Buchtipps vom 09.07.2020

Buchtipp: "Ich bleibe hier"

Stand: 08.07.2020, 22:40 Uhr

Titel: Ich bleibe hier
Autor: Marco Balzano
Verlag: Diogenes
ISBN-10: 3257071213
ISBN-13:  978-3257071214

Der Autor

Der Autor: Marco Balzano gehört zu den populärsten Schriftstellern im heutigen Italien. Seine Romane wurden vielfach ausgezeichnet, auch sein aktueller „ Ich bleibe hier“.

Die Handlung

Hätte sich der italienische Autor Marco Balzano im Urlaub in Südtirol bei einem Ausflug nicht verfahren, dieser Roman wäre nicht geschrieben worden. Bei seiner Irrfahrt landete er am Reschensee, einem riesengroßen Stausee, aus dem, mitten im Wasser, ein Kirchturm in die Höhe ragt. Einst war er Mittelpunkt des Dorfes Graun. Ein typisches Südtiroler Dorf, mit Bauern und Handwerkern, zwei Wirtshäusern, dem „Adler“ und der „Traube“, einer kleinen Schule, üppigen Geranientöpfen an den verzierten Häusern. Eine Dorfgemeinschaft, die gewaltsam aufgelöst wird, als ein Energiekonzern im Tal einen Stausee baut, um Strom zu gewinnen. Der Widerstand der Bewohner ist heftig , aber am Ende vergeblich. Ihr Dorf wird geflutet, sie werden umgesiedelt, manche in letzter Minute. Es gibt aus dieser Zeit das Foto einer alten Frau in ihrem Haus, in dem das Wasser schon hochsteht. Sie kniet auf einem Tisch, ihre Hände klammern sich ans Fensterbrett. Das Foto entstand, als ein Boot kam, um die alte Frau zu holen, die sich weigerte, ihr Haus zu verlassen. Als der Autor Balzano bei seinen Recherchen auf dieses Foto stieß, war ihm klar: Eine starke, kämpferische Frau wie sie will ich als Hauptfigur in einem Roman. Er erfand Trina, die Lehrerin, die die Geschichte ihrer Familie erzählt, eng verwoben mit der des Dorfes.

Die Bewertung

Wie er das macht, ist fabelhaft. Spannend, unterhaltsam, wehmütig, bittersüß, es ist alles drin in diesen knapp dreihundert Seiten. Eine Menge Zeitgeschichte, Familienkonflikte, Not, Leid, Liebe, Zweifel und Wut. Marco Balzano hat diesen Roman mit der Stimme und den Gefühlen einer Frau geschrieben, einen Traum, den er als Autor schon lange hatte. Als er die alte Frau auf dem Foto sah, wusste er, das ist die Frau, auf die er gewartet hat, in die er sich hineinversetzen wollte. Sein Buch ist auch ein feministisches geworden, sagt er, und er ist froh darüber. Hätte er die Geschichte aus Sicht eines Mannes geschrieben, wäre sie eine andere geworden. Ich war als kleines Mädchen, Mitte der 50er Jahre, in den Ferien am Reschensee. Erinnere mich gut daran, wie faszinierend und unheimlich zugleich ich den Gedanken fand, dass dort unten auf dem Grund des Sees, ein Dorf liegt. Nur noch der Kirchturm übriggeblieben ist. Was könnten die Menschen erzählen, die dort einmal gelebt haben? Vor genau 70 Jahren ist das Südtiroler Dorf Greun von der Landkarte verschwunden. Der Roman macht seine Bewohner, ihre Lieben und ihr Leiden noch einmal lebendig.