Preiskampf zwischen Aldi und Lidl
"Alle sind auf Krawall gebürstet"
Stand: 15.07.2015, 13:07 Uhr
Mit aggressiven Rotstiftaktionen wirbeln Deutschlands größte Discounter die Preise bei Markenartikeln durcheinander. Warum Aldi verstärkt Markenprodukte günstiger anbietet, welche Folgen das hat und wie Lidl reagiert, erklären wir hier.
Warum setzt Aldi jetzt verstärkt auf günstige Markenprodukte?
Aldi muss sich "als Erfinder des Discounters" wehren, stellt Frank Dopheide, Geschäftsführer der Handelsblatt-Verlagsgruppe, klar: "Lidl hat angegriffen durch Markenprodukte und war zuletzt gefühlt günstiger als der Mitbewerber." So sind Markenprodukte vom Energy-Drink Red Bull über Nutella, Lenor-Weichspüler bis zu Tampons und Funny-Frisch-Chips deutlich billiger zu kaufen als noch vor einigen Wochen. Weil Discounter aber über die hohe Zahl der Einkaufenden Geld verdienen, ist es überlebenswichtig, als der günstigste zu gelten. "Die Masse muss angelockt werden. Koste es, was es wolle", sagt Frank Dopheide.
Ist der bisherige "Burgfrieden" der beiden Discount-Riesen damit vorbei?
Offenbar ja, denn die über lange Jahre gepflegte Rollenverteilung ist ins Wanken geraten. Mit seinen preisgünstigen Eigenmarken stand Aldi lange Zeit für billigen Einkauf in guter Qualität. Lidl hob sich vom Konkurrenten durch sein Angebot an günstigen Markenartikeln ab. Damit konnten beide gut leben. Aber seit bei Aldi häufiger Markenartikel in den Regalen zu finden sind, ist es vorbei mit dem Burgfrieden. Lidl scheint entschlossen, sein angestammtes Territorium zu verteidigen und reduziert dabei immer wieder drastisch die Preise.
Wie sehr lohnt sich jetzt ein genauer Preisvergleich?
Möglicherweise lohnt es sich, denn zuletzt setzte sich eine teilweise atemberaubende Preisspirale in Gang. Beispiel Red Bull: Als Aldi im Frühjahr die Marke in die Regale stellte, ließ der Wettbewerb zwischen den Discountern den Preis für die 0,25 Liter-Dose innerhalb kürzester Zeit von 1,49 Euro auf heute 95 Cent schrumpfen. Auch andere Preise von Markenprodukten gerieten unter Druck. Markenfachmann Frank Dopheide glaubt aber nicht an eine spürbare Ersparnis, wenn der Einkauf zwischen beiden Geschäften aufgeteilt wird: "Zeit, Benzin und Bequemlichkeit müssten als Kosten dagegen gerechnet werden."
Dürfen die Kunden mit weiteren Preissenkungen rechnen?
Die Kunden können sich freuen, sagen die Experten. Denn ein Ende des Preiskriegs ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: "Der Konflikt zwischen Aldi und Lidl verschärft sich noch", sagt Denise Klug vom Handelsanalysten Planet Retail. Das Fachblatt "Lebensmittel Zeitung" sprach von einem "regelrechten Erdbeben", das die Markenlistungen von Aldi ausgelöst hätten. Aldi werde sein Angebot an Markenartikeln Schritt für Schritt weiter ausbauen, um neue Kundengruppen zu erschließen - und dabei wahrscheinlich auch weiterhin die Konkurrenz mit aggressiven Preisen unter Druck zu setzen. Aber Lidl und die anderen würden das nicht einfach hinnehmen. "Alle sind auf Krawall gebürstet."
Markenprodukte definieren sich auch über den Preis. Was bedeutet das jetzt für diese Marken?
Die Markenprodukte dürften in jedem Fall Schaden nehmen. Denn der Preis gilt in der Gesamterscheinung auch als Aussage und Qualitätsmerkmal. Den Herstellern wird der neue Preiskampf nicht gefallen, viel dagegen tun können sie aber zunächst nicht. "Die Discounter werden es wohl darauf ankommen lassen, denn ihre Marktmacht ist einfach zu groß", sagt Markenfachmann Frank Dopheide.
Was bedeutet der neue Preiskampf für andere Märkte wie Rewe oder Edeka?
Obwohl diese im Vergleich teurer sind, gleichen sich die Verhältnisse gut an. Denn Geschäfte dieser und anderer Ketten befinden sich meist in den Städten und damit mitten im Leben. Beim Discounter wird der Grundbedarf gedeckt, das Alltägliche. Aber dort fehlt "das lustvolle, inspirierende Einkaufen", sagt Frank Dopheide. Zunächst werde sich der neue Preiskampf nicht negativ auswirken. Später vielleicht: "Wenn die Preisspanne bei den Markenprodukten zwischen den Geschäften zu groß wird, laufen die Kunden davon."