Gekommen aus der Sowjetunion, gespalten durch Putins Krieg?

Menschen hautnah 22.02.2024 47:41 Min. UT Verfügbar bis 31.12.2099 WDR Von Katja Garmasch, Jörg Laaks


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Gekommen aus der Sowjetunion, gespalten durch Putins Krieg?

Stand: 16.01.2024, 16:11 Uhr

Seit Russlands Überfall auf die Ukraine vor fast zwei Jahren stehen sie vermehrt im Fokus: Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, mit rund vier Millionen die größte Migrantengruppe in Deutschland. Besonders die Russlanddeutschen unter Ihnen sollen sich immer wieder bekennen: Putin Freund oder Putin Gegner? Die Antwort auf diese Frage kann Familien und Freundeskreise spalten.

Wer sind die Menschen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken? WDR-Autorin Katja Garmasch, selbst mit 16 Jahren aus Usbekistan gekommen, hat für diese Doku einige von ihnen begleitet. Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Ländern, sprechen unterschiedliche Muttersprachen, haben unterschiedliche Lebensmodelle und politische Ansichten. Die meisten sind in den 90er Jahren eingewandert, als Spätaussiedler oder als jüdische Kontingentflüchtlinge. Seit Ausbruch des Ukrainekriegs sind eine Million Kriegsflüchtlinge hinzugekommen. Und seitdem kommt es immer wieder zu Konflikten.

Mann vor Aufnahmepult

In seinem Podcast „Steppenkinder“ erzählt Edwin Warkentin von seine russlanddeutschen Herkunft

Yuri Krotov, 35 ein Jude aus der Ukraine, kam mit 14 als Kontingentflüchtling nach Deutschland und lebt in Köln. Er organisiert Projekte zur Demokratiestärkung und zur Integration von russischsprachigen Menschen in Deutschland, schreibt für russischsprachige Portale und die Zeitung seiner jüdischen Gemeinde. Yuri weiß, wie zerrissen die postsowjetische Community seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges ist. „Menschen die Verständnis für Putin und seinen Krieg haben, sind nicht mehr meine Freunde“, sagt Yuri. Aber er glaubt daran, dass man durch Aufklärung und Demokratie-Bildung viele noch erreichen kann.

Rothaarige Frau schaut in die Kamera

Irina Gottfried hat einen Spätaussiedler geheiratet und ist aus Sibirien nach Deutschland gezogen. Heute leitet sie den größten russischsprachige Bildungsverein in NRW.

Vera Voronjuk ist mit ihrer Familie 1979 aus Kirgistan über Lettland nach Detmold gekommen. Ihre Familie hat die deutsche Sprache und deutsche Traditionen trotz der Repressionen der Sowjetmacht bewahrt. Veras Mann ist Ukrainer. Zusammen bauen sie in der Ukraine ein Heim für Kriegswaisen auf.

Mit sowjetischen Erfindern ist Katja Garmasch in den Keller gegangen, auch zum Lachen, aber vor allem zum Staunen. Die ehemaligen Ingenieure aus Russland, der Ukraine und Kasachstan haben in ihrem Bastelkeller nützliche und skurrile Maschinen erfunden. Sie sind zwischen 50 und 90 Jahre alt, kennen sich seit Jahrzehnten und sind sich niemals einig. Ihre Diplome wurden in Deutschland nicht anerkannt. Um im Kopf nicht einzurosten, basteln sie an Erfindungen wie einer Falschgeld-Erkennungs-Maschine oder einer beheizbaren Kaffeetasse. „Wir können uns hier aber nur treffen, wenn wir nicht über Politik sprechen“, sagen die Erfinder. Der russischen Angriffskrieg ist für ihre Freundschaft eine Zerreißprobe.

Ein Film von Katja Garmasch und Jörg Laaks
Redaktion: Martin Suckow