Abfall- und Abwassergebühren in NRW

Rechnungsüberprüfung bleibt weiter schwierig

Stand: 07.07.2015, 14:37 Uhr

Die Höhe von Abwasser- und Müllgebühren erhitzt regelmäßig die Gemüter: unverständliche Rechnungen, Fehlplanungen, die dennoch bezahlt werden müssen, Sparpotenziale für Otto-Normalverbraucher. Die wichtigsten Fakten zum Nachlesen.

Abwasser- und Müllgebühren sind in NRW sehr unterschiedlich hoch. Philip Heldt, Experte in Umweltfragen der Verbraucherzentrale NRW, warnt jedoch vor simplen Vergleichen der Gebühren in Städten und Kommunen. Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengefasst - auch, welche Möglichkeiten Kunden haben, ihre Gebühren zu verringern oder ihre Rechnungen zu überprüfen.

1. Warum ist ein simpler Vergleich der Gebühren so schwierig?

Weil viele Faktoren berücksichtigt werden müssen, und die Voraussetzungen nicht für alle Städte und Kommunen dieselben sind. "Mit der Wasserrechnung zum Beispiel bezahlt der Kunde nicht den Wasserverbrauch, sondern die Infrastruktur", erklärt Heldt. So müsse in bergigen Städten das Wasser mit mehr Pumpwerken transportiert werden als in eben gelegenen Städten. Und auf dem Land habe man im Verhältnis mehr Rohrleitungen ohne Abnehmer dazwischen als in dichter besiedelten Gegenden. "Bei den Abfallgebühren muss man sehen, was darin enthalten ist, zum Beispiel der Sperrmüll", so Heldt. Glück für den, der viel Sperrmüll hat und nicht jede Ladung extra teuer bezahlen muss. Ein weiterer Gebührenfaktor sind die Leerintervalle der Mülltonnen und die Mülltrennungsquoten, die laut Heldt je nach Region sehr gut bis katastrophal seien. "Wo sehr viele Menschen auf engem Raum leben, klappt das zum Teil so schlecht, dass der Versorger die gelben Tonne wegnimmt und nur die Resttonne bleibt - dann wird es für alle teurer."

2. Kostentreiber überdimensionierte Anlagen und Systeme

Die Planungen der Verbrennungsanlagen und Abwassersysteme haben vor Jahrzehnten stattgefunden. "Damals musste man schätzen, wie viel Müll und Abwasser 40 Jahre später zu bewältigen sein wird", sagt Heldt. Zum Beispiel habe man für das Ruhrgebiet angenommen, dass sich die Industrie entwickeln, damit auch die Bevölkerung wachsen und Wasserverbrauch sowie Müllaufkommen insgesamt steigen werde. Doch das kam anders, und auch wegen Mülltrennung und Wassersparmaßnahmen treffen die Prognosen von damals heute nicht zu. "Jetzt sind die Anlagen überdimensioniert, die Kommunen müssen aber dennoch zahlen", sagt Heldt. Da habe man in manchen Städten einfach mehr Glück als in anderen.

3. Kann man einige Anlagen nicht einfach schließen?

So einfach ist es leider nicht. "Ja, wir haben zu viele Verbrennungsanlagen", sagt Heldt. "Aber keine Kommune will als erste ihre Anlage schließen, weil das einen finanziellen Verlust bedeuten würde." Unter Umständen wäre das für die Kunden sogar noch teurer als die Anlage weiterzubetreiben, nämlich dann, wenn sie sich noch nicht amortisiert hat.

4. Alternative Abrechnungskonzepte und Möglichkeiten für Einsparungen

Eine Möglichkeit ist zum Beispiel die Umstellung der Wasserrechnung auf eine Grundgebühr für die Infrastruktur plus die Abrechnung des tatsächlich verbrauchten Wassers. Denn neben den Leitungssystemen spielt hierbei auch die Wasseraufbereitung eine große Rolle. Und die ist abhängig von der Quelle, aus der das Wasser kommt, etwa aus einer "guten Quelle oder aus dem Rhein", verdeutlicht Heldt. Manche Städte hätten ihre Wasserrechnungen schon entsprechend umgestellt. Bei den Leerintervallen der Mülltonnen lässt sich auch sparen - allerdings nicht überall: "Es kommt darauf an, wie flexibel die Stadt ist", sagt Heldt. Eine andere Entwicklung beobachtet er jedoch: Immer mehr Städte böten eine Mindestanzahl an Leerungen pro Jahr an. Jede weitere koste dann extra. Und: "Je besser getrennt wird, desto geringer ist die Menge an Restmüll, die bezahlt werden muss."

5. Wie kann der Kunde seine Rechnung überprüfen oder sich dagegen wehren?

Hier sind die Möglichkeiten recht eingeschränkt. Aussteigen aus dem System oder sich einen anderen Anbieter suchen, geht schließlich nicht - es sei denn, man zieht um. Und solange es das von Steuerzahlerbund und vielen anderen Organisationen geforderte Transparenzgesetz bezüglich des Hauptkostentreibers Verbrennungsentgelte nicht gibt, bleibt eine Überprüfung schwierig. Zumal es in der Regel zwei Preise für die Entsorgung gebe, so Heldt: "Den Preis, den Stadt oder Kommune mit dem Versorger zwecks Planungssicherheit für Jahre fix gemacht hat und den Preis, den der Handwerker für seine Abfallentsorgung direkt bezahlt." Die können sich sehr unterscheiden. Und es bleibe das Problem der Vergleichbarkeit, denn es gebe keine Verpflichtung zur Grundpreisangaben - anders als beim Wasser. Das Länderprojekt "Benchmarking Wasserversorgung NRW" macht vor, wie es anders gehen kann: "Die Versorger nutzen das selbst zur Überprüfung, wie wirtschaftlich sie sind und ziehen Konsequenzen aus den Ergebnissen", so Heldt.