Klaus Scheffer

EU fordert Verkauf bis Ende des Jahres

Was wird aus der WestLB?

Stand: 10.01.2011, 19:35 Uhr

Am Montag (10.01.2011) endete die Angebotsfrist für mögliche Kaufinteressenten der angeschlagenen WestLB. Es gebe "eine Reihe von Angeboten", hieß es. Doch WDR-Wirtschaftsexperte Klaus Scheffer sieht kaum Chancen auf einen Investor.

Es sei "eine Reihe von Angeboten zum Erwerb der Bank eingegangen", erklärte der mit dem Verkauf der Bank beauftragte frühere CDU-Politiker Friedrich Merz am Montag (10.01.11). Am Donnerstag (13.01.2011) soll der Rat aus Vertretern der Sparkassen, des Bundes und der nordrhein-westfälischen Landesregierung über die Offerten beraten. Bis Ende 2011, so hat es die zuständige EU-Kommission gefordert, muss die WestLB unter neuer Regie stehen. Zusätzlich gilt eine Order aus Brüssel, nach der bis zum 15. Februar ein neuer Restrukturierungsplan vorliegen muss. Zurzeit gehört die WestLB zu 48 Prozent dem Land NRW, den Rest teilen sich die beiden Sparkassenverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. Über den Bankenrettungsfonds SoFFin ist außerdem der Bund mit drei Milliarden als stiller Teilhaber dabei.

WDR.de: Einerseits soll die WestLB verkauft werden, andererseits fordert die EU eine Umstrukturierung. Wie passt das zusammen?

Klaus Scheffer: Grundsätzlich fordert die EU-Kommission von der WestLB, dass sie bis Ende dieses Jahres in neue Hände gelangt - egal ob im Ganzen, in Einzelteilen oder in Form einer Fusion mit einer anderen Bank. Vor drei Jahren, während der Finanzkrise, hatte die WestLB sogenannte Giftpapiere ausgelagert und dafür Beihilfegarantien der Landesregierung bekommen, öffentliches Geld also. "Im Gegenzug dafür", hat die EU damals gesagt, "müsst Ihr abspecken." Dann wurden weitere Papiere ausgelagert, diesmal in eine Bad Bank, und auch dafür gab es wieder Staatskohle für die WestLB. Schließlich fand die EU-Kommission das bisherige Restrukturierungskonzept nicht mehr ausreichend. Nun heißt die Order: Erst verkleinern, dann verkaufen oder fusionieren.

WDR.de: Die Angebotsfrist für Kaufinteressenten endet heute. Wer könnten die Interessenten sein?

Scheffer: Zuletzt wurde darüber spekuliert, dass es eine chinesische Bank sein könnte. Die Chinesen versuchen ja bekanntermaßen, auf dem europäischen Bankenmarkt Fuß zu fassen. Beispielsweise waren sie vor zwei Jahren schon als Interessenten aufgetreten, als die Dresdner Bank zum Verkauf stand. Eine Kooperation einer chinesischen Bank mit der HSH Nordbank gibt es bereits. Daneben heißt es, dass einige Finanzinvestoren Interesse gezeigt hätten. Aber da ist die Frage, ob die vielleicht nur mit Teilen der WestLB spekulieren wollen. Dass solche Investoren an der Gesamtbank interessiert sind, ist unwahrscheinlich.

WDR.de: Wie ernsthaft können solche Angebote überhaupt sein, wenn gar nicht klar ist, wie das Unternehmen nach der Umstrukturierung aussieht?

Scheffer: Das ist genau der springende Punkt. Man kann das vergleichen mit dem Kauf eines Autos: Würde man ein Auto kaufen, von dem man gar nicht weiß, was da alles drin ist - Radio, Klimaanlage? Bei der WestLB weiß man nicht, was sie eventuell noch abstoßen muss. Außerdem kann es durchaus noch sein, dass die EU Rückzahlungsforderungen von erhaltenen Beihilfen stellen wird. Das ist vergleichbar mit einem Auto, bei dem einem schon beim Kauf erklärt wird, dass demnächst wahrscheinlich sehr teure Reparaturarbeiten fällig sind. Solch ein Auto kauft keiner. Deswegen ist es sehr wahrscheinlich, dass der Abwicklungsbeauftragte Friedrich Merz keinen Interessenten hat, der die gesamte Bank haben will.

WDR.de: Und wenn es bis Jahresende keinen Kaufinteressenten gibt?

Scheffer: Dann müsste die WestLB in die Abwicklung gehen, sprich in die Insolvenz. Oder sie würde so systemrelevant für den Staat eingeschätzt, dass man sie retten müsste wie die Hypo Real Estate. Wir haben ja erlebt, welche Folgen es hatte, als die Lehman Brothers in den USA den Bach herunter gegangen sind. Ob die WestLB dann weiter Beihilfen bekäme oder ob man mit der EU-Kommission über eine weitere Verlängerung des Verkaufsprozesses verhandeln könnte - das kann man alles derzeit noch nicht sagen.

WDR.de: In welchen Bereichen spielt die WestLB zurzeit noch eine wichtige Rolle?

Scheffer: Sie ist wichtiger Geschäftspartner der Sparkassen, praktisch eine Art Zentralbank. Ziemlich aktiv ist die WestLB auch im Bereich der Projektfinanzierung und der Vergabe von Krediten an mittelständische Unternehmen. Auch die Immobilienbank der WestLB ist noch ziemlich erfolgreich.

WDR.de: Friedrich Merz wird für die Abwicklung des WestLB-Verkaufs einen Anteil an dem Milliardenerlös kassieren. Auch wenn sein Honorar nur einen Bruchteil davon ausmacht, wird es das Geschäft seines Lebens als Anwalt sein. War das Land NRW als Mitinhaber nicht in der Lage, den Verkauf selbst zu leiten?

Scheffer: Merz gilt ja als erfolgreicher Anwalt und war als Politiker im Bundestag aktiv. Weil das Ganze im Umfeld der Politik passiert, braucht man schon jemanden, der die Drähte dorthin hat und weiß, wie dort geschachert wird. Dass solch eine Aufgabe praktisch auf der behördlichen Ebene bleibt, hat es bisher noch nie gegeben.

WDR.de: Der Steuerzahler wird ohnehin schon für die Altlasten der Bank aufkommen. Wird auch das Honorar für Friedrich Merz zu Lasten des Steuerzahlers gehen?

Scheffer: Letztlich bleibt vieles beim Steuerzahler. Schließlich gehört die WestLB zur Hälfte dem Land - und damit dem Steuerzahler. Sämtliche Kosten, die entstehen, landen mindestens zur Hälfte bei ihm.

Das Gespräch führte Nina Magoley.