Therapie mit Sauerstoff und Überdruck

Lebensretter Druckkammer

Stand: 01.12.2015, 15:11 Uhr

Immer wieder vergiften sich Menschen in NRW mit Kohlenmonoxid. Eine Therapie mit reinem Sauerstoff in einer Druckkammer kann dann lebensrettend sein. Wie funktioniert diese Behandlung und was ist dabei zu beachten? Alles Wissenswerte auf einen Blick.

Was ist eine "Hyperbare Sauerstoff-Therapie" (HBO)?

Hyperbare Sauerstoff-Therapie ist eine Therapie, die ihren Ursprung in der Tauchmedizin hat. Dabei atmet ein Patient für einen definierten Zeitraum reinen Sauerstoff ein, während er sich in einer Kammer befindet, deren Druck höher ist als in der natürlichen Umgebung. Dadurch steigt die Sauerstoff-Konzentration im Blut, was bei bestimmten Erkrankungen die Heilung fördert. Es gibt Druckkammern für einzelne Personen, aber auch geräumige Mehrpersonen-Kammern.

Auf welchen Prinzipien beruht die HBO?

Rote und weiße Blutkörperchen

Sauerstoff ist an den roten Blutfarbstoff gebuden

Im menschlichen Blut wird der Sauerstoff fast ausschließlich an Hämoglobin gebunden transportiert. Hämoglobin ist der Farbstoff der roten Blutkörperchen. Nur etwa 1,5 Prozent des Sauerstoffs im Blut liegt in gelöster Form vor. Bei erhöhtem Druck löst sich mehr Gas in Flüssigkeiten; also auch im Blut. Mit der Druckkammertherapie kann die Sauerstoff-Konzentration drastisch erhöht werden, und zwar bis um das 20-Fache.

Wie hilft die HBO bei einer Rauchvergiftung?

Ein Beispiel ist die Kohlenmonoxidvergiftung. Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin verbindet sich rund 300-mal fester mit Kohlenmonoxid als mit Sauerstoff. Dadurch ist die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff stark eingeschränkt. In der Überdruckkammer sättigen sich Blut und Körperflüssigkeit mit so viel Sauerstoff, dass es auch ohne das blockierte Hämoglobin zum Überleben des Patienten reicht. So können auch Spätschäden vermieden werden, was vor allem beim Gehirn sehr wichtig ist.

Bei welchen anderen Erkrankungen wird sie eingesetzt?

Ein weiteres Beispiel ist die Behandlung von Erkrankungen, deren Ursache ein Sauerstoffmangel im Zellgewebe ist. Damit Wunden heilen können, brauchen sie Sauerstoff. Sauerstoff unter Überdruck hilft bei chronischen Wunden wie dem diabetischen Fußsyndrom oder akuten Hörstörungen. Bakterien, die wie beim Gasbrand Wundinfektionen verursachen und sich nur in Abwesenheit von Sauerstoff vermehren, sterben ab. Gefäße, die bei Sauerstoffmangel stark erweitert sind, ziehen sich bei der HBO zusammen. Dadurch schwellen Ödeme ab.

Gibt es Probleme oder Risiken?

Der Verband Deutscher Druckkammerzentren bezeichnet die HBO als "nebenwirkungsarme" und "risikoarme" Therapie. Dennoch - eine Veränderung des Luftdrucks und des Atemgases kann sich, ähnlich wie bei einem Unterwassertauchgang, auf den gesamten Körper auswirken und so zu Problemen führen.

Deshalb führt der behandelnde Arzt zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten, in dem er über die Therapie und ihre möglichen Risiken informiert. Der Patient muss zudem seine Drucktauglichkeit vorweisen, beispielsweise mit einem aktuellen EKG und einer HNO-ärztliche Bescheinigung. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass er auch wirklich für die Therapie geeignet ist und unerwünschte Nebenwirkungen der Behandlung vermieden werden.

Wer bezahlt?

Die Kosten für eine ambulante HBO-Therapie werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Auf Antrag des Versicherten werden sie bestenfalls in Ausnahmefällen bezahlt, etwa wenn eine schwere Krankheit vorliegt, die zuvor mit allen anderen Mitteln und Methoden über Monate oder Jahre erfolglos behandelt worden ist.

Anders ist das bei der stationären Behandlung. Dort fallen keine Kosten für den Patienten an, allerdings müssen bestimmte Kriterien für die Behandlung erfüllt sein. Anerkannt ist die HBO als Therapie beispielsweise der Taucherkrankheit (Dekompressionskrankheit), einer Kohlenmonoxid-Vergiftung, einer Gasbrand-Infektion oder bei einer Luft- und Gasembolie.

Wie viele Kammern gibt es in NRW?

In NRW gibt es derzeit drei Druckkammern für medizinische Zwecke: in Aachen, Düsseldorf (beide mit intensiv-medizinischer Versorgungsmöglichkeit) und in Münster. Allerdings verfügt keine dieser Einrichtungen über einen durchgängigen 24-Stunden-Notdienst.