Ein Mitarbeiter des Autobauers Opel betritt in Bochum das Werksgelaende zum Schichtwechsel

ARBEIT HEIMAT OPEL

Stand: 31.10.2018, 15:01 Uhr

ARBEIT HEIMAT OPEL porträtiert sechs Jugendliche, die 2009 ihre Ausbildung zum Industriemechaniker im Bochumer Opel-Werk beginnen. Während sie mit einem neuen Lebensabschnitt, dem Start ins Berufsleben und dem nahenden Ende der Geborgenheit des Elternhauses umgehen müssen, gerät Opel immer tiefer in den Strudel der internationalen Finanzkrise und damit unter wirtschaftlichen Druck.

Jerome, André, Sinan, Tim, Marius und Marcel sind in der Gruppe des Industriemechanikermeisters Achim Kranz, der als Ausbilder für manche auch zur Vaterfigur wird. Die Jungs beginnen ihre "Lehrzeit" sichtlich stolz, denn es gab eine Großzahl von Bewerbern. Die Aussicht auf mehr Eigenständigkeit, die sich in einer allmählich materiellen Unabhängigkeit manifestiert, lässt sie motiviert in die Zukunft schauen.

Blick in eine Werkshalle, ein Ausbilder spricht mit einem Jugendlichen

Lotse durch unruhige Zeiten: Ausbilder Achim Kranz versucht, die Jugendlichen trotz wachsender Unsicherheit zu motivieren.

Gleichzeitig sind die Nachrichten zur Lage von Opel nicht gut und werden immer schlechter: Opel ist seitens des Mutterkonzerns GM in die finanzielle Schieflage geraten, steht zum Verkauf, ein Bieterkonsortium gibt Angebote ab. Die deutsche Politik versucht zu vermitteln.

Die Jugendlichen sind in ihrem anfänglichen Eifer optimistisch gestimmt. Von den Verhandlungen auf den "höheren Etagen" lassen sie sich nicht allzu sehr beunruhigen, zumal durch die meist über Generationen reichende Zugehörigkeit zum Konzern ein Ende der Marke »Opel« gar nicht vorstellbar erscheint.

Blick in eine Werkshalle, Jugendliche sitzen an Arbeitstischen und üben Schweißen

Gemeinsam durch die Ausbildung: das schweißt zusammen.

Aber immer wieder kommen Hiobsbotschaften aus den USA, das erste Werk in Belgien wird geschlossen, in Deutschland wird um den Erhalt der einzelnen Werke unter Inkaufnahme von Arbeitsplatzverlusten gerungen. Wenngleich das Unternehmen GM Rekordeinnahmen verbucht, bleibt Opel unrentabel und finanziell angeschlagen.

Die Ausbildung nimmt unterdessen in der Gruppe immer alltäglichere Züge an. Die Motivation sinkt, erste Zweifel werden zaghaft geäußert; einerseits ausbildungsbedingt, andererseits mehren sich Perspektivängste, die von gut oder nicht so gut absolvierten Tests und dem Druck der anstehenden Prüfungen geprägt sind. Die Frustrationsschwelle sinkt zudem unter dem Einfluss der Nachrichtenlage um Opel.

Nichtsdestotrotz lässt Kranz nicht davon ab, seine Gruppe in Gesprächen mit viel Verständnis und Einfühlungsgabe auf das Leben vorzubereiten. An die Stelle des einst sicher geglaubten oder zumindest erhofften Jobs bis zur Rente tritt allmählich ein bisher unbekanntes Wertespektrum, geprägt von Flexibilität, Weiterbildung und steter Ungewissheit.

Jugendliche spielen auf einer Fläche zwischen Werkshallen Fußball

Druck abbauen: Pausenfußball zwischen den Werkshallen hilft dabei.

Die Filmemacher Michael Loeken und Ulrike Franke begleiten Jerome, André, Sinan, Tim, Marius und Marcel mit ihren Hoffnungen und Ängsten durch die Zeit des persönlichen wie wirtschaftlichen Umbruchs, lernen ihre Lebensträume und Sorgen kennen. Mit dem bewussten Verzicht auf Musik beschränken sie sich auf das Wesentliche in diesem Mikrokosmos und zeigen die Jugendlichen am Anfang eines Arbeitslebens, dessen Zukunft von vornherein ungewiss ist.

Dabei kontrastiert ARBEIT HEIMAT OPEL den Alltag der Auszubildenden im Werk II mit den Geschicken von GM und Opel auf der Weltbühne auf zwei scheinbar voneinander losgelösten Ebenen. Trotz ihrer räumlichen und medialen Distanz berühren und überschneiden sich die beiden Ebenen immer wieder und verknüpfen globale Weichenstellungen und lokale Lebensentwürfe - und umgekehrt.

Ein Dokumentarfilm von Ulrike Franke und Michael Loeken
Redaktion: Jutta Krug