Wenn Norm und Alltag auseinanderklaffen

Tipps gegen die Tricks der Automobilkonzerne

Stand: 21.09.2015, 15:25 Uhr

Wo tricksen Autokonzerne im gesetzlich zugelassenen Rahmen - oder darüber hinaus? Und wie kann der Verbraucher sich am besten schützen? Diese Fragen stellen sich mit Blick auf den VW-Abgas-Skandal. Experten geben Einblicke - und Tipps.

Spritverbrauch, Abgas- und Feinstaubausstoß - das sind die von Experten am häufigsten genannten Bereiche, in denen Norm und Alltag weit auseinanderklaffen. Der Grund: Die Hersteller tricksen mit allen Mitteln, um auf dem Prüfstand bestmöglich abzuschneiden. "Wohlgemerkt, im legalen Rahmen", betont Herbert Engelmohr, Sprecher des Automobilclubs von Deutschland (AvD) und Jurist von Beruf.

Traumwerte sind auf der Straße nicht zu halten

Das Hauptproblem sehen die Experten in der Testprozedur des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ). Die Vorgaben seien rein theoretisch, ebenso der Test auf dem Rollprüfstand. Wie andere bei der Steuererklärung, nutzten die Autohersteller beim Test alle Schlupflöcher bis in den juristischen Grau-Bereich, um mit optimal präparierten Modellen anzutreten: "An den Wagen werden Spalten abgeklebt, Außenspiegel abmontiert, Leichtlaufreifen über den maximalen Luftdruck aufgepumpt und Hochleistungsschmierstoffe eingesetzt, um den Spritverbrauch möglichst niedrig zu halten", nennt Dietmar Oelinger vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) als Beispiel. So würden Traumwerte erzielt, mit denen sich prima werben lässt, die aber auf der Straße nicht zu halten seien. Einer Studie aus dem Jahr 2014 zufolge kostet das den Autofahrer im Durchschnitt 450 Euro pro Jahr.

Nabu: "VW ist kein Einzelfall"

Der Fall VW geht für Engelmohr "über den Rechtsrahmen hinaus". VW sei aber bestimmt kein Einzelfall, sagt der Nabu. Schon länger ist bekannt, dass Bordcomputer erkennen können, wann ein Fahrzeug auf dem Rollprüfstand ist und dann unbemerkt in einen optimierbaren Testmodus umschalten. "Das ist wie im Radsport: Eigentlich dopen alle. Aber nur einen zieht man raus und stellt ihn an den Pranger," sagt Nabu-Verkehrsexperte Daniel Rieger.

Tipps der Experten

Worauf sollte man beim Autokauf achten, um einen Wagen zu bekommen, der beim Spritverbrauch und Abgaswerten möglichst Wort hält?

  • Lesen Sie die Testberichte der Automobilclubs und Fachzeitschriften.
  • Nutzen Sie Webseiten und Apps wie Spritmonitor, Clever Tanken oder die Angebote der Automobilclubs und des Nabu, um sich über den realistischen Spritverbauch und CO2-Ausstoß zu informieren.
  • Haben Sie den Verdacht, dass Ihr Auto zu viel verbraucht, sollten Sie bei einer längeren Fahrt mit möglichst gleichbleibendem Tempo bis 120 km/h eine Verbrauchsmessung vornehmen. Tanken Sie vorher und nachher randvoll.
  • Liegt der ermittelte Verbrauchswert deutlich über den Verbrauchsangaben im sogenannten EG-Mix, kann der Käufer das Fahrzeug bei der Vertragswerkstatt reklamieren.
  • Liegt der unter Testbedingungen ermittelte Verbrauchswert eines Wagens mehr als zehn Prozent über der Angabe nach EG-Mix, kann der Autobesitzer wegen Sachmangel vom Kaufvertrag zurücktreten.