Die Tüte soll einpacken!

Stand: 01.04.2016, 17:41 Uhr

20 bis 30 Cent sollen Plastiktüten bei Media Markt, C&A und Co. künftig kosten. Das ist der Plan des Einzelhandels. Auch wenn er jetzt doch nicht wie geplant zum 1. April umgesetzt wird, ist er sehr gut für die Umwelt.

Von Tasja Demel

1. Die Tüte soll kosten

In der Drogerie, beim Gemüsestand, in Kaufhaus: Plastiktüten sind überall. Wir benutzen sie, um unsere Tomaten hygienisch nach Hause zu tragen und damit unsere gerade gekaufte Kleidung nicht nass wird. Das Umweltbundesamt schätzt, dass in Deutschland pro Person 71 Plastiktüten im Jahr verbraucht werden – oft nur einmal, um dann gleich wieder im Müll zu landen. Und die bunten Tüten gibt es – wie gesagt – kostenlos quasi an jeder Ecke. Mit der Tüten-Gebühr bremsen die großen Einzelhändler jetzt den Boom. Ziel von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sind 80 Prozent kostenpflichtige Tüten bis 2018. Davon soll vor allem die Umwelt profitieren. Denn die Plastiktüten verbrauchen Rohöl, sorgen für viel CO2 und lassen sich am Ende ihrer Nutzung kaum entsorgen.

2. Dünne Plastiktüten pfui, noch dünnere Tüten mega-pfui

Im europäischen Tüten-Vergleich steht Deutschland noch recht gut da: Die größten Plastiktüten-Sünder in Europa sind laut Untersuchungen des EU-Parlaments unter anderem Polen, Portugal und Litauen. Sie kommen auf bis zu 500 Plastiktüten aller Art pro Kopf und Jahr. Deswegen hat das EU-Parlament beschlossen, dass EU-weit bis 2025 nicht mehr als 40 Tüten jährlich pro Kopf verbraucht werden sollen. "Ich vermeide Tüten schon radikal!", sagt unser Moderator Martin von Mauschwitz im Video:

Es ist allerdings wichtig zu unterscheiden, welche Art der Tüten auf der 'roten Liste' landen sollen: Das sind vor allem die kleinen Tüten, die es zum Beispiel in der Apotheke oder der Drogerie gibt. Wegen ihrer Stärke von unter 0,05 Millimetern können sie meistens nicht ein zweites Mal verwendet werden.

Ausgenommen vom EU-Plan sind aber die sehr dünnen Tütchen, die es zum Beispiel an der Gemüsetheke gibt. Das ist auf Facebook vielen Nutzern ein Dorn im Auge. Carola Haze schreibt der Aktuellen Stunde auf Facebook: "Kein Mensch braucht eine in Folie verpackte Schlangengurke oder Dreierpacks Paprika. Auch die dünnen Tüten zum Einpacken und Abwiegen sind überflüssig." Über 70 Menschen stimmen ihr per Like zu.

Auch dickere Plastiktüten, wie man sie vor allem aus Kleidungsgeschäften kennt, sind erst einmal nicht 'gefährdet'. Theoretisch sind sie belastbarer als ihr dünnes Pendant und könnten mehrmals verwendet werden. Doch auch solche Tüten erleben oft ihre Renaissance nur als Müllbeutel für den Restmüll – und können deshalb noch nicht einmal richtig recycelt werden. Deswegen empfiehlt die Deutsche Umwelthilfe, Plastiktüten zum Recycling in die Gelbe Tonne zu geben. "Vielleicht sollte man mal überlegen, wo denn Tüten Sinn machen könnten", schreibt uns Ludwig Niggemann auf Facebook. Er bringe zum Einkaufen seine eigenen Taschen mit, weil das planbar sei. "Aber wenn ich spontan z.B ein Hemd oder eine Hose kaufe, weil sie gefällt, oder günstig ist, habe ich keine Taschen dabei."

3. "Plastiktüten zu verbannen wäre illusorisch"

Die Stadt Billerbeck im Kreis Coesfeld hat das Experiment gewagt und den Plastiktüten den Kampf angesagt. Seit September letzten Jahres werden in vielen Läden des 11.000-Seelen-Ortes Mehrwegtaschen aus recyceltem PET verkauft – statt frischproduzierte Einwegtüten. Recyceltes PET hat laut Deutscher Umwelthilfe eine wesentlich bessere Umweltbilanz als die Tüten aus Polyethylen. Frank Jäckel vom Verein Interkulturelle Begegnungsprojekte (IBP) hat das Projekt in Billerbeck mitorganisiert.

"Wir hatten das Gefühl, wir rennen offene Türen ein", sagt Jäckel der Aktuellen Stunde. Einzelhändler und Kunden hätten sehr gut auf die neuen Taschen angesprochen. Fast alle der 6000 Taschen seien bereits verkauft. Doch vollends ließ sich die Plastiktüte auch in Billerbeck nicht verdrängen: "Ziel war nicht, Plastiktüten zu verbannen. Das wäre illusorisch", sagt Frank Jäckel. Handelsübliche Tüten gibt es immer noch in Billerbeck.

4. Von 328 Tüten auf 16 Tüten im Jahr

Können kostenpflichtige Tüten überhaupt dafür sorgen, dass auch weniger benutzt werden? Die Erfahrung zeigt: Ja. Vorreiter hierfür ist Irland, wo Plastiktüten inzwischen 44 Cent kosten. Dort liegt der Pro-Kopf-Verbrauch 2012 laut EU-Parlament nur noch bei 16 Tüten im Jahr. Vor der Gebühr verbrauchte ein Ire noch im Schnitt 328 Tüten jährlich. Auch in anderen Ländern wie Dänemark und Finnland ist der Verbrauch nach der Einführung einer Gebühr zurückgegangen. "Meinetwegen könnten die Plastiktaschen 5 Euro kosten", schreibt Facebooknutzer Michael Korth auf der Seite der Aktuellen Stunde.

In Deutschland beruhen die Preise für die Plastiktüten aber nur auf einer freiwilligen Selbstverpflichtung, nicht auf einem Gesetz. Der Deutschen Umwelthilfe ist das nicht genug: Sie fordert auch in Deutschland eine gesetzliche Abgabe. Das dürfte auch Irene Bender recht sein. Sie ist gegen eine Gebühr, die von den großen Einzelhändler erhoben wird, schreibt sie auf Facebook. "Wenn wir bei Media Markt, C & A oder anderen Bekleidungsgeschäften unsere Einkaufstüten bezahlen sollen, dann finde ich das nur Abzockerei der Unternehmen." Grundsätzlich finden unsere Nutzer aber die Gebühren für Plastiktüten gut. Silke Schuard schreibt: "Das wird auch allerhöchste Zeit! Wer einkaufen geht, kann seine eigenen Taschen dabei haben. Aber ich habe oft das Gefühl, dass es "Hip" ist, ständig neue Plastiktüten zu kaufen. Wir gehen seit Jahren mit Stoffbeuteln und Tragekörben einkaufen" und Daniela Strunk ergänzt: "Jede nicht gekaufte Plastiktüte ist schon mal ein Anfang...".

5. Vielen Dank für Ihre Kommentare

Dieser Artikel wurde im Laufe des Abends mit User-Kommentaren von Facebook aktualisiert.