Sechs Fragen zur Pflege zu Hause
Worauf muss man bei der häuslichen Pflege achten?
Stand: 04.03.2015, 12:00 Uhr
Tod durch die Folge schlechter Pflege? Von dem Vorwurf der Misshandlung hat das Aachener Landgericht am Mittwoch (04.03.2015) eine Frau freigesprochen, die ihre Mutter zu Hause versorgte. Doch der Fall zeigt: Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, sind von der Situation häufig überfordert. Wer Hilfe anbietet, haben wir bei Experten nachgefragt.
Was sind erste Anzeichen für mangelnde Pflege?
Alte Menschen trinken häufig zu wenig und laufen Gefahr auszutrocknen (Dehydrierung). Das kann gefährlich werden. Erste Anzeichen sind trockene Haut und geistige Verwirrung. Auch Druckstellen durch langes Liegen, weisen darauf hin, dass die pflegebedürftige Person nicht häufig genug gedreht wird. Die ersten Anzeichen sind Rötungen.
Druckstellen und Dehydrierung – wann wird es gefährlich?
Dehydrierung: Ein möglicher Test für die Trockenheit der Haut: Drückt man die Haut zwischen zwei Fingen zusammen und lässt los. Die Haut sollte dann sofort wieder glatt werden. Bleiben die Falten, die sich vorher gebildet haben stehen, kann das ein Zeichen für Austrocknung sein.
Druckstellen: Findet man Rötungen auf dem Körper einer bettlägerigen Person kann man ebenfalls einen Test machen. Drückt man mit einem Finger auf die rote Stelle, wird diese normalerweise weiß – auch kurz nachdem man den Finger weggenommen hat. Bleibt sie aber rot, dann handelt es sich wahrscheinlich um ein Druckgeschwür, das behandelt werden muss.
Woran erkennen Angehörige, dass sie selbst mit der Pflege überfordert sind?
Angehörige, die zu Hause jemanden pflegen, sollten auch auf ihren eigenen Gesundheitszustand achten. Zeichen einer Überforderung sind ähnlich wie bei einem Burnout. Gefährlich wird es, wenn der Pflegende anfängt, sich selbst zu vernachlässigen. Auch ständige Aggressionen gegen den zu Pflegenden – z.B. Anschreien, Ungeduld, zu hartes Anfassen bei der körperlichen Pflege - sind ein Zeichen für Überforderung.
Wo finden Angehörige Hilfe?
In jeder größeren Stadt gibt es Pflegebüros und Pflegeberatungen von verschiedenen Trägern, die häufig kostenlose Beratung anbieten. Auch bei den Krankenkassen gibt es spezielle Pflegeberater, die auch Hausbesuche machen und sich Situation vor Ort ansehen.
Auf welche Hilfen haben pflegende Angehörige Anspruch?
Damit man bei der Pflege zu Hause unterstütz wird, muss zuerst die Pflegestufe für den pflegebedürftigen Angehörigen festgestellt werden. Dann kann man entscheiden, ob man die Pflege komplett selbst übernimmt und dafür Geld bekommt oder ob man einen Pflegedienst in Anspruch nimmt, der z. B. morgens und mittags Dinge wie Waschen, Füttern oder das Umlagern im Bett erledigt. Seit dem 1.1.2015 hat man das Recht sich 6 Monate von seinem Arbeitgeber für die Pflege von Verwandten, die man zu Hause pflegt, freistellen zu lassen. Die meisten Angehörigen leisten zumindest einen Teil der Pflege selbst - das hat oft finanzielle Gründe. Denn die Pflegeversicherung deckt immer nur einen Teil der Kosten.
Ein Expertentipp: Seriöse private Pflegedienste bieten normalerweise eine kostenlose Erstberatung an. Bevor man einen Termin macht, sollte man aber immer nach den Kosten fragen, denn einige stellen auch diese Beratung in Rechnung. Das spricht dann nicht unbedingt für diesen Pflegedienst.
Kann man sich strafbar machen?
Wer einen Elternteil pflegt und sich nicht ausreichend kümmert, kann sich der Misshandlung von Schutzbefohlenen strafbar machen. Geregelt ist dies in Paragraf 225 des Strafgesetzbuches. Bis zu zehn Jahre Haft drohen demjenigen, der eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die seiner Fürsorge untersteht oder bei ihm wohnt, "durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, (...) an der Gesundheit schädigt". Halten die Richter die erwachsenen Kinder mit der Pflege jedoch für überfordert, verhängen sie auch Bewährungsstrafen. So verurteilte das Amtsgericht Ahlen im Januar dieses Jahres Geschwister zu zwei Jahren Haft auf Bewährung, die ihren demenzkranken Vater unzureichend versorgt hatten. Unter anderem hatte sich die Tochter geweigert, einen ambulanten Pflegedienst zu beauftragen. Der Vater war im Februar 2014 an einem Herzinfarkt gestorben.