Für Portigon gibt es nicht viel zu tun
Wenn Banker Langeweile haben
Stand: 25.02.2013, 17:55 Uhr
Däumchendrehen statt Wertpapier-Management: Ein Großteil der Mitarbeiter des WestLB-Nachfolgers Portigon ist offenbar beschäftigungslos. Es fehlen Aufträge und Perspektiven. Und so langweilen sich gut bezahlte Banker auf Kosten des Landes.
Von Rainer Kellers
Leere Büros, verwaiste Besprechungsräume, ein auffallend hoher Anteil von Anzugträgern in den umliegenden Buchhandlungen und Cafés. Die "Rheinische Post" berichtet am Montag (25.02.2013) vom lähmenden Alltag der noch 2.600 Angestellten der Portigon AG. Der Zeitung liegt ein Schreiben des Betriebsrates vor, in dem sich dieser darüber beschwert, dass sich viele Mitarbeiter langweilten. In einigen Bereichen sei kaum noch etwas zu tun. Die Service-Bank Portigon, die im Sommer vergangenen Jahres aus der WestLB hervorgegangen ist und zu hundert Prozent dem Land NRW gehört, hat es offenbar noch nicht geschafft, sich am Markt zu etablieren.
"Die Stimmung ist schlecht"
"Das stimmt schon, die Stimmung ist schlecht", bestätigt ein Insider gegenüber dem WDR. Die Mitarbeiter, die sich zu WestLB-Zeiten mit dem klassischen Bankgeschäft beschäftigt hatten, hätten nun keine Aufgaben mehr. Allerdings gelte das nicht für alle Beschäftigten. Viele Banker seien derzeit damit beschäftigt, Kunden in aller Welt für das Unternehmen zu akquirieren.
Bank mit schwierigem Geschäftsmodell
Auf der Suche nach einer Daseinsberechtigung
Zu beneiden sind diese Mitarbeiter allerdings auch nicht. Denn Portigon ist keine Bank im eigentlichen Sinne. Die WestLB musste auf Druck der EU im vergangenen Jahr in drei Teile zerschlagen werden: In das Sparkassengeschäft, das an die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) gegangen ist, die Bad Bank EAA, die die "Schrottpapiere" der WestLB verwaltet, und in die Portigon Financial Services AG. Aus diesem Namen ist schon ersichtlich, dass die Rechtsnachfolgerin der WestLB keine Bank ist, die Kredite verwaltet oder Sparkonten führt. Ihre Aufgabe ist es, Servicedienste für andere Banken zu leisten, zum Beispiel IT-Lösungen. Das Geschäftsmodell scheint aber noch nicht wirklich aufzugehen.
Experte für die Abwicklung von Bad Banks
Derzeit hat Portigon gerade mal zwei Kunden: Die Bad Bank der WestLB und die Helaba. Die Hoffnung, zusätzlich die IT-Dienstleistungen für die Bad Bank des Immobilienriesen Hypo Real Estate zu übernehmen, zerschlug sich im vergangenen Oktober. Den Zuschlag für den lukrativen Auftrag bekam der US-Konzern IBM. Seither ist Portigon vergeblich auf der Suche nach neuen Großkunden. Es gebe aber einige Hoffnung, mit ausländischen Bad Banks ins Geschäft zu kommen, heißt es aus Düsseldorfer Bankenkreisen. Die Portigon AG will sich demnach als Experte für die Abwicklung von Bad Banks etablieren.
Hohe Personalkosten, hohe Verluste
Doch selbst wenn das so käme, wäre der Stamm von jetzt noch 2.600 Mitarbeitern überdimensioniert. Bis 2016 - dann soll Portigon verkauft werden - sollen bis zu 1.700 Arbeitsplätze abgebaut sein. Vereinbarungen zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen sind in diesem Jahr ausgelaufen, viele Mitarbeiter haben Abfindungsangebote von bis zu 200.000 Euro auf dem Tisch. Doch die Lage im Bankensektor ist nicht rosig, viele Portigon-Mitarbeiter warten lieber ab. Und so macht die Servicebank vor allem wegen der Personalkosten hohe Verluste - die Rede ist von gut einer halben Milliarde im Jahr. Geld, das das Land aufbringen muss.
FDP macht Portigon zum Thema im Landtag
Das sei eine unnötige Belastung des Steuerzahlers, meint die FDP im Landtag. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ralf Witzel hat beantragt, das Thema auf die Tagesordnung der Plenarsitzung an diesem Mittwoch (27.02.2013) zu setzen. Es wird im Rahmen einer Fragestunde behandelt. Von Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) fordert Witzel Klarheit über die konkrete Personalplanung der Portigon AG. Witzel selbst lässt sich am Montag in der "Rheinischen Post" mit dem Vorschlag zitieren, Mitarbeiter der Portigon könnten in der NRW-Finanzverwaltung und in der Steuerfahndung eingesetzt werden. Schließlich fehlten in diesem Bereich nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft 1.500 Mitarbeiter.
Das Düsseldorfer Finanzministerium teilte mit, das Land sei "grundsätzlich sehr daran interessiert", jenen Portigon-Mitarbeitern, "für die keine konkreten Einsatzmöglichkeiten mehr bei der Gesellschaft bestehen, neue berufliche Perspektiven im öffentlichen Dienst zu eröffnen". Die Beschäftigten bekämen einen Zugang zum zentralen Stellenmarkt des Landes. Auf Wunsch werde den Mitarbeitern "ein Newsletter übersandt, der alle Stellenangebote der Landesverwaltung enthält". Bei Doppelvertragsinhabern mit unkündbarer Stellung werde geprüft, in welchem Umfang für sie Einsatzmöglichkeiten bei der landeseigenen NRW.Bank bestehen. Das Ministerium betonte, ein Wechsel in den öffentlichen Dienst könne "nur auf freiwilliger Basis erfolgen". Zudem habe sich gezeigt, dass Portigon-Beschäftigte "bei einem Wechsel andere Arbeitgeber als den öffentlichen Dienst favorisieren".