"Ich bin dem Spender unendlich dankbar"

Stand: 20.08.2016, 16:30 Uhr

Der tödlich verunglückte Kanuslalom-Trainer Stefan Henze hat mit seinen Organen vier Menschen das Leben gerettet. Auch Claudia Krogul hat ein Spenderorgan erhalten, eine Lunge. Sie - und viele andere Transplantierte - denken fast jeden Tag an ihre Spender.

Bevor Claudia Krogul aus Nordkirchen eine Spenderlunge transplantiert wurde, konnte sie kaum atmen und saß im Rollstuhl. 15 Meter betrug ihr Lebensradius damals - so lang war das Kabel der Sauerstoffmaschine. Sie kam mit der Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose auf die Welt. Ihre Lunge wurde schwächer und schwächer, hatte irgendwann nur noch ein Volumen von zwölf Prozent. Zweieinhalb Jahre wartete sie auf den erlösenden Anruf aus der Klinik. Endlich - im Jahr 2012 - wurde sie transplantiert, fünfeinhalb Stunden lang dauerte die Operation. Sie erinnert sich noch genau an den Moment, als sie aus der Narkose aufwachte. "Der Tubus steckte noch, und ich habe das erste Mal tief Luft bekommen, so tief wie noch nie in meinem Leben. Ich habe die Lunge sofort angenommen – ich denke über den Spender nach und bin ihm unheimlich dankbar."

"Die Niere war eines der schönsten Dinge, die ich je bekommen habe"

So wie Claudia Krogul geht es vielen Transplantierten. In verschiedenen Blogs, Tagebüchern und Foren danken sie ihren Spendern. Zum Beispiel im "TransplantForum". Dort schreibt Carmen, lebenslang Typ-1-Diabetikerin und nierentransplantiert: "Nach lebenslanger Krankheit bin ich einfach nur dankbar. Die Niere war eines der schönsten Dinge, die ich je bekommen habe." Ein anderer lebertransplantierter Betroffener macht allen Mut, die weiterhin auf ein Organ warten. "Ja, ihr habe das richtig verstanden, ich stand nur zwei Tage auf der Warteliste. Es gibt also noch Wunder."

Auf der Homepage des Vereins für Lebentransplantierte schreibt Norbert Gockel, der 2009 eine neue Leber bekam: "Natürlich denke ich jeden Tag an meinen Spender, der mir durch seinen Entschluss zur Spende schon viele gute Tage geschenkt hat." Und Birgit Schwenke, die 1985 eine neue Leber bekam, schreibt: "Ich darf  nun schon 27 Jahre mit der gespendeten Leber leben, was für mich und meine Familie das allergrößte Geschenk überhaupt ist.  Natürlich gab es in all den Jahren  Höhen und Tiefen, aber die Leber hat nie aufgehört gut zu arbeiten." Ohne das neue Organ hätte sie nie ihren Mann kennengelernt und ihre Nichten und Neffen nicht aufwachsen sehen.

10.200 Menschen warten zurzeit in Deutschland auf Organ

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation nennt die Organspende des verstorbenen Kanuslalomtrainers Stefan Henze eine "großherzige Geste der Menschlichkeit". Mit seinen Organen - Herz, Leber und beide Nieren - konnten vier Menschen in Brasilien erfolgreich transplantiert werden.

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation warten in Deutschland rund 10.200 Menschen auf ein lebensrettendes Organ. Rund 1.000 von ihnen sterben jedes Jahr, ohne dass sie ein Spenderorgan erhalten haben. 877 Menschen spendeten im Jahr 2015 ein oder mehrere Organe, insgesamt waren das 2.900 Organe. Ein einzelner Organspender kann bis zu sieben schwer kranken Menschen helfen: mit Nieren, Leber, Herz, Lunge, Bauschspeicheldrüse oder Dünndarm.

Spendenbereitschaft seit 2012 stark gesunken

Eine neue Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt, dass 82 Prozent der Befragten einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüberstehen. Nur 31 Prozent besitzen jedoch einen Organspendeausweis. Nach Manipulationen in mehreren Transplantationszentren war die Spendenbereitschaft seit 2012 stark gesunken und befindet sich auf einem historischen Tiefstand.

Dank ihrem Spender kann Claudia Krogul aus Nordkirchen wieder Fahrrad fahren, ihr Pferd reiten und mit dem Hund laufen gehen. "Spazieren zu gehen, ist etwas ganz anderes - weil ich einfach Luft bekomme. Ich kann länger laufen, schneller gehen. Es ist herrlich", sagt sie.