Blick von den oberen Rängen des vollen Stadions auf den Tennisplatz

Am Limit – 1993

Stand: 01.10.2020, 10:59 Uhr

Im Jahr 1993 eroberte Techno unser Land und wir machten die Nacht zum Tag. Halle in Westfalen wurde zum deutschen Wimbledon. Die Weiße Weihnacht fiel in Köln ins dramatisch hohe Wasser. Und Hunderttausende gingen für Menschlichkeit und für ihre Zukunft auf die Straße.

Menschen demonstrieren nachts mit Fackeln und Plakaten

Die Nacht der 1000 Feuer: Am 17. Februar demonstrierten viele Menschen im Ruhrgebiet für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

Die Belegschaften der Stahlwerke von KruppHoesch zündeten Kerzen und Fackeln an. In der "Nacht der 1000 Feuer" blockierten sie die B1 in Dortmund und kämpften um ihre Arbeitsplätze. Werner Nass war damals Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und versuchte die drohende Schließung und den Jobverlust vieler Kollegen zu verhindern.

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Zu Beginn des Jahres gingen in Essen über 300.000 Menschen auf die Straße, mit einer kilometerlangen Lichterkette traten sie für mehr Menschlichkeit und gegen Ausländerhass ein.

Außenansicht Gebäude, Haus zerstört, ausgebrannt

Fünf Tote: Rechtsradikale zündeten das Haus der türkischen Familie Genç an.

Doch im Mai brannte in Solingen das Haus der Familie Genç. Fünf Menschen starben. Es war einer der folgenreichsten Anschläge in NRW. Die Täter aus dem rechten Lager wurden schnell verhaftet - die Menschen im Land waren schockiert, aufgewühlt und beschämt.

Ein westfälisches Wimbledon

In Ostwestfalen reiste in diesem Juni der internationale Tennis-Jet-Set an: André Agassi, Carl-Uwe Steb und Michael Chang kamen zu den ersten Gerry Weber Open nach Halle.

Die Idee stammte von Modeunternehmer Gerhard Weber und seinem Sohn Ralf. Innerhalb eines Jahres stampften sie einen kompletten Turnier-Tenniscourt aus dem Boden - und brachten den besten englischen Rasen aus Wimbledon in ihre Heimatstadt.

Der Musiksender Viva ging an den Start - die deutsche Antwort auf MTV. Zu den Moderatoren der ersten Stunde gehörte der damals 17-jährige Nilz Bokelberg aus Wesseling.

Der junge Nilz Bokelberg schaut verschmitzt lächelnd in die Kamera

Entertainer-Gen: Nilz Bokelberg fühlte sich bei VIVA schnell wie zuhause.

Überhaupt: Musikalisch war NRW in diesem Jahr ganz vorne mit dabei: Der Kölner Haddaway sang "What is love" und stürmte damit in 15 Ländern in die Top Ten. Und Hilde Knef legte mit Extrabreit aus Hagen ihren Klassiker "Für mich soll’s rote Rosen regnen" wieder auf und eroberte die Charts.

Der 1. Juli wurde mit viel Spannung erwartet: Ab sofort galten die neuen 5-stelligen Postleitzahlen. Die Bewohner im westfälischen Lüdinghausen organisierten für ihre alte Postleitzahl 4710 sogar eine "Beerdigung".

Ein süßer Traum

Kinder und eine Museumsangestellte stehen am Schokoladenbrunnen, im Hintergrund das Rheinufer

Das Highlight: der Schokoladenbrunnen im Museum.

Im Herbst brachen in NRW süße Zeiten an: Hans Imhoff eröffnete am Kölner Rheinauhafen sein Schokoladenmuseum. 53 Millionen Euro Privatkapital investierte er ins Museum und ließ das Gebäude in nur 13 Monaten hochziehen. Zur Eröffnung war das Dach noch undicht und die Museumsbesucher bekamen ein paar Tropfen ab. Die waren beim Gang zum beliebten Schokoladenbrunnen aber schnell vergessen.

Dramatische Weihnachten

Blick auf die überflutete Kölner Altstadt und den Kölner Dom

Land unter: Das Hochwasser überschwemmte Weihnachten nicht nur die Kölner Altstadt.

Weihnachten fiel für viele in Köln ins Wasser. Der Rhein erreichte einen Rekordpegel von 10,63 Meter, die Kölner Altstadt versank im Rheinhochwasser - und nicht nur sie: Besonders hart traf das Hochwasser die Bewohner von Köln-Rodenkirchen, denn sie wurden im Gegensatz zu den umliegenden Ortschaften nicht richtig gewarnt. Unter ihnen war auch Inge Kahlix, die sich im Film daran erinnert und für die der Rhein seitdem zwei Seiten hat. 

Erzählt wird der Film von Schauspielerin und Moderatorin Esther Schweins. 1993 feierte sie – als Star der Comedy-Show "RTL Samstag Nacht" – ihren großen Durchbruch.

Ein Film von Anna Bilger und Kathrin Schwiering
Redaktion: Barbara Schmitz