Männer! Macht! Modelleisenbahn!

Stand: 10.05.2016, 15:00 Uhr

Die Modelleisenbahn. Horst Seehofer hat eine im Keller. Viele Millionen andere auch. Ein typisches Hobby für Macher, sagt Psychologe Georg Krause, "sie fürchten den Kontrollverlust". Und auf eigenen Gleisen haben sie die absolute Macht.

Von Matthias Goergens

Jörg Menzel teilt seine Kunden grob in zwei Gruppen auf: die Sammler und die Erschaffer. Der Chef von "Menzels Lokschuppen" hat die Freunde der Modelleisenbahn durchaus lieb gewonnen in den vergangenen 20 Jahren - nicht nur, weil der Düsseldorfer mit ihnen seinen Lebensunterhalt bestreitet. "Sie kommen für ihr Hobby in unseren Laden und sind einfach gut gelaunte Kunden." Die eine Hälfte kauft Lokomotiven, Waggons und andere Modelle in den verschiedenen Miniaturformaten und stellt sie in die Vitrine. "Das sind so mehr die Technikbegeisterten." Die andere Hälfte baut Landschaften, Gleisanlagen und ganze Welten in den eigenen vier Wänden.

Wenn Merkel bei Seehofer auf die Fensterbank muss

Und Horst Seehofer ist einer von ihnen. Der CSU-Chef öffnete für die ARD-Sendung von Reinhold Beckmann seinen Hobbykeller und gewährte Einblicke in seine kleine Lieblingswelt. "Das baut zu einem nicht unerheblichen Teil mein Leben nach." Mehr als zwei Jahrzehnte hat er dafür in seinem Ferienhaus geschreinert und Kabel verlegt. Nur er darf in dieser Welt die Weichen stellen, und das Modellpüppchen von Bundeskanzlerin Angela Merkel spielt eine ganz eigene Rolle. "In entspannten Zeiten" sei sie "die Chefin der Anlage". Und in schwierigen Zeiten? "Fensterbank!"

Modelleisenbahner fürchten den Kontrollverlust

Dieses Rollenspiel sei wichtig, sagt der Kölner Psychologe Georg Krause. Modelleisenbahner seien oft sehr kreative, handwerklich begabte und bastelbegeisterte Menschen. Aber sie fürchten sich auch vor Kontrollverlust - und im Keller können sie diese absolute Kontrolle über ihre Welt ausleben. "Oft sind es Macher, also Menschen, die auch sonst etwas zu sagen haben", sagt Georg Krause.

Flaschenpfand erfüllt die Modellbahnträume

Ein Mann betrachtet eine Modelleisenbahn.

Viele fasziniert es, die Welt im Miniaturformat nachzubauen

Aber die Modellbahner werden auch weniger, der Nachwuchs fehlt. Kinder und Jugendliche kommen fast nie in seinen Laden, sagt Jörg Menzel. Dass CSU-Chef Horst Seehofer eine Anlage im Keller hat, passe daher voll ins Bild. Die meisten seiner Kunden sind "Ende 50 bis Mitte 60" und kommen aus allen Schichten: "Der eine sammelt Flaschenpfand, um sich etwas leisten zu können. Der andere ist Vorstandschef eines großen Unternehmens hier." Sie alle vereine die Liebe zur Eisenbahn. Und am Ende sei es ein Hobby, wie jedes andere auch: "Die einen rasen mit dem Mountainbike durch den Wald. Modelleisenbahner tüfteln vor sich hin und tauchen in die eigene Welt ein, um gedanklich abzuschalten." Auch Horst Seehofer baue damit Stress ab, verarbeite Dinge durchs Nachspielen, sagt Psycholge Georg Krause. Der CSU-Chef sollte daher ruhig mal öfter in den Keller gehen, denn das sei absolut gesund. "und anschließend wirkt es ins normale Leben zurück - im positiven Sinn."