Eine der erstaunlichsten Geschichten des Kriegsendes im Westen hat sich an der Brücke von Remagen abgespielt. Die letzte nicht von den Deutschen gesprengte Rheinbrücke wurde von der US-Army erobert und für einen raschen Vormarsch auf die rechte Rheinseite genutzt. Das hat den Krieg an Rhein und Ruhr um Wochen verkürzt.
Die Brücke von Remagen: nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut, in Hollywood verfilmt.
Der Ludendorff-Brücke in Remagen wurde im Zweiten Weltkrieg weder von der Wehrmacht noch von den alliierten Truppen große strategische Bedeutung beigemessen. Buchstäblich über Nacht verwandelte sich die Brücke dann zu einem der entscheidenden Schauplätze des Kriegsendes.
Die letzte Brücke über den Rhein
Die US Armee bereitet sich auf die Überquerung der Brücke von Remagen vor.
Am 7. März war die 1. US-Armee bereits in unmittelbarer Nähe. Ein Teil der Bevölkerung von Remagen und Erpel suchte in dem Eisenbahntunnel Zuflucht, der sich rechtsrheinisch an die Brücke anschloss. Der deutsche Kommandant wollte so früh wie möglich sprengen. Denn alle Rheinbrücken sollten zerstört werden, um den Vormarsch der alliierten Truppen zu stoppen. Dann aber änderte sich der Befehl: Die Brücke sollte nun so lange wie möglich gehalten werden, damit noch möglichst viele deutsche Soldaten mit ihren Panzern und Artilleriegeschützen auf dem Rückzug die Brücke überqueren konnten.
Gleichzeitig erreichten die ersten US-Soldaten die noch völlig intakte Brücke; wenig später begann der alliierte Angriff. Am Nachmittag versuchten die Deutschen eine Sprengung der Brücke, aber der erste Versuch misslang und im zweiten Anlauf war es zu wenig Sprengstoff und die Wirkung zu gering. Die Sprengung hob die Brücke kurz aus ihren Lagern, zerstörte sie aber nicht. wodurch es den alliierten Truppen ermöglicht wurde, den Rhein zu überqueren und ihren Vorstoß ins „Herz Deutschlands“ zu beschleunigen. Innerhalb von 24 Stunden überquerten 8.000 amerikanische Soldaten den Rhein.
Ein erbitterter Kampf mit vielen Opfern
Remagen, 17.03.1945. Blick auf die Ludendorffbrücke kurze Zeit vor dem Einsturz.
„In vielen Büchern steht, dass die Einnahme der Brücke leicht war, aber das war sie nicht.“, erinnert sich Paul Priest, er als einer der ersten amerikanischen Soldaten die Brücke überquerte. „Wenn Leute fragen, ob man Angst hatte, sage ich: ja! Jeder, der sagt, er hatte keine Angst, ist verrückt!“ Die misslungene Sprengung ermöglichte es der US-Army, den Rhein zu überqueren und ihren Vorstoß ins „Herz Deutschlands“ zu beschleunigen. Innerhalb von 24 Stunden überquerten 8.000 amerikanische Soldaten den Rhein.
Von deutscher Seite wurde in der Folge mehrfach vergeblich versucht, die Brücke zu zerstören. Die Brücke stürzte schließlich am 17. März ein, wahrscheinlich aufgrund der Überlastung der vorherigen Tage. Hitler ließ mehrere Offiziere, die er für die nicht erfolgte Zerstörung verantwortlich machte, durch ein Standgericht verurteilen und erschießen. Die Alliierten konnten insgesamt 18 Regimenter über die Brücke von Remagen übersetzen. General Eisenhower soll befunden haben: „Die Brücke ist ihr Gewicht in Gold wert!“
Ein Ort der Erinnerung
Die Pontonbrücke bei Remagen über den Rhein, nachdem die Brücke von Remagen selbst zusammengestürzt war.
In Deutschland geriet die Geschichte der Brücke von Remagen lange Zeit in Vergessenheit. Die Brücke wurde nicht wieder aufgebaut, sie hatte keine Bedeutung mehr nach dem Krieg. Ihre Fundamente blieben bis 1978 im Rhein stehen. Als Hans-Peter Kürten 1965 Bürgermeister von Remagen wurde, erkannte er das schlummernde Potenzial in den Ruinen und ihrer Geschichte. Für ihn stand von Anfang an fest, „dass es für unser Land ein Segen war, dass die Amerikaner die Brücke haben einnehmen können, denn sonst hätten wesentlich mehr Leute sterben müssen.“ Daraus zog er ein sehr konkrete Schlussfolgerung: „Man muss für den Frieden arbeiten.“
Zusammen mit seinem Amtskollegen aus Erpel hat er über viele Jahre akribisch Zeitzeugen gesucht, befragt und die Aussagen dokumentiert. In einem der beiden erhaltenen Brückentürme entstand das Friedensmuseum Remagen, finanziert aus dem Verkauf kleiner Steine des Fundaments. Dort und im Theater im ehemaligen Eisenbahntunnel in Erpel wird heute an die dramatische Geschichte erinnert, die sich vor genau 70 Jahren am Rhein abgespielt hat.
Autor: Werner Kubny
Redaktion: Beate Schlanstein