Nach Dacheinsturz in Bocholt

Wie sicher sind die Dächer unserer Schulen?

Stand: 18.08.2015, 17:39 Uhr

Wieder ist ein Dach eingestürzt - dieses Mal wohl infolge der Wassermassen, die nicht ablaufen konnten und zu schwer wurden. Wer kontrolliert eigentlich die Dächer von Turnhallen und Schulen? Wir haben einen Experten gefragt.

Offenbar waren die Wassermassen einfach zuviel für das Dach des Pavillons der Bocholter Grundschule. Am Montagabend (17.08.2015) gab es nach und stürzte ein. Zum Glück war zu diesem Zeitpunkt niemand im Gebäude. Kann so etwas überall passieren? Und: Wer kontrolliert eigentlich unsere Schulen? Darüber haben wir mit Dr. Heinrich Bökamp gesprochen, unter anderem Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW, Bausachverständiger und Teilhaber einer Ingenieurgesellschaft in Münster.

Werden die Dächer von Schulen kontrolliert?

Dr. Bökamp: Der Neubau wird einmal überprüft. Danach gibt es eine Empfehlung der Bauministerkonferenz, Gebäude mit Dächern großer Spannweite im Drei-bis Fünfjahresrhythmus zu kontrollieren. Da reicht es nicht, einen Hausmeister durchzuschicken, der sich mit den Elektroleitungen auskennt. Experten richten sich nach einer Checkliste, auf der unter anderem die Frage beantwortet werden muss, ob sich Wasser aufstauen kann.

Sie gehen also genau wie die Polizei bisher davon aus, dass die Wassermassen den Einsturz verursacht haben?

Dr. Bökamp: Es gibt zwei Möglichkeiten, wie ein Flachdach konzipiert sein kann. Entweder hat es eine niedrige Aufkantung an der Seite. Dann wird die Statik so berechnet, dass das Dach das Wasser, das sich dort ansammeln kann, tragen kann. Oder das Dach hat eine höhere Kante. Dann müssen Überläufe dran sein. Wenn in Bocholt das Wasser die Ursache war, waren diese Abläufe entweder nicht vorhanden oder sie waren verstopft. Denn wenn das Wasser nicht ablaufen kann, sammelt es sich, das Dach biegt sich und irgendwann wird das Ganze zu schwer.

Wird beim Bau nicht schon zusätzliches Gewicht einkalkuliert, etwa für Regen oder Schnee?

Dr. Bökamp: Ein Meter Wasser wiegt eine Tonne pro Quadratmeter. Wenn also etwa auf einem Dach das Wasser 30 Zentimeter hoch steht, wiegt es schon 300 Kilogramm pro Quadratmeter. Da sind die baulichen Grenzen schnell erreicht. In der Landesbauverordnung ist die Berücksichtigung von Schneelast festgeschrieben. Die ist allerdings regional unterschiedlich und liegt etwa bei 75 Kilogramm pro Quadratmeter.

Folgen die Städte der Empfehlung, die Dächer regelmäßig zu kontrollieren?

Dr. Bökamp: Immer mehr tun es, denn sie haben erkannt, wie wichtig das ist. Das belegen allein die Ergebnisse in den Städten, die Kontrollen machen. Denn dort sind unter den überprüften Dächern regelmäßig fünf bis zehn Prozent, die nicht in Ordnung sind.

Das Gespräch führte Ulrike Wolff