweizer Bauunternehmer Louis Favre, der einen riskanten Vertrag unterzeichnet: In nur acht Jahren muss er den Tunnel fertigstellen. Er hinterlegt eine Kaution von acht Millionen Franken. Sie verfällt, falls er die Bauzeit überschreitet; Steinschläge und Wassereinbrüche gefährden sehr bald den ehrgeizigen Plan. Favre erlebt die Einweihung nicht mehr, er stirbt kurz vor dem Durchstich.

Auch heute kommt es immer wieder zu Steinschlägen am Berg, allerdings entstehen sie immer früher im Jahr. Durch die Klimaerwärmung taut das Eis im Fels und bringt so die Steine ins Rutschen. Der Film trifft auf Experten, die mit den unterschiedlichsten Methoden versuchen, die Auswirkungen der steigenden Temperaturen zu mildern und ihre langfristigen Folgen besser vorherzusagen: So soll oberhalb von Andermatt der Gurschengletscher durch eine 10.000qm große Vliesabdeckung vor dem Abschmelzen gerettet werden. Eine Permafrostforscherin will mit Messungen vor allem große Bergstürze, die ganze Dörfer bedrohen, besser vorhersagen können. Der Film begibt sich auf eine Spurensuche nach den unbekannten Seiten des Gotthards und zeigt mit phantastischen Aufnahmen die außergewöhnliche Schönheit der alpinen Gebirgslandschaft. Die filmische Reise über den Gotthard wird so zu einem unvergesslichen Abenteuer.
Ein Film von Verena Schönauer


Made To Measure Eine digitale Spurensuche

Collage  von Gesicht, Münder und Nase

"Zeig mir deine Daten und ich sag dir, wer du bist" – ein crossmediales Datenexperiment macht auf eindrucksvolle Weise erlebbar, welche Einblicke Google, Facebook & Co. in unsere intimsten Geheimnisse haben. Der Film deckt auf, welche Potenziale und Risiken in der algorithmischen Persönlichkeitsermittlung und Verhaltensvorhersage stecken. Und wie Tech-Unternehmen die gesammelten Daten von Milliarden von Menschen nutzen, um die Schwächen, Unsicherheiten, Krankheiten und Suchtpotenziale von Menschen in Profit zu verwandeln.
Eine Dokumentation von Hans Block, Moritz Riesewieck, Cosima Terrasse | Redaktion WDR: Jutta Krug


Wie Gott uns schuf – Coming Out in der katholischen Kirche

Anti-Homophobie-Banner an der Berliner Gethsemanekirche zeigt Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Initiative #OutInChurch

Gläubige im Dienst der katholischen Kirche in Deutschland wagen den gemeinsamen Schritt an die Öffentlichkeit. Menschen, die sich als nicht-heterosexuell identifizieren, erzählen vom Kampf um ihre Kirche – nicht selten mit dem Risiko, dadurch ihre Arbeit zu verlieren. Es sind Priester, Bistums-Mitarbeitende, Religionslehrende, Kindergärtnerinnen, Sozialarbeiter und viele mehr, die von Einschüchterungen, Denunziationen, tiefen Verletzungen, jahrzehntelangem Versteckspiel und Doppelleben erzählen. 

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Sie berichten von einem System, in dem Druck, Angst und Willkür die Mitarbeitenden in Ungewissheit lassen, was genau passiert, wenn sie zu ihrer Identität stehen. Während in einem Bistum offenbar viel geduldet wird, die Menschen zum Teil sogar große Unterstützung erfahren, gibt es im Nächsten harte Konsequenzen – bis zur Auflösung des Arbeitsvertrags.
Denn für schwule Männer, die katholische Priester werden wollen, gilt ein Weiheverbot – sie dürfen den Beruf eigentlich nicht ausüben. Für Mitarbeitende in katholischen Einrichtungen gilt ein eigenes kirchliches Arbeitsrecht: Sie müssen die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben beachten. Nicht-heterosexuelle Beziehungen widersprechen dieser katholischen Sittenlehre. Viele Homosexuelle leben in dauernder Anspannung und Angst, entdeckt zu werden.
Die Dokumentation hört denen zuhört, die ihren Glauben jeden Tag leben und von der Institution Kirche herabgewürdigt werden. Für viele wäre ein Austritt aus der Kirche oder ein Jobwechsel einfacher gewesen. Doch sie wollen die Kirche verändern. Sie wollen nicht länger schweigen, sondern auf sich aufmerksam machen: "Wir sind hier und zwar so wie Gott uns schuf!"

Ein Film von Katharina Kühn, Hajo Seppelt, Marc Rosenthal und Peter Wozny


Bis zum 2. August machen wir eine kurze Sommerpause. Schauen Sie bis dahin doch einfach mal in der ARD Mediathek vorbei: