Biggesee

Der Biggesee und die versunkenen Dörfer

Stand: 15.05.2020, 14:34 Uhr

Mit 170 Millionen Kubikmetern ist der Biggesee die zweitgrößte Talsperre Nordrhein-Westfalens, in Deutschland die Nummer fünf. Nur eine Stunde vom Ruhrgebiet und dem Rheinland entfernt, ist der See eine der beliebtesten Freizeit- und Ausflugsregionen.

Doch wer hier badet, segelt oder taucht, denkt nicht an die versunkenden Dörfer. Vor dem Bau des Stausees mussten rund 2.750 Menschen ihre Heimat verlassen - Häuser, Höfe und Betriebe. Geologen, Ingenieure und die vielen hundert Arbeiter standen vor großen Herausforderungen auf einer der seinerzeit spektakulärsten Baustellen Europas.

Historisches Foto, Ein Dorf in den 1950er Jahren

Nur noch Erinnerung: Auch das Dorf Sondern im alten Biggetal ist im See versunken.

Alles begann im Jahr 1938: Weil die aufstrebende Industrie und die Bevölkerung des Ruhrgebiets immer mehr Wasser brauchte, beschloss der damalige Ruhrtalsperrenverein, einen großen Wasserspeicher im Sauerland anzulegen.

Historisches Foto, eine riesige Baustelle in den 1960er Jahren

Gigantisch: Zwischen 1957 und 1965 ist das Biggetal zeitweise die größte Baustelle Europas.

1957 begannen die Arbeiten. Der Bau erstreckte sich über 20 Kilometer. Bahntrassen wurden verlegt, Tunnel gebohrt und rund 70 Kilometer Straßen neu gebaut, darunter acht große Talbrücken. Acht Jahre dauerte das Ganze.

Ausflugsschiff MS Bigge auf dem Biggesee.

Schiff ahoi! Die "Weiße Flotte" ist seit 1967 im Einsatz.

Der Bau der Biggetalsperre ist aber nicht nur die Geschichte großer Ingenieurskunst: Die Anwohner im Staubereich wurden in neue Orte wie Neu-Listernohl oder Neu-Sondern umgesiedelt. Sie mussten erleben, wie ihre Dörfer dem Erdboden gleichgemacht wurden.

In der Dokumentation erinnern sich ehemalige Bewohner an die Zeit, in der sie jahrelang auf einer gigantischen Baustelle wohnten. Sie erlebten, wie die eigenen Häuser abgerissen, abgebrannt oder sogar gesprengt wurden. So zeigt der Film nicht nur spektakuläre Aufnahmen vom Bau der Talsperre, sondern auch bislang unveröffentlichte Super-8-Aufnahmen: Bilder der brennenden Häusern.

Blick auf einen See, auf dem ein großes Luftkissen schwimmt, von dem gerade ein Mensch in die Luft gesprungen ist

Trendsport "Blobbing": an der Badeinsel am Sonderner Kopf ein beliebter Nervenkitzel.

Dennoch wurde der Biggesee zur Erfolgsgeschichte. Es sind auch die Kinder und Enkel der einstigen Talbewohner, die den See zu einem der aufregendsten Naturerlebnisräume Nordrhein-Westfalens machten. Hier kann man Segeln, Rudern, Stand-Up-Paddeln. Oder sich von der einzigen Blobbing-Anlage der Gegend in die Luft katapultieren lassen. Aus der versunkenen Heimat wurde im Lauf der Jahrzehnte so die Riviera des Sauerlands.

Ein Film von Peter Scharf
Redaktion: Klaus Kunde-Neimöth, Adrian Lehnigk