Portrait von Lisa Ortgies - Moderatorin von Frau tv

Lisa Ortgies - Moderatorin

Stand: 16.06.2015, 15:50 Uhr

Auf dem platten Land wird Emanzipation einfach gelebt, aus rein pragmatischen Gründen, weil jede Arbeitskraft gebraucht wird (und ohne, dass jemandem das Wort einfiele). Den Landhandel in der niedersächsischen Provinz, wo ich aufgewachsen bin, haben größtenteils meine Mutter und meine Großmutter geschmissen. Dass manche Mütter nicht ins Büro oder zur Arbeit gingen, habe ich erst später gelernt.

Von Barbiepuppen, Ballet und anderem rosa Mädchengedöns bin ich verschont geblieben, weil so etwas zwischen Kohlebriketts und Getreidesäcken völlig nutzlos war. Ich hatte also im besten Sinne eine behütete Kindheit und nach einer wilden Jugendzeit und diversen Umwegen war klar, dass ich Journalistin werden würde. Die Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule war insofern prägend, als dass ich bis heute nie auf die Idee kommen würde, zwischen einer weiblichen und einer männlichen Sicht auf ein Thema zu unterscheiden. Was zählt ist das Handwerk. Wer sein Handwerk versteht, hat einen sehr scharfen Blick auf die Lebenswirklichkeit und da sind in der Tat noch einige Unterschiede für Männer und Frauen zu finden, an denen wir arbeiten… Bis Macht, Ressourcen, das Geld, der Haushalt und die Kinderbetreuung zu gleichen Teilen über bzw. an beide Geschlechter verteilt sind, um es ganz grob auf den Punkt zu bringen… Womit wir bei dieser wunderbaren Sendung wären, die ich neben meiner Tätigkeit als Autorin seit vielen Jahren moderieren darf. Das Tempo der Entwicklung in Richtung so einer 50/50 Verteilung lässt leider zu wünschen übrig oder um die Intendantin des rbb, Dagmar Reim, zu zitieren: "Kaum wartet man 2000 Jahre, schon tut sich was…"

Ich freue mich und bin stolz, dass Frau tv trotz des missverständlichen Titels inzwischen auch von 36 Prozent Männer geschaut wird! Denn das könnte bedeuten, dass wir gemeinsam, Männer und Frauen, die nächsten 2000 Jahre vielleicht etwas abkürzen können... Und ganz nebenbei den Männern einen großen Wunsch erfüllen, den sie in jeder Umfrage und Studie wiederholen: "Mehr Zeit für meine Kinder…"

Mein Verständnis eines modernen Feminismus lässt sich deshalb mit einer lebensnahen und ganz pragmatischen Szene auf den Punkt bringen: Ein Ziel hätten wir erreicht, wenn Frauen im Vorstellungsgespräch künftig gefragt werden: "Was müssen Sie bei uns verdienen, damit Ihr Mann auf Teilzeit gehen kann?"