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Verfahrensstau im Wuppertaler Landgericht

Stand: 03.04.2019, 18:54 Uhr

• Mehrere Großverfahren halten Strafkammern auf
• Haftsachen müssen vorrangig behandelt werden
• Verfahren um tote Kinder bleiben liegen

Von Michaela Heiser

Im Landgericht stapeln sich die Verfahren. Im vergangenen Jahr gab es dort mehrere langwierige Prozesse. Deshalb bleiben vor allem Anklagen gegen Beschuldigte, die nicht in Untersuchungshaft sitzen, länger liegen - selbst wenn Menschen zu Tode kamen. Allein im Februar waren 31 von insgesamt 70 Verfahren am Landgericht sogenannte Haftsachen.

Säuglingsfund im Eimer

Ende 2017 hatte eine Spaziergängerin eine Säuglingsleiche in einem Kosmetikeimer gefunden. Halb vergraben neben einem Waldweg. Seit Oktober vorigen Jahres sind die junge Mutter und der Vater des Kindes angeklagt. Einen Verhandlungstermin gibt es aber noch nicht.

Für Staatsanwältin Dorothea Tumeltshammer zunächst nicht ungewöhnlich, denn viele Unterlagen müssten geprüft werden. Das alles geschieht, ohne dass die beiden mutmaßlichen Täter im Gefängnis sitzen.

"Zum einen, ihnen wird kein Tötungsdelikt vorgeworfen, sondern versuchter Schwangerschaftsabbruch und eine Verabredung zu einer Tötung des Babys. Zum anderen kann man nur Untersuchungshaft beantragen, wenn ein Haftgrund vorliegt, zum Beispiel, wenn die Gefahr droht dass die Angeschuldigten flüchten."

Für Untersuchungshäftlinge gilt die Unschuldsvermutung

Ob die Richter die Anklage im Fall des toten Säuglings überhaupt zulassen, ist noch nicht entschieden. Auch der Tod eines Pflegekindes in Solingen ist noch nicht aufgeklärt. Die mutmaßliche Täterin ist ebenfalls auf freiem Fuß und wartet noch auf ihren Prozess.

Grund dafür: Die Richter müssen Fälle vorrangig behandeln, wenn der Angeklagte in Untersuchungshaft sitzt, erklärt Arnim Kolat vom Landgericht Wuppertal: "Für ihn gilt immer noch die Unschuldsvermutung und aus diesem Grunde gibt es strenge gesetzliche Vorgaben, anhand derer geprüft wird, ob die Untersuchungshaft noch verhältnismäßig ist und deswegen muss das Verfahren dann beschleunigt betrieben werden."

Angehörige und Opfer leiden unter langer Verfahrensdauer

Ein langes Verfahren belastet aber nicht nur Angeklagte. Vor allem Opfer und Angehörige leiden darunter, wenn die Richter eine Tat nicht zeitnah aufklären können. Deshalb stellt Richter Arnim Kolat fest: "Dass bei einem Angehörigen das Gefühl entstehen könnte, dass der Staat sich um die Strafverfolgung seiner Tat nicht kümmert, das darf definitiv nicht entstehen. Dem muss meines Erachtens mit allen organisatorischen und technischen Mitteln und auch der entsprechenden Personalausstattung entgegen gewirkt werden."

In Wuppertal stehen aber, wie im vergangenen Jahr, mehrere Verfahren mit vielen Angeklagten an. Das heißt, es kann noch Monate dauern, bis sich die Richter mit den Fällen um die toten Kinder befassen.