Amokprävention: Das hat sich schon geändert

Stand: 25.07.2016, 15:53 Uhr

Erfurt, Emsdetten, Winnenden - München? Nach Amokläufen stellen sich viele die Frage, wie das überhaupt passieren konnte. Vor allem seit Winnenden hat sich aber schon viel getan: im Waffengesetz, an den Schulen und bei der Prävention.

Nach den Angriffen von Winnenden im März 2009 mit vierzehn Toten reagierte die Politik. Schnell wurde eine Kommission unter dem ehemaligen Stuttgarter Regierungspräsidenten Udo Andriof einberufen, die Empfehlungen für die Prävention von Jugendgewalt geben sollte. Felder waren unter anderem die Darstellung von Sicherheitsmaßnahmen an Schulen, Gewaltprävention bei jungen Erwachsenen und der Zugang zu Waffen.

Zugang zu Waffen:

Kurz nach dem Amoklauf wurde das deutsche Waffengesetz verändert: Behörden dürfen nun nicht mehr nur alle drei Jahren, sondern immer prüfen, ob der Besitzer einer Waffe noch das Recht dazu hat. Eine Schießerlaubnis für großkalibrige Waffen gab es nach der Novellierung des Gesetzes erst ab 18 Jahren. Auch muss nun nachgewiesen werden, ob die Waffen ordnungsgemäß aufbewahrt werden – sogar Kontrollen ohne vorhergehenden Verdacht sind möglich.

Seit dem 1. Januar 2013 gibt es ein nationales Waffenregister, das die Informationen zu erlaubnispflichtigen Schusswaffen in Privathaushalten und Vereinen speichert. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren im Juni 2016 etwa 5,8 Millionen Waffen oder –teile dort gespeichert.

Amokprävention an Schulen:

Für die Schulen in NRW war nicht nur der Amoklauf in Winnenden entscheidend – vor allem nach dem Amoklauf in Emsdetten im November 2006 habe sich viel getan, sagt eine Sprecherin des Schulministeriums NRW: "Wir haben 2007 Notfallpläne an den Schulen eingeführt, die nach Winnenden noch einmal überarbeitet wurden." 2014 wurden sie noch einmal aktualisiert.

In solchen Notfallordnern werden verschiedene Krisen in Schulen beschrieben – von Unfällen über Mobbing und Gewalt auch Amokläufe. In Zusammenarbeit mit der Unfallkasse NRW, dem NRW-Innenministerium und dem Landeskriminalamt werden hier Handlungsanweisungen und Empfehlungen gegeben.

Allerdings könne das Schulministerium zum Beispiel keinen Einfluss auf schulspezifische Eigenheiten der Schulen nehmen, so die Sprecherin. Umbauten wie Notfallknöpfe oder die Art, in einer Gefahrensituation zu informieren, liegen also bei jeder Schule selbst.

Zudem wurden Schulteams eingeführt, in denen Lehrer und Schulpsychologen Ansprechpartner in Krisenfällen sind oder sich mit schulspezifischen Themen auseinandersetzen. "Sie sollen sowohl präventiv tätig sein, sich aber auch um die Nachsorge kümmern", sagt die Sprecherin des Schulministeriums. In NRW gibt es inzwischen über 300 Schulpsychologen.

Gewaltprävention:

Seit 2009 gibt es verschiedene Erlasse in allen Bundesländern, in denen Schulen zum Bedrohungsmanagement verpflichtet werden. "Das bedeutet nicht, dass Lehrer Spezialisten für Bedrohungen sind", sagt Kriminologin Britta Bannenberg. Vielmehr soll die Aufmerksamkeit der Lehrer erhöht werden. Denn das gefährliche Verhalten falle vor allem zuerst den Mitschülern auf.

Schüler sollen sich dann an Vertrauenslehrer und das Schulteam wenden können. Das Team prüfe dann die Aussagen und befrage die Lehrer, um sich ein Gesamtbild der Situation zu machen. Bannenberg: "Wenn einer eine Tat plant, ist das an verschiedenen Orten aufgefallen." Anschließend gibt es entweder Entwarnung – oder Psychologen oder die Polizei wird hinzugezogen.

In manchen Fällen greifen diese Mechanismen aber nicht. Dann nehmen Leute zwar Signale wahr, geben aber niemandem Bescheid. "Viele schweigen und glauben, es wird sich schon auswachsen", so Bannenberg.

Dennoch: Vor allem die Schüler seien aufmerksamer geworden. Und auch Schulen wollen etwas tun – und nicht mehr nur mit Schulausschluss reagieren. "Ich glaube, dass durch die Prävention Taten verhindert wurden", sagt Britta Bannenberg.