Auflösung

Wie klappt's mit dem Elterntaxi?

Stand: 27.10.2015, 14:58 Uhr

Die Kinder morgens kurz zur Schule zu fahren, geht schnell und ist der vermeintlich beste Weg, damit die Kleinen sicher ankommen. Doch stimmt das? Wir haben Ihre Fragen Mathias Schiffmann von der Landesverkehrswacht NRW e.V. gestellt.

"Ich bringe meine Kinder lieber selbst zur Schule. Der Straßenverkehr ist doch viel zu gefährlich, um sie alleine zur Schule gehen zu lassen!"

Mathias Schiffmann: "Viele Eltern fahren ihre Kinder mit dem Auto zur Schule, weil sie um deren Sicherheit besorgt sind. Doch auf dem Rücksitz lernen die Kinder nicht, wie sie sich sicher im Straßenverkehr bewegen. Insofern gefährden die Elterntaxis erst einmal die darin transportierten Kinder. Denn früher oder später bewegen sie sich doch eigenständig im Verkehr und dann mangelt es an Übung und Erfahrung. Außerdem gefährden Elterntaxis häufig diejenigen Kinder, die zu Fuß zur Schule kommen und die aus anderen Autos oder aus dem Schulbus aussteigen. Wenn kurz vor Unterrichtsbeginn viele Fahrzeuge vor der Schule eintreffen, kommt es unweigerlich zu chaotischen Zuständen."

"Was bringt es meinem Kind, im Winter morgens durch die Kälte zu stapfen? Da fahre ich lieber selbst."

Mathias Schiffmann: "Kinder sollten so oft wie möglich zu Fuß zur Schule gehen. Da heute viel Freizeit mit Smartphone, Rechner oder Spielekonsole verbracht wird, wird Bewegungsmangel bei Kindern immer mehr zum Problem. Das betrifft die Gesundheit – Stichwort: Übergewicht –, aber auch die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit sowie die körperliche Entwicklung insgesamt. Wir müssen unsere Kinder wieder stärker mobilisieren; der Schulweg ist dafür der ideale Einstieg. Der Weg zur Schule ist gerade für Grundschülerinnen und -schüler auch ein Lern- und Erfahrungsweg. Hier lernen sie die Verkehrs- und Verhaltensregeln. Auch sammeln sie wichtige Eindrücke und Erfahrungen. Für die sichere Teilnahme am Straßenverkehr ist es beispielsweise wichtig, einschätzen zu können, wie weit ein Auto entfernt ist und mit welcher Geschwindigkeit es sich bewegt.  Auch das räumliche Vorstellungsvermögen wird beim Zu-Fuß-Gehen geschult. Die Kinder lernen sich zu orientieren. Wer sein Kind dauernd mit dem Auto zur Schule oder zu den Freunden fährt, zwingt es zur Passivität und bringt es um die Möglichkeit, eigenständig mobil zu sein. Eigenständig zur Schule zu gehen, ist für Kinder ein wichtiger Entwicklungsschritt, der auch das Selbstbewusstsein stärkt. Schließlich steigert Bewegung an frischer Luft das Konzentrationsvermögen und baut Stress ab. So starten die Kinder ausgeruht und aufmerksam in den Unterricht."

"Bei uns führt der Schulweg von meinem Sohn an einer viel befahrenen Landstraße entlang. Da möchte ich mein Kind nicht alleine zur Schule gehen lassen. Allerdings bin ich auch berufstätig. Welche Möglichkeiten habe ich?"

Mathias Schiffmann: "Zuerst sollte man sich immer die Frage stellen, ob man das Auto stehen lassen kann. Wer nicht zu weit von der Schule entfernt wohnt, kann mit seinem Kind den sichersten Schulweg einige Mal abgehen und mögliche Risiken und das Verhalten an problematischen Stellen wie Querungen oder Einfahrten mit ihm besprechen. Wenn man das Gefühl hat, dass das Kind das richtige Verhalten verinnerlicht hat, sollte man es allein gehen lassen. Auch gibt es an vielen Schulen Gehgemeinschaften, die von Eltern betreut werden. Beim 'Walking Bus' oder 'Pedi-Bus' treffen sich die Kinder aus einer Nachbarschaft an einer bestimmten Stelle, um in Begleitung von zwei Erwachsenen gemeinsam zur Schule zu gehen. Wenn der Weg zur Schule zu weit zum Laufen ist, kann man eventuell einen Schulbus nutzen. Falls man gar nicht auf das Auto verzichten kann, sollte man nicht direkt vor die Schule fahren, sondern sein Kind in der Nähe der Schule aus dem Auto lassen – möglichst an einer Stelle, von wo es die Schule sicher erreichen kann. Die Landesverkehrswacht hat dazu die Einrichtung von Hol- und Bringzonen, sogenannten Elternhaltestellen, vorgeschlagen, was an einigen Schulen bereits in Kooperation mit Polizei, Verkehrsbehörden und den örtlichen Verkehrswachten realisiert wurde. Von dort aus können die Kinder sicher zu Fuß zur Schule. Auch kann man den Nachwuchs bei Freunden absetzen, die in der Nähe der Schule wohnen. Gemeinsam macht das Laufen mehr Spaß!"